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Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Felix « , sagte sie. » Ich bin ja da. Du bist nicht allein. «
    Der Junge tastete sich mit Blicken an ihr entlang, vermied es aber, ihr in die Augen zu sehen.
    » Du spielst so schön « , sagte er leise.
    » Na, dann komm « , lächelte Alex, » komm mit mir. « Ganz leicht berührte sie seinen Arm und wies ihm so die Richtung, hin zu einem alten Kanapee, das mit Kissen und Decken übersät direkt neben dem Klavier stand.
    » Hier kannst du dich einkuscheln « , sagte sie und legte ihm eine Wolldecke über die Schulter.
    Felix stützte sich mit seinen Armen auf das oberste Kissen und sah sie aufmerksam an. Er wartete. Alex überließ ihn ganz sich selbst. Sie schlug die ersten Töne des zweiten Satzes von Beethovens Mondscheinsonate an und spürte genau, wie sich das Kind entspannte. Endlich ließ Felix seinen Kopf ganz auf das Kissen sinken. Kurz danach war er eingeschlafen.
    *

Auch auf dem Moosbacher Hof erwies sich das Einschlafen für Lena und Max als schwierige Sache. In Lenas Bett hatten sich die Geschwister heimlich eine Höhle gebaut, die Max mit einer Taschenlampe beleuchtete.
    » Gib schon her! « Lena versuchte, den am Morgen verschmähten, jetzt aber doch sehnsüchtig geöffneten Brief der Mutter aus den Händen ihres Bruders zu reißen. Doch der ließ es sich nicht nehmen, die von ihm kaum weniger dringlich erwartete Nachricht seiner jüngeren Schwester vorzulesen.
    » Meine liebe Lena « , flüsterte er schließlich und ruckelte die Taschenlampe zurecht. » Ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag. Ich wäre so gerne bei Dir, mein Schatz, aber wir haben hier in Berlin so viel zu tun, dass ich gar nicht zur Ruhe komme. Ich vermisse Euch genauso wie Ihr mich. Einen ganz dicken Kuss, alles Liebe, Deine Mama. «
    Ganz still war es nach diesen Worten in der kleinen Höhle, und Max ließ die Taschenlampe sinken. Der Strahl beleuchtete nun Lenas kleine Hände und ließ sie wie rosafarbene Blüten schimmern.
    » Meinst du, die Mama kommt überhaupt noch mal wieder? « , fragte sie schließlich verzagt.
    Max schluckte. Woher sollte er das denn wissen? » Wenn sie genug Geld für die Reise hat « , antwortete er schließlich. Überzeugend klang das nicht.
    » Oder der Felix gesund wird « , kam es wenig hoffnungsvoll von seiner Schwester. Im Dämmerlicht wuchs ihre Pupille zu einem dunklen Schatten, der ihren Blick noch trauriger machte. Ohne ein weiteres Wort knipste Max die Taschenlampe aus und krabbelte zurück in sein eigenes Bett. Lena rollte sich wie eine Robbe in ihr Deckbett. Schwärzer als schwarz erschien ihr das Kinderzimmer heute Nacht. Lange lag sie so wach und starrte in die Dunkelheit.
    *

» Mir tut alles weh « , stöhnte Marie, als sie nach Mitternacht zurück in die WG kam und sah, dass bei Alex noch Licht brannte. » Lieber ein ganzes Hopfenfeld ernten als dieses Gerenne in der Kneipe. «
    Mit einem Lächeln goss ihr Alex ein Glas Rotwein ein, und Marie streckte sich müde unter den regenbogenfarbenen Baldachin, den Alex über ihr Bett gespannt hatte.
    » Fräulein hier, Fräulein da « , ahmte Marie die meist betrunkenen männlichen Gäste nach.
    Alex kicherte vor sich hin und rutschte mit einem Kissen an ihre Seite. » Männer « , gluckste sie.
    Ihre Blicke trafen sich. Marie sah ihre Freundin forschend an.
    » Du bist froh, wieder in Berlin zu sein, oder? «
    Alex zuckte die Schultern. » Vor einem Jahr, da wollte ich nichts wie weg. Aber jetzt? Weglaufen hilft nicht. Ick weeß wieder, wo ick hinjehöre « , berlinerte sie und lächelte. » Hier spielt das Leben, ich meine, hier in Berlin, da knallt einfach alles aufeinander. Die Jungen, die es in Ost-Berlin nicht mehr aushalten, wie Rudi Dutschke, der Studentensprecher. War übrigens ein paar Mal hier, wir drucken für ihn. Oder die Jungs aus dem Westen, die keinen Bock auf die Scheißbundeswehr haben, sorry, aber da ist einfach noch zu viel Mist dabei, weißt du wie viele ehemalige Nazi-Offiziere da heute noch Dienst tun? «
    Marie zuckte ahnungslos die Schultern.
    » Ist bei den Richtern genauso, bei den Schul- und Hochschullehrern auch. Deshalb protestieren die jungen Leute hier, deshalb drucken wir Plakate und marschieren mit. Der ganze Muff muss raus! Aus den Köpfen! Aber auch aus den Institutionen! «
    » Du bist so mutig « , seufzte Marie.
    » Det sagt die Richtige « , erwiderte Alex grinsend und knuffte Marie in die Seite.
    » Hast du eigentlich, ich meine, hast du dir nie eine eigene Familie gewünscht? « , fragte Marie

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