Der Kampf des Geisterjaegers
uns anhalten.
»Das ist schrecklich, Junge«, sagte er leise. »Hier befinden sich gequälte Geister. Es sind mehr an diesem Ort gefangen, als ich jemals zuvor gesehen habe. Ich kann sie nicht einfach so zurücklassen ...«
»Geister? Was für Geister?«, fragte James und sah sich nervös um.
»Das sind nur die Geister der Leute, die hier gestorben sind«, erklärte ich ihm. »Du brauchst keine Angst vor ihnen zu haben. Allerdings leiden sie sehr und müssen erlöst werden.«
»Ja«, sagte der Spook, »und es ist meine Pflicht, mich sofort darum zu kümmern. Ich fürchte nur, dass das eine Weile dauert. James, geh allein nach Downham. Du brauchst mich nicht. Es könnte sogar sein, dass es leichter für dich ist, die Dörfler zum Mitkommen zu bewegen, wenn ich nicht dabei bin. Bleib über Nacht und bring morgen so viele her, wie du dazu ermuntern kannst. Komm nicht durch den Tunnel - ich glaube, es würde zu viel Mut von den Dorfbewohnern verlangen, an diesem Verlies vorbeizugehen. Komm direkt zum Turm, dann werden wir die Zugbrücke herunterlassen. Und noch etwas: Ich würde den Tod des armen Pater Stocks nicht erwähnen. Es wäre ein schwerer Schlag für die Leute und keineswegs gut für ihre Moral. Was euch beide angeht«, wandte er sich an uns und sah uns abwechselnd an, »ihr macht euch nach Roughlee auf und bringt Jack, Ellie und das Kind hierher in Sicherheit. Ich hoffe, euch spätestens in ein paar Stunden wieder hier zu sehen.«
So schien es am besten zu sein, also ließen wir dem Spook eine Laterne zurück, und er richtete sich auf die langwierige Arbeit ein, die gequälten Seelen des Malkin-Turms zum Licht zu schicken. Dann setzten wir unseren Weg durch den Tunnel fort, Alice vorneweg und James dicht hinter mir.
Bald erreichten wir den See und Alice trat vorsichtig an den Rand und hielt die Laterne hoch. Plötzlich erfüllte ein fauliger Gestank meine Nase. Ich fühlte mich unsicher. Als ich das letzte Mal hier vorbeigekommen war, war die Wasseroberfläche unruhig gewesen, doch jetzt lag sie ganz still und spiegelte Alice’ Kopf und Schultern im Schein der Laterne so klar wider wie ein Spiegel. Dann sah ich auch, warum.
Der Wicht bewachte nicht länger den Tunnel. In mehreren Stücken trieb er auf dem Wasser. Der Kopf schwamm an der gegenüberliegenden Wand. Am anderen Ufer lag einer der riesigen Arme, die dicken, blutleeren Finger krallten sich in den Schlamm, als ob er versuchte, aus dem Wasser zu entkommen.
Alice wies auf den Pfad. Dort waren Fußspuren, aber nicht die eines Menschen. Sie stammten von einer der Lamias.
»Sie hat dir den Weg freigemacht, Tom«, sagte Alice. »Und wenn ich mich nicht sehr täusche, dann müssen wir uns auch keine Sorgen um irgendwelche Hexen machen.«
Wahrscheinlich hatte Alice recht, aber als wir um den See herumgingen, hatte ich wieder so ein unangenehmes Gefühl. Obwohl der Wicht eindeutig vernichtet war, hatte ich den Eindruck, als ob uns jemand beobachtete.
Schnell gingen wir am See vorbei, stiegen vorsichtig über die aufgedunsenen Finger und setzten unseren Weg fort, bis wir die Erdkammer erreichten. Einen Augenblick blieben wir stehen und lauschten nach Anzeichen von Gefahr, dann begaben wir uns in den letzten niedrigen Teil des Tunnels, in dem wir gezwungen waren, auf Händen und Knien zu krabbeln. Das war schwierig, doch schließlich schoben wir uns durch die Öffnung hinter dem Knochenregal in das Mausoleum hinein. Als ich hinauskletterte, klopfte sich Alice den Staub von der Kleidung. Sie hielt die Laterne hoch und ich warf einen Blick auf die leeren Fußeisen in der Ecke. Die tote Maggie war fort, wahrscheinlich hatten ihre Angehörigen sie auf ihrer Flucht befreit.
Wir löschten die Laterne, die Alice hinter der Tür des Grabs versteckte, falls wir sie später noch einmal brauchen sollten. Draußen verabschiedeten wir uns schnell von James, der nach Norden in Richtung Downham ging, und kurz darauf machten Alice und ich uns auf den Weg durch den Wald nach Roughlee. Der Wind fegte durch das Unterholz und die Luft roch stark nach Sommerregen.
Eine Weile liefen wir schweigend nebeneinanderher. Der Himmel wurde immer dunkler, es begann zu regnen und ich wurde von Minute zu Minute unruhiger. Auch wenn ich Alice in der Regel vertraute, erschien es mir, je länger ich darüber nachdachte, immer unvorsichtiger, meine Familie bei einem Angehörigen der Deanes zurückgelassen zu haben.
»Diese Tante von dir - bist du sicher, dass man ihr trauen kann?«,
Weitere Kostenlose Bücher