Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
Vom Netzwerk:
Leuten von meiner Sorte in Amsterdam. Wir waren ebenso spezialisiert wie Wirtshäuser, denn jeder von uns versorgte einen bestimmten Personenkreis: Dieser Verleiher bediente Handwerker, jener Kaufleute, wieder ein anderer Ladeninhaber. Ich beschloss, niemals an andere Juden zu verleihen, dazu wollte ich mich nicht hergeben, dem fühlte ich mich nicht gewachsen. Stattdessen verborgte ich an Holländer, und zwar nicht an beliebige. Ich stellte fest, dass ich immer wieder an Menschen der unappetitlichsten Sorte geriet: Diebe und Banditen, Geächtete und Verräter. Ich hätte mir einen so üblen Haufen nicht ausgesucht, doch ein Mann muss sein Brot verdienen, und ich war gegen meinen Willen in diese Situation geraten.
    Mir war gleich klar, dass ich als Bösewicht auftreten musste, wenn ich mein Geld je wiedersehen wollte, denn ich verlieh es an jene, die ihr Brot damit verdienten, dass sie nahmen, was ihnen nicht gehörte, und ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass ihnen mein Kapital heiliger wäre als der Geldbeutel eines Reisenden oder die Geldkassette eines Ladenbesitzers. Die einzige Möglichkeit, diese Männer zum Einhalten ihrer Versprechen zu zwingen, bestand darin, sie die Konsequenzen fürchten zu lassen, falls sie es nicht taten.
    Leider ist Alonzo Alferonda kein Bösewicht. Er bringt es nicht übers Herz, grob und grausam und gewalttätig gegen seine Mitmenschen zu sein, aber was ihm an Grausamkeit fehlt, macht er mit List wett.
    Deshalb setzte ich das Gerücht in Umlauf, dass mit mir nicht zu spaßen sei. Wenn im Kanal der Leichnam eines namenlosen Bettlers gefunden wurde, war es nicht schwer, die
Nachricht zur verbreiten, dass dort ein Narr dahintreibe, der gedacht hatte, er könne Alferonda betrügen. Wenn ein Verarmter sich bei einem Unfall ein Bein brach oder ein Auge verlor, reichten ein paar in die Hand gedrückte Münzen und er erzählte aller Welt, dass er wünschte, er hätte Alferonda sein Geld rechtzeitig zurückgegeben.
    Obwohl ich glaube, dass der Heilige, gesegnet sei Er, mich mit einem freundlichen Gesicht gesegnet hat, einem voller Güte, dauerte es nicht lange, bis die Diebe von Amsterdam bei meinem Anblick zitterten. Eine finstere Miene oder eine hochgezogene Augenbraue reichte aus, um das Gold zum Flie- ßen zu bringen.
    Wenn ich es mit einem Schuldner zu tun hatte, der mich wirklich nicht bezahlen konnte, überzeugte ich ihn davon, dass Alferonda hier, zum ersten Mal in seinem Leben, beschlossen hatte, ein gewisses Maß an Gnade walten zu lassen, und er nicht einmal im Traum daran denken dürfe, sie zu missbrauchen. Der Betreffende hätte mich eher bezahlt, als dass er sich ein Stück Brot in den eigenen Mund gesteckt hätte.
    Diese kleinen Kniffe täuschten mein Publikum mühelos. Diebe sind von Natur aus simpel und leicht irrezuführen und neigen dazu, an Ungeheuer und Menschenfresser zu glauben. Manche dachten sogar, mir wäre der Inhalt ihrer Geldbeutel und das Versteck ihrer jämmerlichen Vorräte bekannt, als ob ich eher Hexer als Geldverleiher wäre. Ich unternahm nichts, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Alferonda ist kein Dummkopf.
    Ich wusste, dass die Juden der Vlooyenburg wenig schmeichelhaft über mich sprachen, doch ich wusste auch, dass ich im Angesicht des Herrn ohne Tadel war – soweit es ein Mann, der Geld an Diebe verleiht, sein konnte.

10
    Miguel war mit Geertruid im Schmutzigen Hund verabredet, einer Schenke nahe den Docks, wo große Schiffe, beladen mit Gütern aus aller Welt, vor Anker lagen. Der Tag war warm und untypisch sonnig, und Miguel blieb stehen, um sich die Schiffe anzuschauen; manche dieser riesigen Ungetüme hatten einen weiten Weg hinter sich, und ihre Kapitäne knieten zum Gebet nieder, wenn ihre Lotsen sie durch die tückischen Gewässer des Amsterdamer Hafens manövrierten. Diese Kolosse waren Aufsehen erregend, doch die Holländer schienen weitaus mehr an den kleineren vlieboots – den Schnellbooten – interessiert, elegante kleine Schiffe, die sehr wendig waren und von einer kleineren Mannschaft gesteuert werden konnten und trotzdem mehr Fracht enthielten als die massigen Schiffe anderer Nationen. Diesen Wunderwesen der Meere war es zum Teil zu verdanken, dass die Holländer mittlerweile nicht nur im Handel, sondern auch im Transport an erster Stelle standen, denn wer hätte seine Waren nicht auf holländischen Schnellbooten befördern lassen wollen, wenn sich dadurch die Kosten um ein Drittel reduzieren ließen?
    Der Schmutzige Hund wurde

Weitere Kostenlose Bücher