Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
Blick und sah die Palisaden aus zugespitzten Holzpfosten, die ein Gebiet von schätzungsweise fünfhundert Halblingsschritten eingrenzten. Von den mit Kartoffelschnaps gefüllten Fässern war nichts zu sehen, so wie es sein sollte. Neben diversen Holzstapeln, die als zusätzliches Brennmaterial dienten, standen auch zwei Katapulte hinter der ersten Palisade. Die beiden Waffen sahen aus wie riesige Armbrüste. Anstelle einer Pfeilauflage gab es eine breite Rinne, in die man große Steine legen konnte. Ein quer dazugelegter Holzbogen wurde mit einer Kurbel gespannt und schleuderte dann die Geschosse auf den Feind.
»Wenigstens haben sie sich einen guten Ort dafür ausgesucht«, lobte Talegrin die Anstrengungen der Halblinge, die die Barrikaden errichtet hatten. »Das Gelände ist unwegsam, und der Erenin tobt an dieser Stelle wie ein wütendes Biest. So können die Fackelweiber wenigstens nicht an den Barrikaden vorbei durch den Fluss schwimmen.«
Elvor nickte zustimmend. In der Tat strömte der Erenin in dieser Gegend über scharfkantiges Gestein hinweg und stürzte immer wieder kleinere Schluchten hinab, in denen alles, was die Wassermassen einmal erfasst hatten, einen raschen Tod finden würde.
»Ich frage mich ohnehin, ob ihre Fackeln dann verlöschen würden«, überlegte Boglin und zwirbelte eine seiner roten Locken um den Finger.
»Wir fangen eine und werfen sie einfach hinein«, schlug Bremlin vor.
»Gute Idee«, rief Talegrin. »Am besten ihr springt gleich hinterher und seht, was geschieht!« Der alte Veteran schüttelte grinsend den Kopf.
»Lasst uns weitergehen!«, sagte Elvor und überquerte das kleine Plateau, bis ein steiniger Pfad bergab führte.
Diesem folgten sie und erreichten wenig später die beiden Barrikaden. Hier gesellten sich Elvor und Talegrin zu den anderen, die auf einem notdürftig errichteten Wehrgang hinter dem ersten Palisadenzaun warteten. An die tausend Halblinge hatten sich im Tal verteilt, die einen mit Pfeil und Bogen bewaffnet, andere mit Steinschleudern – nichts, was die Erinyen für immer aufhalten könnte. Der Hauptplan bestand ohnehin darin, sich hinter die zweite Abgrenzung zurückzuziehen, sobald die vorderste Reihe nachgab. Halblinge, die sich in den umliegenden Berghängen verschanzten, würden dann die Fässer lösen und dabei die ersten Feinde erschlagen. Brandpfeile sollten dann den Hochprozentigen entzünden und noch weitere Feinde in den Tod reißen.
Während sich die Halblinge aus Elvors Truppe einen Platz hinter dem ersten Palisadenzaun suchten, stießen Elvor und Talegrin auf dem Wehrgang zu Ambrin, der sich gerade mit Brim Mühlenstein und Eren Langschild unterhielt. Die beiden anderen Ratsmitglieder, Helebert Wassertreter und Talund Krugbrecher, waren nicht mitgekommen, denn ihre Aufgabe war es, Frauen, Kinder und Greise nach Nordbruch zu bringen.
Elvor fiel auf, wie besorgt Brim aussah. Seine Wangen waren eingefallen, sein blauer Mantel schmutzig. Als er Elvor schließlich bemerkte, kam er gleich herbeigeeilt. »Wie viele habt ihr erschlagen?« Auch Ambrin und Eren sahen ihn und Talegrin hoffnungsvoll an.
»Das wissen wir nicht«, entgegnete Elvor. »Nebel lag in den Tälern und hat uns die Sicht versperrt.«
»Verstehe.« Brim klang ein wenig enttäuscht, doch versuchte es zu verbergen.
»Irgendeine Spur von Bronn?«, fragte Ambrin.
»Oder Enna und Jorim?«, fügte Brim hinzu.
Betreten schüttelte Elvor den Kopf. Einen Moment lang zögerte er, dann erzählte er, was sie vorgefunden hatten. Er tat dies so leise wie möglich, sodass nur Brim, Eren und Ambrin ihn verstehen konnten. Ihre Gesichter wurden bleich, fast wie der weiße Sand an den Stränden der Gräsernen Furt.
Brim fasste sich als Erster. »Das darf niemand erfahren!«, stieß er hervor. Kurz sah er sich verstohlen um, dann beugte er sich ein Stück nach vorn, um den anderen besser zuflüstern zu können. »Jeder, der hier steht, hofft auf die glorreiche Rückkehr des großen Bronn Sternenfaust«, erklärte er leise. »Immer wieder werfen die Halblinge Blicke zum Himmel und warten, dass eine Schar Drachen mit Bronn und den Borkenfeuers auf dem Rücken herbeigeflogen kommt.« Brim senkte die Stimme noch mehr. »Auch wenn Bronn Sternenfaust eine letzte Heldentat vollbracht und verhindert hat, dass eine Vorhut der Erinyen in Westendtal einfällt, wird es unser Volk völlig niederschmettern, wenn es erfährt, dass er tot ist!«
Elvor nickte. Jetzt, da es von Brim Mühlenstein, einem
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