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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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haben ihm vertraut, diesem Mann, den wir aus der Gemeinde verstoßen haben?«
    »Ich dachte, er hätte keinen Grund zu lügen, und als ich mir die Ware selbst näher ansah und mich an der Börse erkundigte, kam ich zu dem Schluss, dass es ein guter Rat gewesen war.«
    Parido kratzte sich nachdenklich den Bart. »Ich hatte vermutet, dass es so weit kommen würde. Ich würde Ihnen empfehlen, keinen Umgang mehr mit ihm zu haben, Lienzo. Zahlen Sie ihm eine Maklergebühr, wenn es sein muss, aber schaffen Sie ihn sich vom Hals. Der Mann ist eine Gefahr für jeden, der mit ihm zu tun hat.«
    Miguel konnte sein Glück, Paridos Zorn so leicht entkommen zu sein, kaum fassen. Er schien sichtlich verärgert darüber, dass er Geld eingebüßt hatte, doch er war zu erpicht darauf, Alferonda die Schuld daran zu geben, um seine Wut an Miguel auszulassen. Miguel selbst hatte inzwischen gemerkt, dass es womöglich schwieriger war, sich seine Walfischtran-Profite
zu beschaffen, als er gedacht hatte. Als nach dem Abrechnungstag kein Geld auf seinem Konto bei der Börsenbank war und er von seinem russischen Mittelsmann Briefe bezüglich seiner neunzehnhundert Gulden bekam, befand er, dass es an der Zeit wäre, seinem Geld nachzujagen. Er entdeckte Ricardo, den Makler, an den er seine Anteile verkauft hatte, in einer bei portugiesischen Juden beliebten Schenke. Ricardo war bereits angetrunken und sah aus, als wünschte er sich nichts sehnlicher, als zu Hause in seinem Bett zu sein – oder zumindest nicht in Miguels Nähe.
    »Wie geht es Ihnen, Lienzo?«, fragte er und hastete davon, ohne eine Antwort abzuwarten.
    »Oh, ich war sehr beschäftigt, Ricardo«, sagte Miguel, hinter ihm hereilend. »Ich habe hier und da einen kleinen Handel abgeschlossen und ein paar Gulden verdient. Es ist nur so, wenn ein Mann ein paar Gulden verdient, rechnet er damit, dass diese Gulden auf seinem Konto bei der Börsenbank auftauchen.«
    Ricardo drehte sich um. »Ihre Gläubiger habe ich Ähnliches sagen hören.«
    »Oho!«, rief Miguel. »Sie haben eine spitze Zunge heute. Nun, so lange Sie auch Ihre Feder spitzen, wenn Sie mir mein Geld überschreiben, soll es mir recht sein.«
    »Da Sie erst seit fünf Jahren in Amsterdam sind«, sagte Ricardo leise, »und die Kunst des Geschäftemachens offenbar noch nicht beherrschen, nehme ich mir die Freiheit heraus, Ihnen etwas zu erklären. Der Strom des Geldes ist wie der Strom von Wasser in einem Fluss. Sie können am Ufer stehen und es zum Fließen drängen, doch das wird Ihnen nicht viel nutzen. Sie bekommen Ihr Geld rechtzeitig.«
    »Rechtzeitig? Der Bursche, von dem ich es geliehen habe, um den Walfischtran zu kaufen, gibt sich damit nicht zufrieden.«

    »Vielleicht hätten Sie nicht noch mehr Kredit aufnehmen sollen. Ich dachte, Sie hätten Ihre Lektion mittlerweile gelernt.«
    »Sie sind nicht in der Position, mir Ratschläge über Kredite zu erteilen, wenn Sie mich nicht bezahlen. Wer ist überhaupt Ihr Lump von Klient, der nicht damit herausrückt?«
    Ricardo grinste unter seinem zerzausten Schnauzbart. »Sie wissen, dass ich Ihnen das nicht sage«, erklärte der Makler. »Ich lasse es nicht zu, dass Sie meinen Klienten oder mir Ärger machen. Wenn es Ihnen nicht gefällt, wie ich Geschäfte tätige, wissen Sie ja, was Sie tun können.«
    Die Lage war verzwickt. Wenn Ricardo Holländer gewesen wäre, hätte Miguel die Sache dem Börsenvorstand oder den Gerichten vorlegen können, aber der Ma’amad riet Juden davon ab, ihre Differenzen öffentlich auszutragen. Er zog es vor, derartige Dinge selbst zu regeln, doch Miguel hatte nicht die Absicht, die Angelegenheit vor den Ältestenrat zu bringen. Parido könnte aus lauter Bosheit beschließen, den Ma’amad gegen Miguel aufzubringen, und dann hätte er keine Zuflucht mehr.
    »Mir gefällt der Ton nicht, den Sie mir gegenüber anschlagen, Ricardo«, sagte er, »und ich versichere Ihnen, dass dieser Vorfall sich nicht günstig auf Ihren Ruf auswirken wird.«
    »Sie haben es gerade nötig, von Ruf zu sprechen«, antwortete der Makler, während er sich abwandte.
     
    Einige Tage später verließ Miguel früh das Haus seines Bruders und schlenderte an der Herengracht entlang, deren schöne, breite Straßen mit Linden mit frischem, üppigem Blattwerk gesäumt waren. Prächtige Häuser erhoben sich zu beiden Seiten des Kanals, Zierden des Wohlstands, den die Holländer sich im letzten halben Jahrhundert aufgebaut hatten. Es waren gewaltige Gebäude aus rotem

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