Der Katalysator
stören, damit er sich auf seine Berichte konzentrieren könne.
Paul war eine offizielle Ausnahme. Die Patentabteilung hatte die Weisung erhalten, Seranes Labornotizen durchzusehen und sicherzustellen, daß alle seine Erfindungen durch Patentanträge abgedeckt waren. Pflichtschuldigst nahm Paul die Notizbücher aus dem Safe der Bibliothek und begann sie eines nach dem anderen durchzusehen.
Als er die Seiten umblätterte, wußte er, daß er die Bücher noch nie gesehen hatte. Aber gleichzeitig erschienen sie ihm vertraut. Woher? Seit wann?
Und war dies hier alles? Irgendwie kam es ihm so vor, als fehlte etwas. Hatte die Reihe der Aufzeichnungen nicht schon vor 1996 begonnen? Nein, das konnte nicht sein. Am 3. Januar 1996 hieß es: Mein erster Tag … Und dann hatte er es! Wie dumm von ihm! Serane hatte noch den Band von 2006. Den zehnten. Und Paul würde ihn nicht danach fragen.
Trotzdem war da noch etwas Geheimnisvolles an der ganzen Sache.
Langsam und Seite um Seite arbeitete er sich vor, und eine Reihe von Einträgen waren ihm neu. Es waren Arbeiten durchgeführt worden, die niemals in die routinemäßig verteilten Laborberichte Eingang gefunden hatten und die vermutlich nie zu Patentanträgen entwickelt worden waren. Paul stellte einen kompletten Satz von Seranes alten Laborberichten zusammen und verglich diese Berichte mit den Notizen. Er fand Dutzende von Lücken.
Er holte Marggold herbei und zeigte ihm die Dokumente, die er auf seinem Tisch ausgebreitet hatte. Marggold war nicht beeindruckt. „Ich habe nie geglaubt, daß die Patentabteilung mit Serane würde Schritt halten können. Aber zumindest scheinen Sie unseren Teil dieser Arbeit damit abgegrenzt zu haben. Es ist eine Menge Arbeit, aber ich schlage vor, daß Sie die Bücher mit Serane zusammen durchgehen, eines nach dem anderen.“
„Werde ich ihn damit in Schwierigkeiten bringen? Kussman läßt ihn Berichte schreiben.“
„Ich rede mit Kussman. Sie machen weiter. Halten Sie es in einem vernünftigen Umfang – sagen wir, etwa eine Stunde täglich.“
Was daraus folgte, war eine Art Orgie. Als erstes jeden Morgen die Diskussion mit Serane. Das Planen der Arbeit. Mittags Schach. Nachmittags dann die Patentanträge diktieren. Für Paul war es eine Phase von manischer Trunkenheit, und er hatte den Eindruck, daß für Serane das Leben dadurch erträglicher gemacht wurde.
Seranes alte Gruppe schwand dahin; seine Mitarbeiter wurden großenteils in andere Abteilungen versetzt. Serane sah es betrübt mit an.
Dr. Quirrel wurde in die Harnstoffproduktion gesteckt. Drei Tage und drei Nächte lang studierte er die Pläne der Anlage. Rasch hatte er die Probleme erfaßt, und er glaubte einige Lösungen anbieten zu können. Er wartete und wartete, aber sein Vorgesetzter stellte ihm keine einzige Frage. Immer wenn der Mann an seinem Tisch vorüberkam, duckte Quirrel sich in seine Papiere, stets in der Hoffnung (und zugleich voller Furcht), ins Freie gedrängt und dort ekstatisch mißhandelt zu werden, so wie Serane es praktiziert hatte. Doch es geschah nicht. Etwas in ihm begann zu verdorren. Serane beschaffte ihm schließlich einen Lehrauftrag am Stamford Community College, wo er nichts weiter zu tun hatte als Arbeiten für Chemie I zu korrigieren und sich Aufzeichnungen für seine nächsten chemophysikalischen Vorlesungen zu machen.
Kussman versetzte Dr. Slav zur Landwirtschaftschemie und Dr. Teidemann zur Metallurgie: die physikalischen und philosophischen Antipoden des Labors. Der Leiter der Landwirtschaftsabteilung gab Dr. Slav eine Projektnotiz mit dem Ziel, ein
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