Der Katalysator
werde ich jeden von Ihnen hin und wieder treffen. Es ist also kein endgültiger Abschied.
Heute möchte ich über Katalysatoren sprechen. Nun, was ist ein Katalysator? Es gibt ein Dutzend gute Definitionen, jede ist anders und jede ist ein wenig inkonsistent. Wir werden sie nicht verwenden. Wir wollen die Angelegenheit induktiv betrachten und dann unsere eigene Definition formulieren.
Nehmen wir den einfachsten Fall.
Wasser wird aus den Elementen Wasserstoff und Sauerstoff gebildet; das ist seit Priestleys Experimenten bekannt. Aber ganz so einfach ist es eben doch nicht. Wenn man reinen Wasserstoff und reinen Sauerstoff allein in einem geschlossenen Gefäß miteinander vermischt, ohne etwas anderes hinzuzugeben, geschieht überhaupt nichts. Es bildet sich kein Wasser. Aber wenn man dieses Gemisch einem kleinen Platinschwamm aussetzt, reagiert es augenblicklich, geradezu explosiv. Das Platin ist ein Katalysator. Es steigert die Geschwindigkeit einer Reaktion, die andernfalls äußerst langsam vonstatten gehen würde. Viele Verfahren in der industriellen Chemie erfordern einen Katalysator. Und in vielen Fällen besteht der Katalysator aus einem ganz spezifischen Stoff. Was für eine bestimmte Reaktion der beste Katalysator ist, kann für eine andere der schlechteste sein.
Also: Ein Katalysator ist alles, was eine chemische Reaktion beschleunigt. Wohlgemerkt: Wir sagen nicht, daß es in winzigen Mengen vorhanden ist oder daß es in seiner ursprünglichen Form zurückgewonnen werden kann.“
„Das klingt wie Ostwalds Definition“, bemerkte Art Schirmer.
„Gut beobachtet. Was sagte der alte Knabe?“
„Genau kann ich mich nicht erinnern. Es hieß etwa: Ein Katalysator ist etwas, das die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion verändert, ohne im Endprodukt enthalten zu sein …“
„Das würde ich unterschreiben. Ostwald, 1900. Zu dieser Zeit konnte er sich bereits eine Menge Theorien und industrielle Erfahrungen zunutze machen. Als Berzelius im Jahre 1836 den Terminus Katalysis prägte, glaubte er noch, er beziehe sich auf eine spezielle Kraft außerhalb der chemischen Gesetze. Ostwald wußte, daß dem nicht so war.“
„Aber Berzelius hätte es besser wissen müssen“, warf Dr. Mukerjee ein. „Schon vor seiner Zeit arbeitete man in der Industrie mit Katalyseverfahren. Industrielle Katalyse gab es bereits 1746, im Bleikammerverfahren zur Herstellung von Schwefelsäure, bei dem man Stickstoffoxyd hinzugibt, um die Oxydation von Schwefeldioxyd zu Schwefeltrioxyd zu beschleunigen.“
„Richtig“, bestätigte Serane. „Weiß jemand, wann das nächste wichtige Katalyseverfahren durchgeführt wurde?“
„Das Deacon-Verfahren?“ fragte Quirrel.
„Stimmt. Für die katalytische Oxydation von HC1 zu Chlor und Wasser. 1860, glaube ich. Dann …?“
„Sabatier, Hydrierung von Fetten durch Nickel, 1900“, sagte Dr. Statice.
„Also wieder zurück zu Ostwald“, meinte Serane.
„Im Jahre 1905. Oxydation von Ammoniak zu Salpetersäure durch Platin. Kurz darauf Haber in Deutschland mit der Ammoniaksynthese aus dem Stickstoff der Luft und sofort danach die erste Produktionsanlage für synthetisches Ammoniak. 1915 unterbrach England die Versorgung Deutschlands mit Nitraten aus Chile. Keine Nitrate – kein Schießpulver und keine Sprengstoffe. Nur Habers synthetisches Ammoniumnitrat ermöglichte es Deutschland, weiter im Ersten Weltkrieg zu bleiben. Haber hatte Tausende von Katalysatoren getestet, bevor er sich für mit metallischen Oxyden
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