Der Kaffeehaendler - Roman
selbstgefällig würde. Besonders weil Solomon Parido Parnass ist, musst du dem Ma’amad mit Respekt begegnen.«
»Danke für deinen Rat«, sagte Miguel eisig.
»Ich habe dir noch keinen Rat gegeben. Mein Rat ist der, dass du nichts tun solltest, was meine Familie gefährdet. Du bist mein Bruder, und ich werde tun, was ich kann, um dich gegen den Ältestenrat in Schutz zu nehmen, auch wenn ich
glaube, dass du seinen Zorn verdienst, aber meine Frau und mein ungeborener Sohn sind mir wichtiger als du.«
Dazu konnte Miguel nichts sagen.
»Es gibt noch etwas«, meinte Daniel. Er hielt einen Moment inne, um an einem Zahn herumzufummeln. »Ich habe dir gegenüber bisher nichts davon erwähnt«, nuschelte er, einen Finger noch im Mund, »weil ich wusste, dass du in großen Schwierigkeiten steckst, doch ich habe gehört, dass sich das geändert hat. Es geht um das Geld, das ich dir geliehen habe – rund fünfzehnhundert Gulden.«
Miguel schnappte nach Luft. Das Darlehen war wie ein Furz beim Sabbat-Mahl. Jeder hat es gehört, aber keiner sagt ein Wort. Nach all den Monaten kam Daniel jetzt endlich auf das Geld zu sprechen, und der Bann des Schweigens war gebrochen.
»Wir haben alle von deinem Erfolg bei dem Walfischtrangeschäft gehört – der sich, möchte ich hinzufügen, auf Kosten anderer für dich ergab. Jedenfalls, da du nun ein paar Gulden auf deinem Konto hast, dachte ich, du könntest mir vielleicht wenigstens einen Teil des Geldes zurückzahlen, das du mir schuldest. Ich hätte sehr gern, dass morgen tausend Gulden auf meinem Konto sind.«
Miguel schluckte. »Daniel, es war sehr gut von dir, mir das Geld zu borgen, und natürlich zahle ich es zurück, sobald ich kann, doch ich habe die Mittel noch nicht erhalten, die mir aus dem Geschäft zustehen. Du kennst doch den Makler Ricardo? Er will weder zahlen noch mir seinen Klienten nennen.«
»Ich kenne Ricardo. Ich habe ihn immer für einen vernünftigen Mann gehalten.«
»Dann solltest du vielleicht mit ihm reden. Wenn er zahlt, was er mir schuldet, werde ich meine Schulden bei dir gern verringern.«
»Ich habe gehört«, sagte Daniel, der jetzt zu Boden starrte,
»dass du zurzeit über zweitausend Gulden auf deinem Börsenkonto hast. Daraus muss ich schließen, dass du Lügen über Ricardo verbreitest.«
Geertruids Geld. Wie hatte er davon erfahren? »Das Geld ist nicht von Ricardo, sondern von einem Geschäftspartner für eine bestimmte Transaktion. Und die Konten bei der Börsenbank sollten eigentlich Privatsache sein.«
»In Amsterdam ist nichts Privatsache, Miguel. Das müsstest du mittlerweile wissen.«
Nichts machte Miguel so wütend, wie wenn Daniel ihm den großen Experten vorspielte. »Ich kann dir von dem Geld nichts geben, es gehört nicht mir.«
»Und wem gehört es?«
»Das ist eine Privatangelegenheit, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob du dafür Verständnis aufbringst.«
»Wieso privat? Makelst du wieder für Nichtjuden? Du wagst es, den Zorn des Ma’amad zu riskieren, nachdem du Senhor Parido so verärgert hast?«
»Ich habe nie gesagt, dass ich für Nichtjuden makle.«
»Aber du leugnest es auch nicht. Ich vermute, dies alles hat mit deinen Kaffeegeschäften zu tun. Ich habe dir gesagt, du solltest dich vom Kaffee fern halten, er würde dich ruinieren, doch du wolltest ja nicht hören.«
»Niemand ist ruiniert. Wie kommst du zu solch absurden Schlussfolgerungen?«
»Ich will auf jeden Fall einen Teil des Geldes, bevor du es verlierst«, erklärte Daniel ihm. »Ich muss darauf bestehen, dass du mir tausend Gulden überweist. Wenn du nicht bereit bist, einen Teil deiner Schulden zu begleichen, obwohl du das Geld hast, ist das eine Beleidigung, und dann kommt es nicht in Frage, dass du weiterhin hier wohnst.«
Einen flüchtigen Augenblick lang erwog Miguel ernsthaft, seinen Bruder zu ermorden. Er malte sich aus, wie er Daniel
mit einem Messer erstach, ihm mit einem Kerzenleuchter den Schädel einschlug, ihn mit einem Lumpen erdrosselte. Was für eine Ungeheuerlichkeit! Daniel wusste, dass, wenn Miguel auszog und sich eine eigene Unterkunft nahm, alle Welt darin ein Zeichen für seine Zahlungsfähigkeit sehen würde. Seine Gläubiger würden sich auf ihn stürzen und mit ihren Rabenschnäbeln draufloshacken, bis nichts mehr übrig war. Es würde Befragungen und Anhörungen vor dem Ma’amad geben, sodass es nur eine Sache von Tagen wäre, bis seine Vereinbarung mit Geertruid offenkundig würde.
»Ich ziehe allerdings noch
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