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Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
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zu bedenken.
    »Das wird es nicht«, entgegnete Enna.
    »Und woher weißt du das?«
    Enna zuckte mit den Schultern. »Ich habe einfach ein gutes Gefühl.«
    »Gefühl«, Elvor schüttelte den Kopf, »das kann einen auch trügen. Aber was soll’s, wir haben uns ohnehin verirrt.« Er warf einen finsteren Blick auf Nespur, woraufhin der Fährtenleser sein Auge zusammenkniff.
    »Wohl dem, der im rechten Moment zu schweigen weiß«, sagte er bloß und wollte sich schon abwenden. Doch er drehte sich noch einmal Elvor zu und hob einen Finger. »Deine Stunde wird noch kommen, Sternenfaust. Dann kannst du dich beweisen.«
    »Das werde ich.« Elvor zwinkerte Enna zu und streckte die Hand vor. »Nach dir, werte Enna.«
    Jorims Schwester ignorierte seine Geste und stapfte hinter Nespur her. Jorim folgte ihr, und auch Elvor und Jul schlossen sich ihnen an.
    Das Irrlicht führte sie tiefer hinein in den Wald, der zunehmend bizarre Formen annahm. Felsnadeln ragten aus dem weichen Waldboden empor und streckten sich beinahe ebenso weit in die Höhe wie die Bäume. Dazwischen lagen viele mit Moos überzogene Findlinge. Auf manch einem wuchsen gar Bäume, deren Wurzeln an knorrige, alte Hände erinnerten, die den ganzen Fels in ihrem eisernen Griff hielten.
    Nach und nach verdichteten sich Fels und Wald zu einem undurchsichtigen Labyrinth.
    »Wo, wenn nicht in einem Labyrinth, sollte ein Irrlicht zu Hause sein?«, flüsterte Jorim Enna ins Ohr. Die schmunzelte und nickte zustimmend. »In der Tat, ein passender Ort.«
    Wenig später sahen sie einen hellen Schein im Wald, auf den das Irrlicht nun zuhielt. Es folgte einem schmalen Gang, der sie zwischen zwei hoch aufragenden Felsen hindurch und dann in eine Höhle führte, die sie kurz darauf auch schon wieder verließen. Dahinter kam eine große Lichtung zum Vorschein, die von Felswänden und Bäumen gleichermaßen umsäumt wurde. In der Mitte der Lichtung stand ein gewaltiger Baum, wie ihn Jorim noch nie gesehen hatte. Er überragte nicht nur alle anderen Bäume, sondern seine Krone war außerdem zu einem ausladenden Blätterbaldachin gewachsen, der die gesamte Lichtung überdeckte. Im borkigen Stamm des Baumes gab es unzählige Öffnungen, durch die zahlreiche Irrlichter ein und aus flogen. Erstaunt schauten die Halblinge nach oben. Es war, als blickte man in einen sternenübersäten Nachthimmel. So manch eines der Irrlichter schnellte nun herbei, tanzte über die Köpfe der Besucher hinweg und schien sich kurz mit dem Irrlicht, das die fünf hierhergeführt hatte, zu unterhalten. Zumindest glaubte Jorim, dass es sich bei dem Lichterspiel, das sie veranstalteten, um eine Unterhaltung handelte. Dann verschwanden sie jedoch wieder.
    »Dies ist unsere Lichtung«, hallte die klare Stimme des kleinen Wesens durch die Nacht. »Ruht euch aus und sorgt euch nicht. Für den Rest dieser Nacht sollt ihr unbehelligt bleiben.« Ein Lächeln breitete sich plötzlich auf dem feinen, etwas spitz zulaufenden Gesicht aus. »Eine ungewöhnliche Wortwahl für ein Irrlicht, meint ihr nicht?«
    Jorim musste schmunzeln, war sich aber nicht sicher, ob die anderen, von Enna mal abgesehen, diese Bemerkung verstanden hatten.
    »Wie ist eigentlich dein Name?«, fragte er.
    »Licht.«
    »Dein Name ist Licht?«
    »Nein, natürlich nicht«, erwiderte das Licht mit einem Lachen, das wie helle Glöckchen klang. »Namen, so wie die meisten Wesen sie haben, gebrauchen wir nicht. Wir alle«, eine kleine Hand wies auf die anderen Irrlichter, »erkennen einander an dem unterschiedlichen Leuchten. Ein jeder von uns ist einzigartig. So brauchen wir uns keine Namen zu geben.«
    »Hm.« Jorim wurde nachdenklich. Er konnte eigentlich keine großen Unterschiede erkennen, aber für ein Irrlicht mochte dies vermutlich ganz anders sein.
    »Nun lasst euch nieder und sammelt Kraft!«, rief das Irrlicht. Daraufhin verschwand es und wurde zu einem der vielen tanzenden Lichtpunkte an diesem geheimen Ort.
    Schon bald übermannte eine bleierne Müdigkeit die fünf Gefährten, und so errichteten sie ihr Nachtlager im Eingang einer Höhle, die sie in einem Felsen vorfanden. Nach einem kurzen Abendessen kramte Enna einen weiteren Umhang hervor – gut, dass sie an einen Ersatz gedacht hatte! – und reichte ihn Jorim. »Hier, nimm den. Aber sei gewarnt, das ist der letzte, den ich habe!«
    Dankbar nahm ihn Jorim entgegen, hüllte sich ein, und schon bald fielen er und seine Kameraden in tiefen Schlummer.
    Es war das Licht des neuen Morgens,

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