Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
erwiderte Jorim.
»Solange ich denken kann«, sinnierte Enna, »sind die Erinyen niemals über ihre Grenzen hinausgewandert. Nie haben wir von ihresgleichen gehört.«
»Wie es scheint, haben sie eine neue Herrscherin«, erklärte Nespur. »Und sie sind erstarkt, haben eine riesige Armee. Gemeinsam mit den Ghulen sind sie fast unbesiegbar.«
»Ich frage mich, wie Bronn Sternenfaust sie aufhalten soll.« Juls Worte sorgten für betretenes Schweigen.
Elvor wollte wohl protestieren, doch ohne etwas zu sagen, schloss er wieder den Mund und starrte auf den Boden vor sich. Auch Jorim hatte sich schon des Öfteren gefragt, ob sein Vorschlag, Bronn Sternenfaust zu suchen, wirklich ein so guter Einfall gewesen war oder ob sie nicht einer vergeblichen Hoffnung, geboren aus einer Legende, hinterherliefen.
»Unsere Aufgabe ist beschlossen«, stellte Nespur klar und hob seinen pelzigen Fuß über einen dicken Maulwurfhügel hinweg. »Wir setzen einen Fuß vor den anderen und suchen Bronn.«
»Genau«, fügte Jorim nun wieder entschlossener hinzu, »manchmal findet man nicht, wonach man sucht, doch es mag einem ungleich Besseres widerfahren!«
Enna blickte ihn überrascht an, und Jorim hob verlegen die Schultern. »Na ja, ich meine, man weiß doch nie, was einem unterwegs so passiert.«
Enna erwiderte nichts, zog lediglich die Stirn kraus und erschien Jorim recht nachdenklich.
Nachdem Nespur sie angewiesen hatte weiterzuwandern, nahmen sie den Rest des Weges in Angriff, der sie endgültig aus den Bergen hinausführen würde.
Der letzte Abhang, auf den sie schließlich zusteuerten, war nur über einen schmalen steinigen Grat zu erreichen. Links und rechts taten sich Schluchten auf, die an einen gigantischen Schlund erinnerten. Ehrfürchtig schritten sie voran, versuchten, nicht einen Fehltritt zu tun.
Es war Elvor, der mit seinem pelzigen Fuß auf einige lose Steine trat. Prompt gab das Geröll nach, er strauchelte und fiel. Hektisch ruderte er noch mit den Armen, doch es war zu spät: Der Halbling rutschte mit einem Schrei des Entsetzens über die Kante hinweg, seine Hände suchten vergebens Halt – und er verschwand außer Sichtweite.
Jul, der unmittelbar hinter ihm gelaufen war, hechtete nach vorne, warf sich flach auf den Bauch und blickte hinab in den Abgrund. Auch die anderen kamen herbei. Sie warfen sich ebenfalls zu Boden und schoben sich rasch zur Kante vor, um zu sehen, wo Elvor abgeblieben war.
Dieser war auf einem dicken Felsbrocken unter ihnen gelandet, auf dem er – seinen großen Füßen sei Dank! – Halt gefunden hatte. Allerdings lag der große Stein recht lose auf einem Abhang und neigte sich bei jeder Bewegung des Halblings gefährlich in Richtung Abgrund.
»Schnell, holt mich hier raus!«, schrie Elvor. Seine Augen hatten sich ängstlich geweitet, und er streckte ihnen eine Hand entgegen. Mit der anderen klammerte er sich an die Felswand vor ihm.
»Du darfst dich nicht bewegen«, ermahnte ihn Nespur mit betont ruhiger Stimme.
»Bitte, ich will nicht sterben!« Elvor ruderte hektisch mit einem Arm, um sein Gleichgewicht zu halten, und blickte derart panisch zu ihnen herauf, dass Jorim sich fragte, wo plötzlich der selbstbewusste Nachkomme von Bronn Sternenfaust abgeblieben war. Derweil schob sich Jul Stück für Stück vor, streckte die Hände nach unten und versuchte näher an Elvor heranzukommen.
»Wir halten dich fest, Jul!«, rief Enna und warf sich auf Juls linkes Bein, während Jorim das rechte packte, um ihm Halt zu geben.
Elvor streckte sich, mühte sich ab, irgendwie die helfenden Hände zu ergreifen – doch erneut rutschte der Stein eine Handbreit weiter nach unten. Viel fehlte nicht mehr, und er würde in die Schlucht stürzen und Elvor unweigerlich mit sich reißen.
»Helft mir doch endlich!« Elvors Stimme wurde weinerlich. Er starrte entsetzt in den Abgrund.
»Schau gefälligst mich an und beweg dich nicht!«, brüllte Nespur. »Du machst alles nur noch schlimmer.«
»Ich will nicht sterben!«
»Mein Auge«, Nespur deutete mit seinem Finger darauf, »sieh es an!«
Elvor nickte mit aufgerissenem Mund, schluckte dann schwer und leckte sich über die Lippen. Jul robbte noch etwas weiter nach vorn, Jorim und Enna hielten ihn fest. Dennoch reichte es nicht, er kam nicht nahe genug an Elvor heran.
»Du musst springen«, rief Jorim nun Elvor zu.
Dieser schüttelte den Kopf. »Dann werde ich endgültig nach unten gerissen.«
»Es ist die einzige Möglichkeit.«
»Ich kann
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