Der Katalysator
Meßglas in den Tank. „Und wenn das Trialin funktioniert? Wie funktioniert es? Wer weiß das? Vielleicht nicht einmal Serane. Er redet in Analogien. Vielleicht verhält Novarella sich wie ein Phage, der eine Grundplatte besitzt. Man weiß, daß ein Phagenvirus sich bei seiner zukünftigen Wirtszelle auf einen bestimmten Empfangspunkt setzt, seine Außenhülle zusammenzieht und seinen Kern durch die Zellwand der Wirtszelle drückt, ähnlich wie eine Injektionsspritze. Im Innern der Zelle entfaltet er sodann seinen zerstörerischen DNS-Strang. Mit mikrochemischen Techniken lassen sich die verräterischen Rezeptorpunkte von der Zelle entfernen. Und ihre Zusammensetzung ist bekannt. Chemisch gesehen handelt es sich um ein hohes Polymer des Trialin – nennen Sie es Polytrialin. Hoffen wir also, daß es das wachsende Embryo in einer schützenden Spirale umgibt. Serane hofft, daß das Virus auf das Polytrialin trifft, es für eine Zellwand hält und seine DNS in das synthetische Fruchtwasser entlädt, wo es keinen Schaden anrichten kann.“
Er beugte sich über das Mikroskop. „Ich kann kein scharfes Bild bekommen, wenn der junge Herr Kussman so fröhlich im Tank umherhüpft. Wir können nur hoffen, daß das Trialin die richtige Spirale geformt hat. Jetzt also das Virus.“
Vorsichtig sägte Mukerjee mit einer dreikantigen Feile den Hals einer Glasampulle an, brach ihn ab und goß den Inhalt der Ampulle in den Tank. Wieder schaute er in sein Mikroskop, aber er schüttelte den Kopf. „Ich sehe nichts. Wir werden es morgen auf einen Objektträger bringen müssen. Bis dahin können wir nur raten, was geschieht. Wir können vermuten, daß das Virus sich dem Embryo nähert … und von dem Polytrialin angezogen wird. Es setzt sich darauf fest und glaubt, es habe den Rezepturpunkt einer Embryozelle gefunden. Bleibt zu hoffen, daß es in diesem Augenblick seine DNS in die Flüssigkeit und nicht in den Embryo absondert. Ich denke, das ist für den Augenblick alles. Die nächsten paar Tage werden es erweisen. Wird das Wachstum normal weitergehen, oder ist es dem Virus gelungen, sich durch unseren Polytrialin-Stacheldraht zu schlängeln? Ich rufe Sie morgen früh an.“
Und das tat er auch. Es gab keine Veränderung. Das Wesen wuchs die ganze nächste Woche über normal weiter.
Paul war hocherfreut. Mukerjee blieb unverbindlich. „Vielleicht hatte es eine natürliche Immunität. Hybriden sind ziemlich widerstandsfähig, wissen Sie. Eigentlich hätten wir uns eine Vergleichsmöglichkeit schaffen müssen: Eins mit Novarella, eins ohne.“
„Aber keinesfalls, alter Freund. Wir haben Glück, daß es mit diesem einen geklappt hat.“
Das Embryo war jetzt dreizehn Tage alt und wuchs, soweit Mukerjee feststellen konnte, immer noch normal. Längst hatte es seinen Polytrialin-Schutzschild gesprengt und war jetzt mit bloßem Auge sichtbar. Die dritte Woche war schon halb vorüber, als Mukerjee Paul eines Morgens anrief und ihm sagte, daß es während der Nacht gestorben sei. „Es war nicht Novarella, und es lag auch nicht am Trialin. Ich weiß nicht, was es war. Oder, um es in einer positiven Perspektive zu betrachten, ich weiß nicht, wie wir es siebzehn Tage lang außerhalb des Uterus haben am Leben erhalten können.“
„… und wie wir dabei eine Therapie gegen Novarelle haben entdecken können.“
„Wer weiß das? Wir würden mehrere Jahre und einige Millionen Dollar benötigen, um es gründlich zu erforschen. Und das bekommen wir hier nicht. Aber es ist ein Anfang und ganz sicher eine Mitteilung an das Journal des amerikanischen Medizinerverbandes wert. Vielleicht wird es irgend jemand irgendwo aufgreifen und zu Ende
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