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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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männlich-markante, weniger zarte Version meiner eigenen Züge. Dass Tavish Sidhe-Blut in den Adern hat, ist nicht zu übersehen. Ich habe mich oft gefragt, ob er nicht vielleicht sehr viel älter ist, als er einen glauben lässt, vielleicht sogar in der Glanzzeit geboren wurde, als die Sidhe sich noch mit allem vermehrten, das lebendig war. Aber Tavish hat keine vertikalen Katzenpupillen – tatsächlich hat er überhaupt keine Pupillen. Seine Augen sind silbergrau mit einem schmalen weißen Ring wie bei einem Pferd, das ja seine andere Gestalt ist. Er ist nicht weniger attraktiv als betörend, unwiderstehlich …
    Sobald ich merkte, dass ich ihn mit heraushängender Zunge anstarrte wie ein hingerissener Teenager – der dem Kelpie überallhin folgen würde, selbst in die tückischen Tiefen des Wassers -, riss ich verlegen meinen Blick von ihm los und tat so, als würde ich mich für meine Umgebung interessieren.
    »Sieht anders aus als früher«, bemerkte ich. »Irgendwie tropischer.«
    »Tja, ich hatte Lust auf einen kleinen Klimawechsel«, erklärte er mit seiner warmen, tiefen Stimme, »die Highlands können um diese Zeit ganz schön rau sein, auch wenn jetzt überall die Heide blüht.«
    Ich deutete auf den Abgrund, ein ganzes Stück hinter mir. »Und das da? Was ist da passiert?«

    »Hmpf«, schnaubte er, »das stand nicht auf dem Plan. Aber du kannst noch von Glück reden, die Magie wollte den Abgrund nämlich direkt vor die Stufen legen. Hatte schon eine Seilbrücke gebildet, und es hat mich ganz schön Kraft gekostet, die Magie dazu zu überreden, sich dort drüben niederzulassen.«
    Das ist typisch fürs Dazwischen . Es lässt sich formen – anders als die Menschenwelt und die Schönen Lande -, tatsächlich kann jeder, der über den nötigen magischen Saft verfügt, diese Zwischenwelt beeinflussen. Allerdings kriegt man nicht immer das, was man will – die Magie kann ganz schön mutwillig sein. Tavish hatte sich diesen Ort vor ein paar Jahrhunderten geschaffen, und doch spielte ihm die Magie immer noch gelegentlich Streiche, oder, um es passender auszudrücken: brachte ihn an den Rand des Abgrunds.
    »Sie will was«, murmelte ich stirnrunzelnd.
    »Aye, Püppchen, wie wir alle.« Er lachte ein leises, wieherndes Lachen. »Aber das heißt noch lange nicht, dass wir auch kriegen, was wir wollen.«
    Das klang reichlich ominös. Unbehaglich nahm ich eine Handvoll Sand auf und ließ ihn durch meine Finger rieseln. Vielleicht war er ja doch nicht so erfreut, mich zu sehen, wie ich gedacht hatte.
    »Soll das heißen, dass du mir nicht helfen willst?«, fragte ich enttäuscht.
    »Nicht doch, Püppchen, das will heißen, dass ich dir vielleicht nicht die Antworten geben kann, die du suchst.«
    Er rollte sich auf den Bauch, die Ellbogen in den Sand gestützt, und schaute mich an. Das türkisblaue Wasser schwappte über seine breiten Schultern und in die Ritze zwischen seinen beeindruckenden Rückenmuskeln. »Aber du kannst mich trotzdem fragen.«
    Ich blinzelte kurz das Nachbild des in allen Regenbogenfarben
funkelnden Wassers weg, dann sagte ich: »Es geht mir um diese Aufnahmen, die sie von mir und vom Tatort haben, die von den Überwachungskameras. Weißt du, ob die manipuliert wurden? Oder ob die Polizei vielleicht was übersehen hat?«
    »Da gibt’s nichts zu sehen außer dich und wie du in den Laden reingehst.« Seine Kiemen flatterten. »Und die Explosion.«
    »Kacke. Ich hatte auf mehr gehofft.« Ich schürzte enttäuscht die Lippen.
    »Die Frage ist, warum du überhaupt da reingegangen bist, Püppchen.« Er zeichnete eine Wellenlinie in den Sand. Wind kam auf, und die spiegelglatte See kräuselte sich.
    »Da gibt’s nichts zu wundern, Tavish«, sagte ich stirnrunzelnd. »Ich habe in den letzten zwei Wochen fast jeden Morgen dort reingeschaut.«
    »Warum?«, beharrte er und grub eine Vertiefung in den Sand.
    Ich zog die Knie an die Brust und schlang die Arme darum. Warum interessierte ihn das so? »Der Bäcker hatte Probleme mit einer Hexe – Milch, die sauer wurde, Teig, der nicht aufging, so was.«
    »Klingt eher nach Hauselfenproblemen, aber« – Wasser strömte in die Sandgrube – »du verstehst, worauf ich hinauswill?« Er musterte mich fragend.
    »Man hat mir eine Falle gestellt.« Ich hoffte, dass er sich damit zufriedengab und nicht etwa in mir die Schuldige vermutete. »Darauf bin ich selbst schon gekommen. Das Problem ist nur, Tomas – der tote Bäcker – hat mir zwar gesagt, dass es eine

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