Der Kampf des Geisterjaegers
glaubte, wäre er nur ärgerlich geworden. In ihrem Brief hatte meine Mutter geschrieben, dass das fleischgewordene Böse bald auf der Erde wandeln würde. Damit meinte sie den Satan. Sie hatte schon einmal recht gehabt. Wenn sie diesmal ebenfalls recht behielt, dann würde es uns nicht gelingen, den Sabbat an Lammas zu verhindern, und der Teufel würde auf die Welt losgelassen werden.
Bald wurde es dunkel, und während wir im Licht und der Wärme des Feuers aßen, fühlte ich mich so wohl wie seit Tagen nicht mehr. Immerhin hatte Mama ihre düsteren Worte durch Optimismus abgemildert. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, woher ich die Kraft nehmen sollte, mich dem Teufel zu stellen, aber ich musste darauf vertrauen, was sie glaubte.
Nach einer Stunde beschlossen wir, uns etwas auszuruhen. Nach allem, was geschehen war und der Freude darüber, James, Alice und den Spook wiederzusehen, war mir klar, dass ich nicht würde schlafen können, also übernahm ich freiwillig die Wache. Das war besser, für den Fall, dass die beiden Lamias hier herumschnüffelten. Ich war mir sicher, dass James und ich nicht auf ihrer Speisekarte standen, aber bei den anderen war ich mir nicht so sicher. Zuerst hatte ich vor, James zu erzählen, dass es seine Tanten waren, aber je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass das keine gute Idee war. Obwohl ich bereits über ein Jahr der Lehrling des Spooks war, konnte ich mich selbst nur schwer mit dem Gedanken anfreunden, dass die beiden Wesen tatsächlich Mamas Schwestern waren. Für James musste die Vorstellung noch viel absurder sein. Daher beschloss ich nach reiflicher Überlegung, dass ich es ihm nicht sagen würde, wenn es nicht absolut notwendig war.
Der Spook und Alice schliefen bald ein, doch nach einer Weile stand James auf, legte einen Finger an die Lippen und wies vom Feuer weg zur gegenüberliegenden Wand, wo Mamas Truhe stand. Ich folgte ihm dorthin.
»Ich kann nicht schlafen, Tom«, sagte er. »Hast du vielleicht Lust, dich eine Weile mit mir zu unterhalten?«
»Natürlich gerne, James. Es ist wirklich schön, dich zu sehen. Es tut mir nur leid, dass die ganze Angelegenheit so schrecklich ist. Ich glaube, das ist alles meine Schuld«, erzählte ich ihm. »Lehrling eines Spooks zu sein, scheint das Unheil nur so anzuziehen. Ellie und Jack hatten immer Angst, dass so etwas einmal passieren könnte ...«
James schüttelte den Kopf. »Da steckt mehr dahinter, Tom. Viel mehr. Mama wollte, dass du diesen Beruf ergreifst. Sie wollte es mehr als alles andere auf der Welt. Das hat sie mir bei Vaters Beerdigung gesagt. Und noch etwas: Sie hat mich beiseitegezogen und mir gesagt, dass das Böse auf der Welt stärker wird und dass wir dagegen kämpfen müssen. Sie bat mich, wenn die Zeit gekommen sei, auf den Hof zurückzukehren und Jack und seine Familie zu unterstützen. Und ich habe zugestimmt.«
»Du willst dort leben?«, fragte ich.
James nickte. »Warum nicht? In Ormskirk hält mich nichts. Es gab da ein Mädchen, das ich wohl gern mochte, aber es ist nichts daraus geworden. Sie hat letztes Jahr einen der ortsansässigen Bauern geheiratet. Eine Zeit lang war ich verletzt, aber das Leben geht weiter. Ich könnte Jack auf dem Hof zur Hand gehen, wenn viel zu tun ist. Ich habe sogar daran gedacht, dort eine Schmiede hinter der Scheune aufzubauen.«
»Da würdest du wohl Arbeit bekommen, aber nicht genug, um davon zu leben«, erklärte ich. »In Topley arbeiten jetzt zwei Schmiede, zu denen alle gehen.«
»Ich habe gedacht, ich könnte vielleicht nebenbei auch noch etwas Bier brauen. Daher hat Vaters Hof doch seinen ursprünglichen Namen.«
Damit hatte er recht. Früher, lange bevor Mama ihn für meinen Vater gekauft hatte, wurde der Hof »Brauereihof« genannt und hatte die umliegenden Höfe und Dörfer mit Bier versorgt.
»Aber du verstehst doch gar nichts vom Bierbrauen!«, wandte ich ein.
»Nein, aber ich erkenne ein gutes Bier, wenn ich es schmecke«, entgegnete James grinsend. »Das kann ich doch lernen, oder? Wer weiß, was man alles erreichen kann, wenn man sich nur anstrengt! Was ist los, Tom? Du siehst aus, als würdest du dich nicht sonderlich darüber freuen, dass ich wieder nach Hause komme. Ist es das?«
»Natürlich nicht, James. Ich mache mir nur Sorgen, das ist alles. Die Hexen von Pendle wissen jetzt, wo der Hof ist. Egal was wir hier tun, es wird nicht vorbei sein. Es wird nie vorbei sein. Ich will nicht, dass noch einer meiner Brüder
Weitere Kostenlose Bücher