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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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ich glaube, meine Mutter denkt, dass Jos Verschwinden etwas mit ihrem Streit über das Testament und das Haus zu tun hatte. Eigentlich würde es mich nicht überraschen, wenn sie ihr Testament doch geändert hätte, ohne jemandem etwas davon zu sagen. Jos Verschwinden hat ihr einen ziemlichen Schrecken eingejagt. Uns allen.«
    War Sam irgendetwas entgangen? Alles an dieser Geschichte klang irgendwie falsch. »Aber – Jo kam zurück, sagen Sie. Hat sie denn nicht erzählt, wo sie war und warum sie weggegangen ist?«
    »Nein. Es war offensichtlich, dass sie nicht darüber reden wollte.«
    »Aber wenn Ihre Mutter danach ihre Meinung geändert hat und nur Ihnen das Haus hinterlassen hat, warum hätte sie Jo das denn nicht sagen sollen? Jo wäre doch vermutlich erfreut gewesen, dass sie bekam, was sie wollte.«
    »Ich weiß nicht, ob meine Mutter ihr Testament geändert hat«, sagte Ritchie. »Ich vermute es nur.«
    »Wenn sie es getan hat. Mal angenommen.« Am meisten interessierte Sam, warum die Beteiligten nicht miteinander kommunizierten und dass Ritchie das alles als völlig normal hinstellte. »Warum, glauben Sie, sollte sie es Jo nicht erzählen?«
    Ritchie dachte über die Frage nach. »Das ist schwer in Worte zu fassen«, erwiderte er schließlich. »Ich nehme an, … wenn Mutti annimmt, dass Jo wegen des Streits über das Testament so aufgebracht war, dass sie so was tun konnte, scheut sie sich, das Thema erneut anzusprechen. Wenn Jo beschließt, dass ein Thema abgeschlossen ist, ist es abgeschlossen. Wenn sie nicht über etwas reden will …« Er ließ den Satz in der Luft hängen.
    »Und Sie haben Ihre Mutter auch nie nach dem Testament gefragt, wenn Jo nicht dabei war?«
    »Nein. Das würde mir kaum zustehen, oder?«
    »Sie haben es auch nicht mit Jo erörtert?«
    »Auf keinen Fall. Sie war einen ganzen Tag lang verschwunden«, betonte Ritchie, als wäre Sam der springende Punkt beim ersten Mal entgangen. Offenbar sah er da einen kausalen Zusammenhang. Sam war nicht überzeugt, dass es sich nicht nur um einen Zufall handelte. Wenn eine Sache auf eine andere folgte, nahmen Leute oft an, dass eine Ursache-und Wirkung-Beziehung bestand, die gar nicht existierte.
    »Um keinen Preis würde ich das Thema nochmal ansprechen.« Ritchie sah plötzlich verstört aus. »Die ganze Familie war zusammen, Jo hatte diesen Riesenkasten in Surrey gemietet … es sollte eigentlich eine schöne Zeit für uns alle werden.«
    »Stattdessen haben Sie den Weihnachtstag damit zugebracht, sich Sorgen zu machen«, sagte Sam.
    »Ja, und die Polizei davon zu überzeugen, nach ihr zu suchen. Denen war das piepegal. Ich meine nicht Sie, sondern die Polizei von Surrey. Mit der Polizei hier habe ich nur die besten Erfahrungen gemacht.«
    Sam nickte. Er wusste es zu würdigen, dass Ritchie seine Gefühle nicht verletzen wollte, und fragte sich, warum er keine so starke Missbilligung empfand, wie es vermutlich die meisten Leute tun würden und wie es eigentlich auch angebracht war. Er nahm sich vor, zu überprüfen, ob Ritchie in einer der polizeilichen Datenbänke erfasst war.
    »Ich habe Jo wahnsinnig gern, und wir sehen uns ständig, aber in Surrey habe ich meine Lektion gelernt, auch wenn es schon Jahre her ist. Fünf oder sechs? Nein, Barney war noch ein Baby, also eher sieben Jahre.«
    Zeitrechnung für Menschen ohne Terminkalender, dachte Sam. Es hörte sich an wie der Titel eines Romans, den seine Frau Kate in ihrem Literaturgesprächskreis besprechen könnte. »Inwiefern haben Sie Ihre Lektion gelernt?«, fragte er.
    »Die Familie kommt immer noch jedes Jahr zusammen, aber ohne mich. Ich habe immer eine Ausrede, normalerweise eine ziemlich lahme. Ich glaube kaum, dass mir irgendjemand glaubt.«
    »Ausrede für was?«
    »Seitdem habe ich jedes Weihnachtsfest allein verbracht«, verkündete Ritchie stolz.
*
    Simon stieß Charlie zur Seite, als sie versuchte, ihm zur Begrüßung einen Kuss zu geben. »Das muss sofort aufhören«, sagte er.
    Geh ihm nicht hinterher . Charlie blieb stehen, wo sie war. Sie hörte, wie sein Mantel zu Boden geworfen wurde, wie die Kühlschranktür aufging und wieder zugeknallt wurde. »War das die Kurzform für ›Ich will die Scheidung‹?«
    »So wird es kommen, wenn du deine Eifersucht nicht unter Kontrolle kriegst.«
    »Eifersucht?« Wovon redete er?
    »Drei SMS, in denen du fragst, wer Johannah Utting ist, obwohl du weißt, dass ich arbeite und dir nicht antworten kann, und sowieso habe ich keine Zeit

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