Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
als sich Moydanas Zähne schmerzhaft in die weiche Haut ihrer Oberschenkel bohrten. Diese Erinya wusste, wie man sie auf den Gipfel der Lust brachte. Zervana hatte dies geahnt und sie deshalb zu ihrer Gespielin auserkoren. Umso mehr ärgerte sie sich, als jemand an die schwere Holztür klopfte. Während Moydana auf die zerwühlten Kissen sank, erhob sich Zervana und warf sich ihren ledernen Umhang über, dann öffnete sie die Tür. Eine jüngere Erinya, entstanden aus der Verbindung mit einem Menschen, stand dort und verneigte sich tief. Ehrfurcht und Unsicherheit standen in ihren Augen, als sie sich zögerlich aufrichtete.
»Sprich«, forderte Zervana sie ungeduldig auf.
»Yorak schickt mich. Der Fürst der Ghule ist gekommen.«
» Fürst der Ghule?«, wunderte sich Zervana über die seltsame Anrede. Vermutlich hatte sie sich dieser Ghul selbst ausgesucht.
»Ja, Hanafehl«, fügte die Erinya hinzu.
»Jetzt? Um diese Zeit?«
Die Erinya nickte und wich einen Schritt zurück.
Zervana presste die Zähne aufeinander, sodass sie knirschten. Zum Höchststand der Sonne hatte sie verlangt, und der verruchte Ghul erschien, wenn die Nacht am dunkelsten war! Mit leichtem Bedauern wandte sich Zervana zu Moydana um, doch die stand bereits hinter ihr. Kein Kleidungsstück bedeckte ihre äußerst helle Haut, nichts umhüllte die markanten Hüftknochen, die Zervanas Lippen noch vor wenigen Augenblicken liebkost hatten. Lediglich Zervanas Fackel und die tödliche Geißel hielt sie in ihren Händen und reichte sie nun ihrer Herrin.
»Auch jetzt scheinst du meine Gedanken zu kennen, Moydana.«
Die Erinya verneigte sich. »So, wie Ihr es wünscht.«
»Du sollst noch häufig Gelegenheit erhalten, meine Gedanken zu lesen.«
Ein Lächeln zeigte sich auf Moydanas Gesicht. Zervana zog indes ihre Stiefel an, hüllte sich in ihr Gewand und ergriff die Peitsche, die sie mit wenigen geschickten Handgriffen zusammenlegte und in das Halfter an ihrer Hüfte steckte. Dann streckte sie den Arm aus, und ihre Finger schlossen sich langsam um die Fackel. Dies war ein berauschender Moment für jede Erinya, denn dann verband sich die Fackel mit dem Lebensodem ihrer Trägerin. Kurz erwägte Zervana, diese tödliche Waffe in das zweite eigens dafür angefertigte Lederhalfter zu schieben, doch sie entschied sich dagegen. Mit dem Wahrzeichen aller weiblichen Erinyen in der Hand wäre ihr Auftreten nur umso beeindruckender.
Schließlich machte sie sich auf den Weg zum Thronsaal. Sie ließ sich Zeit, nun wollte sie Hanafehl warten lassen.
Als sie jedoch den Thronsaal betrat, wallte abermals Zorn in ihr auf, denn lediglich zwei Dienerinnen standen links und rechts des steinernen Thrones. Fackeln erhellten den Raum, flackerten unstet auf dem grauen Stein des alten Gemäuers.
Nun gut, soll er mich auf meinem Thron sitzend erblicken und zu mir aufschauen . Zervana stieg erneut die Stufen zum Thron empor. Sie ließ sich nieder, und zu ihrer Freude sorgte das menschliche Leder für ein deutlich bequemeres Sitzen.
Sie fixierte die beiden Türflügel, und nur das rhythmische Klopfen ihrer Mittel- und Zeigefinger offenbarte ihre Ungeduld. Irgendwann vernahm sie Schritte und richtete sich auf. Jemand stieg draußen die steinernen Stufen empor, und es klang, als würden Klauen über Stein kratzen. Das Geräusch erstarb, dann wurden die Türflügel aufgestoßen, sodass das Licht des Mondes auf den steinernen Boden fiel. Zusammen mit Yorak trat Hanafehl, der Fürst der Ghule, ein. Die Klauen an seinen großen, nackten Füßen schabten über den Boden, während ihm zwei kleinere Ghule leise folgten. Zervana war überrascht – auch wenn sie das natürlich nicht zeigte. Im Gegensatz zu den anderen Ghulen war Hanafehl ungewöhnlich groß; hätte er sich vollends aufgerichtet, wäre er so groß wie Yorak gewesen. Außerdem verwunderten Zervana seine wachen, intelligenten Augen. Hatten die meisten Ghule eher milchig trübe Augen, waren die von Hanafehl weiß und klar, mit einer Iris in hellem, kaltem Blau, das an Eis erinnerte. Hanafehl war mit einem Lendenschurz aus dickem Leder bekleidet, ansonsten war sein Körper unbedeckt. Zervana musterte die kräftigen Beine des Ghuls, dann den drahtigen Oberkörper und die langen Arme, die in übergroßen, mit Klauen bewehrten Händen endeten. Die Schultermuskulatur war extrem ausgeprägt, ebenso die Kiefermuskulatur. Die Nase der Kreatur ragte mit auffallend großen Nasenlöchern aus dem Gesicht. Kein einziges Mal sah
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