Der Katalysator
Meiner und vielleicht auch Blandfords Auffassung nach haben wir die besseren Chancen. Ich würde uns, sagen wir, sechzig Prozent geben. Vielleicht mehr. Wenn wir dieses Patent bekommen, gehört der Trialin-Markt uns. Wenn Deutsche es kriegt, ist Trialin für Ashkettles gestorben. Ich meine nicht, daß wir einen Vergleich anstreben sollten.“
„Aha. Sie glauben also, daß wir gewinnen können?“
„Ich bin nicht sicher. Letzten Endes geht es nur darum: Nach dem Internationalen Patentrechtsabkommen sind sie berechtigt, auf dem Datum des deutschen Patentantrags, dem 20. Mai, zu beharren, aber sie können nicht mehr weiter zurückgehen. Wir dagegen haben die Chance, sie um einen Tag zu schlagen.“
„Wie lange wird es dauern, bis wir eine Entscheidung haben?“
„Wenn beide Parteien sich an die neue, reibungslose Verfahrensordnung halten und wenn die Untersuchung rasch und in einem vernünftigen Umfang durchgeführt wird, dauert es höchstens ein paar Wochen. Es gibt nur ein Problem.“
„Ah?“ machte Hedgewick.
„Wir werden ein wenig Unterstützung von der Unternehmensleitung benötigen.“
„Zum Beispiel?“
Marggold nickte Paul zu.
„Die Unternehmensleitung“, sagte Paul, „muß Serane in eine kooperative Stimmung versetzen.“
„Wieso?“ wollte Kussman wissen. „Sie sagten doch, Sie hätten die Bestätigung, daß Seranes Theorie in die Praxis umgesetzt worden sei. Das bedeutet, daß jemand anders Seranes Instruktionen gefolgt ist und das Experiment durchgeführt hat. Wer war dieser Jemand? Bringen Sie ihn in den Zeugenstand und Sie haben, was Sie brauchen.“
„Wer war es denn?“ fragte Hedgewick.
„Bob Moulin und ich haben daran gearbeitet“, sagte Paul. „Es war am Tage von Seranes Abschiedsbankett. Am 19. Mai. Moulin hat den Katalysator nachmittags präpariert und ihn zum Trocknen im Ofen gelassen. Nach Seranes Dinner bin ich am Abend noch ins Labor gefahren. Ich habe den getrockneten Katalysator aus dem Ofen genommen, ihn in die Kammer gefüllt, den Harnstoffverdampfer eingeschaltet, das Produkt aufgefangen und als Trialin identifiziert. Gleichzeitig habe ich ein schriftliches Protokoll aufgesetzt. Meine Zeugenaussage und dazu die von Moulin, könnten unter Umständen schon ausreichen. Aber unsere Chancen wären besser, wenn Serane ebenfalls aussagen würde.“
Kussman blinzelte Paul ungläubig an. „Sie? Sie haben den Testlauf gefahren? Aber Sie sind doch Anwalt.“
„Und Chemiker. Abgesehen davon war die Versuchsanordnung sehr einfach. Ein Kind könnte damit umgehen.“
Kussman funkelte ihn wütend an. „Und haben Sie den Testlauf zufällig auch dem Computer diktiert? Entsprechend meiner ausdrücklichen Anweisung?“
„Das habe ich versucht.“
„Aha! Mehr brauchen wir nicht. Die Computeraufzeichnungen sind rechtsgültige Beweismittel.“
„Nein“, sagte Paul.
„Nein?“ fragten Kussman und Hedgewick im Chor.
„Sie werden sich erinnern, Dr. Kussman, daß Sie zuvor die betriebsinterne Computerschleife angewiesen hatten, keinerlei Testläufe im Zusammenhang mit atmosphärischer Trialinsynthese anzunehmen. Der Computer hat die Aufzeichnungen gelöscht, als die Worte »atmosphärischer Druck’ ausgesprochen wurden.“
Einen Augenblick lang herrschte Stille.
„Es gibt also keine Aufzeichnungen?“ fragte Hedgewick grimmig.
„Es gibt ein vollständiges Protokoll“, erwiderte Paul. „Ich habe es in Seranes letztes Notizbuch geschrieben. Es liegt im Safe der Patentabteilung, am Ende des Ganges.“
Hedgewick lächelte fast. Er beugte sich vor. „Das ist überaus interessant. Wir kommen immer wieder auf Sie zurück.
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