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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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braune Zähne. Offenbar war er ein passionierter Rindenkauer. Seine Augen glitzerten wie bleiche gelbe Herbstblätter.
    Ich stellte sofort die Frage, die mich am meisten interessieren musste: »Wie viele sind zu der Party eingeladen?«
    »Bloß ein paar enge Freunde.« Er rieb sich das Kinn, und ich konnte grüne Stellen erkennen, wo er seine dünne Oberflächenhaut abgekratzt hatte. Er beugte sich weiter vor und spähte nach unten in die Eingangshalle. »Hast sie wohl im Vorbeigehen übersehen.«
    Ich warf einen erschrockenen Blick nach unten. Tatsächlich kam ein schlaksiger Dryade in rotem Turban mit langen Schritten die Treppe herauf, gefolgt von einer untersetzten Gestalt in Panamahut und Nadelstreifenanzug. Enge Freunde, ja, aber nicht meine.
    Panama blieb keuchend stehen, um wieder zu Atem zu kommen, und schaute zu mir hoch.
    »Hi.« Er winkte mir mit seinen Wurstfingern zu. »Jetzt sitzt du in der Falle, Bean Sidhe «, sagte er voller Genugtuung, »jetzt entkommst du uns nicht mehr! Obwohl, als blonder Bimbo
hast du mir besser gefallen, aber hier geht’s ja nicht um Äußerlichkeiten, oder?«
    »Allerdings nicht, wenn ich dich so anschaue, Dickerchen«, antwortete ich.
    Er verzog wütend das Gesicht und begann weiter nach oben zu stapfen. Der mit dem roten Turban schlang einen dünnen Arm um seinen Stiernacken und brachte ihn zum Stehen. »Immer mit der Ruhe«, stieß er mit einer überraschend hohen Quiekstimme hervor, »die Bean Sidhe darf nicht zu Schaden kommen, okay?«
    Schön zu hören, dass sie nicht vorhatten, mich bewusstlos zu prügeln, bevor sie mich vergewaltigten.
    Pech für sie, dass ich nicht vorhatte, meinerseits Schonung walten zu lassen.
    Quiekstimme ließ Dickerchen los und schaute kalt zu mir auf. Dann klopfte er dem Dicken auf den Rücken und piepte: »Du wirst trotzdem deinen Spaß mit ihr haben, wirst schon sehen.«
    Da täuschst du dich aber gewaltig !, dachte ich wütend. Ein zweiter Turbankopf tauchte nun neben dem mit dem roten Stirnband auf und schaute zu mir herunter. Auch er starrte mich unter seinem blauen Turban kalt an. Ich saß tatsächlich in der Falle. Was für ein Pech. Und dann tauchte noch ein weiterer Dryade – in gelber Pudelmütze – neben Stirnband und Turbankopf auf und schaute höhnisch grinsend zu mir herunter.
    Es waren also insgesamt fünf.
    Ein leises Rascheln ging durchs Treppenhaus, als würde Wind durch Blätter streichen. Kacke. Sie verständigten sich in ihrer Sprache. Nicht, dass ich einen Dolmetscher benötigt hätte. Was sie vorhatten, lag auf der Hand.
    Jetzt hieß es schlau sein.
    Nervös überlegte ich, was zu tun war. Die Polizei würde
bald da sein und mit ihr hoffentlich Finn. Wenn es mir gelänge, die Dryaden so lange hinzuhalten … Ich hatte zwei Möglichkeiten: hinauf oder hinunter.
    Hinauf war nicht sehr verlockend, denn dort waberte Hexe Wilcox’ giftige Anemone.
    Moment mal.
    Ich drehte mich zu den beiden um, die die Treppe heraufkamen. Das Rascheln wurde lauter. Quieker tippte Dickerchen auf den Panamahut, und die beiden begannen weiter zu mir heraufzusteigen, Quieker mit langen, ausgreifenden Schritten, der Dicke langsam und keuchend.
    Hinter mir ertönte ein Knarren, aber ich widerstand der Versuchung, mich umzudrehen, konzentrierte mich ganz auf die beiden unteren. Ich hatte nur eine Chance. Entweder es klappte, oder ich saß ganz schön in der Tinte. Ich holte tief Luft und umklammerte das Geländer. Von mir aus konnte es losgehen.
    Quieker war nur noch sieben Stufen unter mir …
    Hinter mir hörte ich das dumpfe Da-dumm, Da-dumm zweier Herzen. Kacke. Ich hatte gehofft, dass sie gleich alle drei auf einmal die Treppe herunterkommen würden. Na gut, man kann nicht alles haben.
    Noch fünf Stufen … Quieker blieb stehen und schaute verwirrt zu mir hoch. Er konnte nicht begreifen, dass ich mich nicht um die Herabkommenden scherte.
    Ich schluckte. Er würde es gleich rausfinden.
    Wie auf Kommando brach hinter mir lautes Geschrei aus. Es klang wie ein Sturmwind, der durch Bäume fegt.
    Zwei Dryaden konnte ich abhaken.
    Blieben noch drei.
    Quieker spähte an mir vorbei. Genau auf diesen Moment hatte ich gewartet. Ich hielt mich am Geländer fest und sprang ihn mit den Beinen voran an, traf ihn an der Brust.

    Ein zufriedenstellendes Knacken ertönte, und er wurde nach hinten geschleudert. Er griff noch nach dem Geländer, bekam es aber nicht mehr zu fassen, und prallte mit aller Wucht gegen die borkige Fleischkugel hinter ihm.

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