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Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
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Schmach, die Yorak ihr zugefügt hatte, vollkommen. Doch sie dachte nicht einmal daran.
    Also ging sie – nackt wie sie war – nach draußen, die Fackel in der Hand. Der Anblick, der sich ihr bot, war ernüchternd, doch sie hatte nichts anderes erwartet. Fackeln loderten auf und brannten sich in das verdorbene Fleisch der Ghule, Geißeln schlangen sich um Hälse oder Kniekehlen und rissen Hauptschlagadern auf. Aber auch Erinyen fielen hier und da Ghulen zum Opfer, wurden regelrecht entzweigerissen. Sterbende Leiber zuckten und wanden sich wie in grotesken Tänzen, während spritzendes Blut auf sie niederging.
    Dennoch behielten – und auch das hatte Zervana erwartet – die Erinyen die Oberhand. Sie waren den Ghulen eindeutig überlegen, sowohl was Disziplin als auch ihre bloße Anzahl betraf. Daher dauerte es nicht lange, bis die Ghule flohen und sich nach und nach zerstreuten.
    Zervanas Blick fiel auf eine tote Erinya, und sie erwog einen Augenblick lang, sich ihren Umhang überzuwerfen. Doch einerseits war sie dafür viel zu stolz, andererseits erinnerte sie sich in diesem Augenblick an Yoraks Worte. Wenn die Glut der Fackel auf Euren nackten Körper fällt, werdet Ihr eine Fackelstreiterin in ihrer ursprünglichsten Form sein . Ob Yorak geahnt hatte, welche Kraft ihr diese Worte gaben, was sie in ihr bewirkten?
    Alles in ihr begehrte auf, rebellierte gegen die Schmach, die der Verräter über sie gebracht hatte, und gegen die drohende Niederlage. Sie wusste, dass die nächsten Momente über Leben und Tod entscheiden würden. Unerschrocken erhob sie ihre Fackel und lenkte ihre Kraft in die Flammen.
    »Erinyen!«, schrie Zervana so laut sie konnte. Ihr war durchaus bewusst, dass nicht alle ihre Streiterinnen sie hören würden, denn sie waren zu weit in diesem Tal verstreut. Aber es musste genügen, wenn sich ihr jene zuwandten, die sich in ihrer Nähe befanden. Und tatsächlich schauten viele zu der Gestalt auf, die sich ihnen ohne Kleidung, nur mit der brennenden Fackel in der Hand, präsentierte.
    »Seht mich an!«, fuhr sie fort. »Ich bin Zervana von Myrador und stehe vor euch, so wie an dem Tag, an dem wir den Bund des Blutes schlossen: ohne Kleidung, nur die Fackel in der Hand. Deshalb hört mich an, Erinyen!«
    Sie versuchte, ihren Blick in so viele Augenpaare wie möglich zu bohren. »Es war Yorak, der nicht nur uns, sondern auch die Ghule verraten hat. Er war es, der Hanafehls Kopf nahm! Ein rascher Tod wäre für diesen Verräter zu milde gewesen. Müssten wir unsere Zeit nicht einem weitaus höheren Ziel widmen als diesem Verräter, hätte ich persönlich dafür Sorge getragen, dass sein Sterben tagelang dauert. Doch so habe ich entschieden, ihn zu verstoßen! Er soll sein Leben als Gejagter, als Geächteter fristen, bis er gefangen wird. Jede Erinya wird reichlich entlohnt werden, wenn sie mir Yorak bringt – und zwar lebend.«
    Zervana warf einen prüfenden Blick auf die Menge. Die Fackelträgerinnen wunderten sich bestimmt darüber, dass sie Yorak nicht bereits gefangen hielt. Doch sie hoffte, ihr etwas schwacher Erklärungsversuch, ihn wegen der Dringlichkeit ihres Eroberungszuges laufen zu lassen, würde genügen. Allerdings wollte sie ihren Streiterinnen auch nicht zu viel Zeit zum Nachdenken geben, daher sprach sie weiter, um ihre Gedanken auf ein anderes Thema zu lenken.
    »Habt ihr nicht alle einst den Rausch genossen, als ihr den Bund des Blutes eingegangen seid?«
    Einige Erinyen nickten zögerlich.
    »Ich möchte, dass ihr alle euch daran erinnert, wie es war, damals, als die Hitze eurer Fackeln durch eure nackten Körper brandete. War es nicht berauschend, dieses Gefühl von Macht und Stärke?«
    Die eine oder andere Fackel loderte etwas heller. Ein gutes Zeichen!
    »Und was habt ihr geantwortet, als ihr gefragt wurdet, ob ihr das Kratertal bezwungen habt?«
    »Mit Geist und Blut hab ich bezwungen die dunkle Brut«, riefen einige.
    »Ich kann euch nicht hören, Erinyen!« Zervana streckte ihre Fackel empor und ließ sie mit aller Kraft brennen.
    »Mit Geist und Blut hab ich bezwungen die dunkle Brut«, erklangen die Worte aufs Neue, lauter dieses Mal und aus mehreren Kehlen.
    »Und ertragt ihr auch die Hitze der züngelnden Flammen der Erde?«, rief Zervana die nächste rituelle Frage.
    »Mit Geist und Blut, selbst wenn das Feuer auf meinem Antlitz ruht!«
    »Und wollt ihr flammenden Fels euer Eigen nennen bis ans Ende eurer Tage?«
    »Mein Leben lang mit Stolz und Mut, bis mein Geist

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