Der Kaffeehaendler - Roman
fünf, zehn, vielleicht fünfzehn Jahre ins Land. Die Kompanie besaß
die Geduld einer Spinne, bis dahin, wären er und Geertruid unermesslich reich.
Womöglich würde der Ma’amad schon lange vor diesem Zeitpunkt von seiner Partnerschaft mit Geertruid erfahren. Was aber konnte er sagen, wenn Miguel erst einmal Tausende von Gulden für mildtätige Zwecke gespendet hatte? Er war nur noch Monate entfernt von jenem Reichtum, von dem die meisten Männer nur träumen, aber er konnte ihn schon spüren, so nah war er.
So groß war sein Enthusiasmus, dass er später, als er im Bett lag und ihm einfiel, dass er völlig vergessen hatte, sich wie geplant mit Joachim Waagenaar zu treffen, nur einen leichten Stich des Bedauerns empfand.
Aus
Die auf Tatsachen beruhenden und aufschlussreichen Memoiren des Alonzo Alferonda
Ich spreche zu viel von mir. Das weiß ich. Ich habe die Seiten überflogen, die ich beschrieben habe, und was sehe ich außer Alferonda und Alferonda ? Zu diesen Bedenken werden meine Leser gewiss sagen: »Aber mein lieber Alonzo, was könnte es Interessanteres geben als Ihr Leben und Ihre Ansichten?« Gut und schön, werte Leser. Sie haben mich mit Ihren liebenswürdigen Argumenten unsicher gemacht. Doch es gibt anderes, das sich aufzuschreiben lohnt, Gründe, die mich zu diesen Aufzeichnungen überhaupt bewogen haben.
Da ist zunächst einmal der Kaffee.
Vor nicht allzu langer Zeit, in meiner Kindheit, war Kaffee ein exotisches Pulver, eine getrocknete Beere, die man in den verstaubten Schränkchen eines Apothekers fand. Er wurde in kleinen Mengen gegen Krankheiten des Blutes und der Eingeweide verabreicht. Zu viel davon ist Gift, hieß es. Selbst jetzt noch, da dieses Elixier Europa wie eine trübe Woge überflutet, ermahnen die Apotheker Kaffeetrinker, sich zurückzuhalten. Große Mengen dieser Arznei schwächen, sagen sie. Sie trocknet das Blut aus, sie führt zu Impotenz und Unfruchtbarkeit. Kaffee führt zu nichts dergleichen, das versichere ich Ihnen. Ich trinke ihn in großen Mengen, und mein Blut ist genauso kräftig wie das eines jungen Mannes.
Dieses Getränk ist stets mit Argwohn betrachtet worden,
obwohl es uns doch nur stärken, mehr aus uns machen will, als wir sind. Zuerst war es bei den Männern des Orients bekannt, denen seine wundersame Wirkung verdächtig war. Gläubige Mohammedaner meiden Alkohol, deshalb hatten sie keine Erfahrung mit Getränken, die die Stimmung verändern. In Ägypten ließ vor über hundert Jahren der Vizekönig die gro ßen Imams erörtern, ob Kaffee nach den Speisevorschriften ihrer heiligen Lehre erlaubt oder verboten sei. Kaffee sei wie Wein, erklärte ein Imam, und deshalb verboten. Aber wer konnte zustimmen oder widersprechen, da sie doch alle rechtschaffene Männer waren, die nie selber Wein gekostet hatten und nur raten konnten? Sie wussten, dass Wein einen Mann schläfrig, Kaffee ihn dagegen hellwach macht. Also konnte Kaffee nicht wie Wein sein.
Ein anderer rief, Kaffee sei schwarz, und die gerösteten Bohnen glichen Schmutz. Das Essen von Schmutz habe Mohammed untersagt, deshalb sei auch Kaffee verboten. Wieder ein anderer argumentierte, dass, da Feuer reinigend wirke, der Vorgang des Röstens die Beeren nicht unrein mache, sondern sie genau von dem säubere, was vorher unrein an ihnen gewesen sei. Am Ende konnten sie nur sagen, dass Kaffee weder verboten noch erlaubt, sondern mekruh , nicht erwünscht, sei.
Natürlich irrten sie sich. Kaffee ist überaus erwünscht. Seine Wirkung ist erwünscht bei jedermann und auch der Reichtum, den er einbringen kann. Einer jener Männer, die Kaffee priesen, war natürlich Miguel Lienzo, der Wohltäter meiner Jugend. Wie gut er zu meiner Familie gewesen war, als er uns vor der Inquisition warnte, während es sonst niemandem einfiel, uns zu retten! Tat er das aus Gewinnsucht? Nein, er hatte nichts zu gewinnen. Handelte er aus Liebe? Er kannte uns kaum. Ich glaube, er tat es, weil er ein rechtschaffener Mensch ist und die Pläne von Bösewichten mit Freuden durchkreuzt.
Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen, deshalb erinnerte ich ihn, als ich mich in Amsterdam mit ihm anfreundete, nicht an die Güte, die er meiner Familie hatte zuteil werden lassen. Stattdessen machte ich kleinere Geschäfte mit ihm, gesellte mich in Schenken und Wirtshäusern zu ihm und studierte mit ihm in der Talmud-Thora.
Wenn ich ihn traf, sprachen wir selten über etwas von Bedeutung. Dann teilte er mir eines Tages mit, dass er in
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