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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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zu lassen, wie ich am Besten an mein Geld komme.« Die Gerichte , das bedeutete eine weitere öffentliche Demütigung vor dem Börsenvorstand, bei der er sowohl seine Verbindung zu Geertruid als auch sein Kaffee-Projekt würde darlegen müssen.
    Miguel fluchte, trank eine Schale Kaffee und machte sich in den aussichtsreichsten Örtlichkeiten auf die Suche. Diesmal war das Glück auf seiner Seite, denn er fand Ricardo in der dritten Schenke, wo er allein saß und verdrossen einen Humpen Bier trank.
    »Keine Geschäfte heute?«, fragte Miguel.
    »Was die Geschäfte angeht«, erwiderte Ricardo, ohne aufzublicken, »so sollten Sie sich um Ihre eigenen kümmern.«
    Miguel nahm ihm gegenüber Platz. »Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es geht um mein Geschäft, Senhor. Sie schulden mir eine Menge Geld, und falls Sie glauben, ich werde nichts unternehmen, so täuschen sie sich.«
    Endlich ließ Ricardo sich dazu herab aufzuschauen. »Drohen Sie mir nicht, Lienzo. Sie werden es nicht wagen, die holländischen
Gerichte anzurufen, weil Sie dann den Zorn des Ma’amad riskieren, und wir wissen beide, dass Sie, wenn Sie sich an den Ma’amad wenden, das Risiko einer Entscheidung zu Ihren Ungunsten eingehen, durch die Ihr Geld Monate oder Jahre lang auf Eis liegen könnte. Sie haben keine andere Wahl, als geduldig zu sein, also verschwinden Sie, ehe ich wütend werde.«
    Miguel schluckte. Was hatte er sich dabei gedacht, hierher zu kommen? Ricardo hatte Recht: Er hatte nichts, womit er ihm drohen konnte, außer vielleicht mit einer öffentlichen Beschuldigung. »Das Risiko mit dem Ma’amad könnte ich eingehen«, sagte er. »Falls ich mein Geld nicht bekomme, bin ich nicht schlechter dran als jetzt, und ich kann eine Anhörung als Forum nutzen, um Sie als den Lumpen bloßzustellen, der Sie sind. Mehr noch, ich kann Ihren Herrn und Gebieter bloßstellen. In der Tat, je mehr ich darüber nachdenke, desto reizvoller erscheint mir diese Möglichkeit. Die anderen Parnassim lassen sich nur von ihm beherrschen, weil sie denken, er sei gewissenhaft. Wenn sie von seinen Gaunereien erfahren, wird er an Macht verlieren.«
    »Ich weiß nicht, worüber Sie reden«, sagte Ricardo, sah jedoch besorgt aus. »Ich bin mein eigener Herr.«
    »Sie arbeiten für Solomon Parido. Er ist der Einzige, der eine derartige Ungeheuerlichkeit arrangieren kann, und ich beabsichtige, sie zu enthüllen. Wenn das Geld, das Sie mir schulden, nicht morgen bis zum Börsenschluss auf meinem Konto ist, werde ich Gerechtigkeit suchen.«
    Miguel ging, ohne auf eine Antwort zu warten, in der Gewissheit, getan zu haben, was er konnte, doch am nächsten Tag war bei Börsenschluss immer noch kein Geld auf sein Konto eingezahlt worden. Miguel erkannte, dass er keine Wahl hatte. Er konnte nicht riskieren, dass seine Vermögenslage vor einem Gericht in Augenschein genommen würde,
deshalb überwies er etwas über neunhundert Gulden von Geertruids Geld auf das Konto des Mittelsmannes. Er würde sich ein andermal darum sorgen, wie er den Betrag ausgleichen konnte.

15
    Um Miguel herum wogte und pulsierte die Börse, während er nach einem Makler der Ostindischen Kompanie Ausschau hielt. Erst vor einer halben Stunde war ein Gerücht mit der Kraft eines einstürzenden Gebäudes über sie hinweggefegt: Ein mächtiges Handelskonsortium plane, einen großen Teil seiner Ostindien-Aktien abzustoßen. Wenn ein Konsortium kaufen wollte, setzte es sehr oft das Gerücht in die Welt, es wolle genau das Gegenteil tun, sodass die Preise rapide sanken. Diejenigen, die mit der Hoffnung auf einen sehr kurzfristigen Umschwung investiert hatten, verkauften ihre Anteile dann sofort.
    Miguel ging seinem Gewerbe an der Börse lange genug nach, um zu wissen, wie er diese Gerüchte zu seinem Vorteil nutzen konnte. Ob sie nun auf Wahrheit beruhten oder nicht, ob das Konsortium zu kaufen oder zu verkaufen beabsichtigte, spielte keine Rolle. Der Reichtum des Orients war dergestalt, dass die Aktien der Ostindischen Kompanie nach einem Preissturz immer wieder anstiegen, und nur ein Narr hätte es unterlassen, während eines Preisverfalls nicht zu kaufen. Miguel hatte sich heute Morgen mit drei Schalen Kaffee gestärkt. Selten hatte er sich so wach, so tatkräftig gefühlt. Dieser Wahnsinn hätte zu keinem günstigeren Zeitpunkt eintreten können.

    Käufer und Verkäufer drängten sich hektisch durch die Menge, alle nach ihren Kontaktleuten schreiend, sodass das übliche Getöse in der Börse zu einem

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