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Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
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Antlitz.«
    »Es heißt, wer das Auge einer Erinya erblickt, fällt dem Wahnsinn anheim und wird nie wieder gesund«, flüsterte Jorim, ohne den Blick von der Höhle zu nehmen. »So zumindest hat Vern es mir irgendwann einmal gesagt.«
    »Ja, so ist es«, pflichtete Elgo ihm bei. »Die haben etwas Böses in ihren Augen, das ich nicht beschreiben kann. Dennoch sind wir Halblinge gegen die Blicke der Erinyen besser geschützt als andere.«
    »Ist ja auch kein Wunder«, überlegte Jul laut. »Wir haben eine andere Vorstellung von dem, was schön und was hässlich ist.«
    »Stimmt«, entgegnete Elvor und zwinkerte Enna zu. »Enna ist schön, aber doch nicht diese ausgemergelten, vertrockneten Krakelfichten dort unten.«
    Enna blickte Elvor verblüfft an, öffnete den Mund, schloss ihn aber sogleich wieder. Es schien, als hätte er ein klein wenig seines Selbstvertrauens zurückgewonnen – das wollte sie nicht zerstören.
    Jorim hätte um ein Haar losgeprustet. »Aber was Unansehnlichkeit angeht, übertrifft Helebert Wassertreter diese wandelnden Umhänge bei Weitem.«
    »Interessant, eure Betrachtungsweise«, sagte Nespur, der das alles nicht besonders komisch fand. »Doch mir scheint, eure Erkenntnis ist unserem Vorhaben wenig dienlich.«
    »Ist doch bloß Geschwafel«, erwiderte Elgo abwinkend, »wenn auch recht amüsant. Ich habe aber noch etwas anderes gemeint, als ich sagte, Halblinge seien besser gegen die Blicke der Erinyen geschützt als andere.«
    »Was denn?«, hakte Jul nach.
    »Ich habe herausgefunden«, er hob einen Finger in die Luft und griff mit der anderen Hand in die Innentasche seines Umhangs, »dass uns das grausame Erinyen-Antlitz unter einem Umstand nichts anhaben kann, und zwar im Rausche, denn da sind wir entspannter!« Mit diesen Worten zog Elgo seine Hand wieder hervor und winkte mit einer Flasche. »Borkenschnaps! Trinkt den, und der Blick des grässlichen Weibsvolkes prallt an euch ab!«
    Alle schwiegen und sahen den sonderlichen Halbling an. Es war Enna, die als Erste sprach.
    »Das ist nicht dein Ernst? Der Trank hat deine Sinne vernebelt!«
    »Mitnichten, holde Halblingsmaid, mitnichten.« Elgo hielt den anderen die Flasche hin.
    »Und woher hast du den überhaupt?«, wollte Jorim nun wissen.
    »Die Menschen im Dorf haben ihn gebraut, nach meiner Anleitung.« Elgo richtete die Flasche auf Nespur. »Wir haben dort übrigens so einige Fässer zurückgelassen, die mit dem edlen Gebräu gefüllt waren.«
    »Oh«, entfuhr es Jorim bedauernd.
    »Elgo«, Nespur fasste den ergrauten Halbling am Kragen und zog ihn zu sich heran, »du willst doch nicht etwa vorschlagen, wir sollten die anderen Halblinge im Vollrausch befreien?«
    Elgo hob die Achseln. »Nun ja, zumindest sollten wir uns einen kleinen Schwips antrinken. Zur Sicherheit.«
    Nespur ließ ihn los, schüttelte den Kopf und seufzte.
    »Wir brauchen einen besseren Plan«, warf Jul ein. »Außerdem wissen wir nicht einmal, ob sich Halblinge in diesem Stollen befinden.«
    Er zeigte auf den abendlichen Höhleneingang, zog seine Hand jedoch rasch wieder zurück, als hätte er sich verbrannt. »Seht nur«, stammelte er und duckte sich.
    Die anderen taten es ihm gleich und spähten hinüber. In der Mine polterte es, ein Schnauben war zu hören, und kurz darauf wurden Schatten sichtbar.
    Die sechs Halblinge hielten den Atem an und blickten wie gebannt auf den Eingang der Höhle.
    Dort unten lösten sich aus der Dunkelheit des Stollens zwei Karren, die von je einem kleinen Pferd ins Freie gezerrt wurden. Jorim konnte es kaum fassen – doch tatsächlich wurde jedes Fuhrwerk von Halblingen, insgesamt fünf, begleitet. Sie hatten die Gefangenen gefunden.

13. DIE HOHE WAND VON MYRADOR
    Verdreckt, zerlumpt und erschreckend abgemagert schlurften die Halblinge neben den Pferden her. Auch die Tiere schritten mit gesenkten Köpfen dahin und boten einen nicht minder erbärmlichen Anblick. Ihre Rippen waren selbst in der Dunkelheit sichtbar, die Kruppen ragten ebenso spitz in die Höhe, wie die Hüftknochen zur Seite herausstachen. Vielleicht entsprachen sie damit sogar dem Schönheitsideal der Erinyen.
    Von diesen kaum beachtet, lenkten die Halblinge die Wagen nach rechts, direkt in die Richtung der Gefährten. Die duckten sich rasch.
    »Was tun sie da?«, flüsterte Jul.
    Nespur hob kurz den Kopf und spähte über den Vorsprung, ehe er wieder in Deckung ging. »Sie halten genau auf uns zu.«
    Gebannt lauschten sie, wie die Geräusche der rollenden Wagen

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