Der Kalligraph Des Bischofs.
Luft behandeln, vermute ich.«
»Das soll mir recht sein.«
Aelfnoth schüttelte nachdenklich den Kopf. »Weniger gut. Wir werden Pergament brauchen, und Tinte in verschiedenen Farben.
Nahrung müssen sie uns geben, aber das teure Schreibmaterial wird schwer zu erkämpfen sein.«
»Ich werde sie überzeugen«, sagte Germunt mit selbstbewußtem Ton. Er warf einen kurzen Blick auf seine Hände.
»Da kennt Ihr die Mönche von Tours schlecht. Aber von mir aus könnt Ihr es gern probieren. Benachbart zu diesem Haus steht
das Gebäude mit der Bibliothek und der Schreibstube. Wenn Ihr könnt, bringt rote, grüne und blaue Tinte mit. Der Verwalter,
den Ihr fragen müßt, ist nicht zu übersehen – er hat einen feuerroten Schopf.«
Mit zahlreichen Pergamentrollen unter dem Arm und drei kleinen Tonfäßchen in der Hand kehrte Germunt wenig später zu Aelfnoth
zurück. Der alte Mönch sah ihn bitterernst an. »Habt Ihr den Rothaarigen gefunden?«
»Ja. Er hat mir all das bewilligt. Freut Ihr Euch denn gar nicht?«
|197| »Ihr wollt von mir unterrichtet werden?«
Germunt sah erstaunt zu Aelfnoth hinüber. »Ja.«
»Dann versprecht mir bei Eurem Leben, daß Ihr nie wieder stehlen werdet.«
Schweigend legte Germunt das Schreibmaterial auf den Tisch. Er hatte das Gefühl, als müßte er fortwährend schlucken. Heiß
wogte es ihm über das Gesicht. Der Mönch war ihm unheimlich. »Dann sei es. Ich verspreche es.«
»Gut. Bringt jetzt das Pergament und die Tinte zurück.« Unerbittlich lag der Blick Aelfnoths auf Germunt.
»Das könnt Ihr nicht verlangen! Wie soll ich …« Fieberhaft rasten seine Gedanken. Er würde völlig sein Gesicht verlieren.
Womöglich würden sie ihn einer Strafe unterziehen. Ihm blieb nur, sich erneut in den Lagerraum hineinzuschleichen und den
Diebstahl heimlich rückgängig zu machen.
»Bei der Gelegenheit könnt Ihr dem Rothaarigen gleich sagen, daß Ihr für die nächste Zeit mein Schüler seid. Und Euch entschuldigen,
natürlich.«
Zähneknirschend nahm Germunt das Schreibmaterial vom Tisch. Er verspürte nicht wenig Lust, dem Greis an die Kehle zu springen.
War diese Demütigung nötig? Auf dem Weg zum Nebengebäude hätte er am liebsten alles in den Graben geworfen und Tours aufatmend
verlassen. Doch mühsam zwang er sich weiterzulaufen, die Türen aufzuschieben. Dort stand er, der Rothaarige, immer noch ins
Gespräch mit einem anderen Mönch vertieft.
»Ich bitte um Entschuldigung.«
Die beiden drehten sich zu ihm um.
»Ich habe dieses Material gestohlen. Was ist meine Strafe?«
Blankes Erstaunen lag auf den Gesichtern der Mönche. »Wer seid Ihr?«
»Aelfnoth unterrichtet mich.«
Germunt hatte das Gefühl, die Veränderung geradezu beobachten zu können. Die Augen der Mönche wurden kleiner, sie sogen kühl
die Luft ein, sprachen gedämpfter, |198| fast unbeteiligt. »Wenn der Alte Euch lehrt, soll auch er Eure Strafe festsetzen.«
»Können wir das Pergament und die Tinte behalten?« Was mache ich hier? Germunt hätte gern in die Luft gegriffen und seine
Worte zurückgeholt.
Was erlaubte er sich?
Irgend etwas in ihm war aufgebrodelt, und er kannte sich gut genug, um zu wissen, daß es schwer wieder zu zügeln war.
»Was sagt Ihr da?« Der Rothaarige kniff die Augen zusammen. »Habt Ihr eine Ahnung, natürlich kein Wissen, aber eine entfernte
Ahnung davon, wie teuer auch nur eines der kleinen Tintenfäßchen in Eurer Hand ist? Wißt Ihr, wieviel Wau eingekocht werden
muß für ein winziges Tongefäß gelber Tinte und was die Bauern in Süditalien verlangen, die das Kraut auf ihren Feldern anbauen?
Noch schlimmer das Waid für den blauen Farbstoff! Die Waidhändler sprechen sich untereinander ab, nirgends kann man mehr das
Kraut selbst kaufen, nur noch das Pulver, aber zu welchem Preis! Und – zeigt her, was habt Ihr da? – Rot! Kermesrot! Wer sammelt
die Kermesschildläuse von den Scharlacheichen, wer trocknet sie, die winzigen Biester? Und Ihr fragt ganz unschuldig, ob Ihr
die Dinge behalten könnt. Unglaublich! Pergament noch dazu. Bringt die Sachen zurück in die Truhen, auf der Stelle!«
Germunt mußte reden, um nicht an den Worten zu ersticken. »Ich bin hier, um schreiben zu lernen, auch wenn es Euch wenig paßt.
Es war nicht gut zu stehlen. Ich habe geschworen, es nicht wieder zu tun. Aber durch Eure Unfreundlichkeit wird so etwas herausgefordert,
wißt Ihr das?«
Dem Angesprochenen stand der Mund offen.
Germunt wandte
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