Der Kartograph
spanische Krone in Besitz zu nehmen. Am 12. Oktober erreichte er eine kleine Insel in der Gruppe der Bahamas, kreuzte weiter durch die Inselwelt, setzte sich in Haiti fest und kehrte im März 1493 nach Europa zurück.
Der Streit zwischen Spanien und Portugal um die neu entdeckten Besitzungen fand im Vertrag von Tordesillas (7. Juni 1494) einen vorläufigen Abschluss. Die beiden Seefahrernationen teilten die so genannte «neue Welt» unter sich auf. Die Trennungslinie verlief auf dem 46. Grad westlicher Länge, 340 spanische Leguas (etwa 1170 Kilometer) westlich der Kapverdischen Inseln. Damit erhielt Portugal – ohne es zunächst zu wissen – einen Anteil am östlichen Vorsprung des amerikanischen Kontinents. Erst im April 1500 entdeckte eine zu weit nach Westen abgetriebene portugiesische Ostindien-Flotte dieses Land und besetzte es.
Mehrere Expeditionen folgten. An einer von ihnen war auch der Florentiner Amerigo Vespucci beteiligt, lange Jahre in Diensten des Bankhauses und der Familie der Medici. Die Expedition von 1501/02 erreichte von Guinea aus über den Ozean die brasilianische Küste und folgte ihr nach Süden bis kurz vor die Mündung des Rio de la Plata. Über diese Fahrt hat Vespucci an Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medici berichtet. Dessen Inhalt wurde 1503 in Paris und dann in Latein sowie in anderen Sprachen in ganz Europa gedruckt. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts gab es mindestens 50 Editionen von Mundus Novus . Die deutschsprachige Ausgabe trug den Titel: «Von der neuw gefunden Region die wol ain welt genent mag weerden.»
Und spätestens mit der Erdumsegelung des Fernando Magellan, der am 20. September 1519 in See stach, war klar: Die Erde muss eine Kugel sein, sonst wäre er ja von ihrem Rand heruntergefallen. Magellan verlor bei dieser Reise sein Leben. Als er die Insel Mactan für Spanien erobern wollte, wurde er am 27. April 1521 getötet.
Die Entdeckung Amerikas wird meist Christoph Kolumbus zugeschrieben (12. Oktober 1492). Seine Erfolge waren bereits bei einigen seiner Zeitgenossen umstritten und sind es bis heute. Denn – ähnlich wie bei den Briefen Vespuccis – gab es auch bei den Kolumbusbriefen Fälschungen und gut gemeinte «Ergänzungen». Es ist kein Originalbrief von Kolumbus mehr erhalten. Das Festland erreichte wahrscheinlich als erster Giovanni Caboto (John Cabot).
Als eigener Kontinent wurde Amerika erst 1507 von Amerigo Vespucci erkannt und im selben Jahr von Martin Waldseemüller und Matthias Ringmann nach Vespucci als «America» benannt.
Seltsamerweise hat Waldseemüller den Namen America bei seinen späteren Veröffentlichungen nicht mehr verwendet. Er scheint sich unsicher geworden zu sein und nannte die neu entdeckten Gebiete Terra incognita. Offenbar war er sich auch unsicher bezüglich der Ausdehnung des neuen Erdteils. Denn in seiner berühmten Welt-Karte von 1507 lieferte er gleich zwei Versionen. Eine ununterbrochene Landmasse, die Süd- und Nordamerika umfasst, in der kleineren Abbildung. Die große Karte zeigt jedoch eine Meerenge dazwischen. Sie weist noch eine Besonderheit auf, die sich die Forschung nicht erklären kann: Auch die West- und nicht nur die Ostküste des heutigen Südamerika ist bemerkenswert detailliert und zutreffend dargestellt. Niemand weiß, woher Martin Waldseemüller diese Kenntnisse hatte. Vielleicht hat er sich ja wirklich mit Juan Vespucci getroffen. Eine solche Begegnung ist allerdings nicht überliefert.
Meiner Ansicht nach spricht einiges dafür, dass wichtige Erkenntnisse aus Vespuccis Reisen lange Zeit unter Verschluss gehalten wurden und möglicherweise auch deshalb der Nachwelt nicht erhalten geblieben sind. Zwar war das Wissen um die Entdeckung der neuen Welt in der damaligen Zeit – in der sich bereits die Wirren der Reformation ankündigten – nicht so viel beachtet, wie man heute annehmen könnte. Die Erkenntnis über einen neuen Erdteil setzte sich nach dem Erscheinen der Waldseemüller-Karte, dem Globus und der Introductio Ringmanns aber durch. Nach neueren Forschungen kam der Vorschlag, den neuen Erdteil America zu nennen, wohl zunächst von Ringmann, wurde aber dann von Martin Waldseemüller aufgegriffen. Die «Cosmographiae introductio» (editio princeps 25. April 1507) bestand der Konzeption nach aus einem neun Kapitel umfassenden lateinischen Einführungstext, zwei Karten und schließlich einer lateinischen Fassung der Berichte Amerigo Vespuccis über seine – vorgeblich – vier Reisen in die neue Welt.
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