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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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gewesen sein muss, wie leicht es ist, ihn bei seiner Lüge zu ertappen. Hat er etwa angenommen, ich würde seine Behauptung, das Haus sei nicht länger zu vermieten und er und Jo hätten die Kontaktdaten weggeworfen, einfach ungeprüft hinnehmen?
    Ich hatte nicht wirklich erwartet, etwas Interessantes zu finden, als ich »Little Orchard, Cobham, Surrey« in die Google-Suchmaske eingab, aber hier ist es, auf einer Website, die sich »Ferienhaus direkt von Privat« nennt. Und der Kalender mit den blau oder orangerot unterlegten Kästchen – freie und belegte Tage – scheint nichts von einem langfristigen Mieter zu wissen. Der Kalender erschien, als ich »Verfügbarkeit« anklickte, und wie es scheint, kann ich das Haus jederzeit zwischen heute und Freitag in einer Woche sowie an jedem Tag zwischen kommendem Montag und dem 20. Dezember mieten. Dazwischen und nach diesen Terminen ist das Haus belegt. Ich schaue mir die Preise an: 5950 Pfund pro Woche oder 1.000 Pfund pro Nacht, vorausgesetzt, man erklärt sich bereit, mindestens zwei Nächte zu bleiben. Unter Littleorchardcobham@y a hoo. co.uk kann man zum Eigentümer Kontakt aufnehmen.
    Ich gebe meine E-Mail-Adresse in das vorgegebene Feld ein und tippe »Reservierungsanfrage« als Betreff. Ich verfasse eine Nachricht, in der ich mich erkundige, ob ich Little Orchard vom 17. bis 19. Dezember mieten könne, einem Wochenende. Ich erwähne, dass ich zu einer Gruppe gehöre, die sich Weihnachten 2003 in dem Haus aufgehalten hat, und füge ein paar Zeilen darüber hinzu, wie sehr ich meinen damaligen Aufenthalt genossen hätte und wie sehr ich mir seitdem gewünscht habe, dorthin zurückzukehren, besonders mit meinen beiden kleinen Mädchen, die das Haus bestimmt lieben werden.
    Ich lese meine Nachricht noch einmal durch. Der letzte Teil ist mir peinlich. Ich habe nicht den richtigen Ton getroffen – es klingt zu bemüht. Ich lösche die überschwänglichen Teile, drücke auf »Senden«, lehne mich in meinem Stuhl zurück und schlage die Decken wieder um mich. Ich habe keine Ahnung, ob ich bereit wäre, zweitausend Pfund, die wir schwer entbehren könnten, für einen erneuten Aufenthalt in Little Orchard auszugeben.
    Zu welchem Zweck? Um nach ein paar Worten auf einem Stück Papier zu suchen? Du hast keinen Grund anzunehmen, du könntest es dort finden. Luke wird mich für verrückt halten. Er wird sich Sorgen meinetwegen machen.
    Entweder Neil hat mich glattweg angelogen oder seine Informationen sind veraltet. Vielleicht war das Haus das ganze letzte Jahr über vermietet, und jetzt sind die Mieter ausgezogen. Neil hat nicht erwähnt, wann Jo versucht hatte, das Haus erneut für sich und ein paar Freunde zu mieten.
    Welche Freunde? Neil und Jo haben keine Freunde. Sie verbringen ihre gesamte Freizeit mit der Familie.
    Er hat mich angelogen.
    Aber warum? Warum sollte er Angst davor haben, dass Luke und ich das Haus noch einmal besuchen könnten? Die Annahme, Jo könne dagegen sein, wäre Grund genug, aber warum sollte er das annehmen? Warum sollte es Jo kümmern, ob wir noch einmal in das Haus fahren? Könnte es etwas mit dem Schlüssel zu dem verschlossenen Zimmer zu tun haben?
    Es war Jo wichtig, mich davon abzuhalten, das Arbeitszimmer von Little Orchard zu betreten. Bei unserem Streit damals habe ich sie zum ersten und einzigen Mal zittern sehen. Ich erinnere mich, dass ich damals dachte, dieses Ausmaß an Empörung und Abscheu ist sogar für Jo übertrieben. Kann es sein, dass ich mich geirrt habe? War es vielleicht gar keine Empörung über meine fehlenden Skrupel, sondern Angst, dieselbe Angst, die vor ein paar Stunden in Neils Gesicht geschrieben stand?
    Aber was sollten sie fürchten? Hatten Jo und Neil den Schlüssel bereits benutzt, als ich auf die Idee kam, nach ihm zu suchen? Hatten sie während unseres Aufenthalts dort etwas in diesem Arbeitszimmer eingeschlossen? Hängt es vielleicht damit zusammen, dass Jo mitten in der Nacht mit Neil und den Kindern verschwunden ist?
    Der Computer gibt ein Ping von sich: eine neue Mail. Ich öffne sie. Unterschrieben ist sie mit Veronique Coudert. Offenbar Französin. »Liebe Ms Hewerdine, vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider steht Little Orchard momentan nicht für Vermietungen zur Verfügung, da ich mittlerweile selbst mit meiner Familie in dem Haus wohne. Ich bedaure sehr, dass ich keine positiveren Nachrichten für Sie habe, und wünsche Ihnen viel Glück bei Ihrer Suche nach einem alternativen Feriendomizil für Ihr

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