Der Katzenelf (German Edition)
Schlafzimmer des Schlosses eindrang, wenn die Sonne langsam im Westen hinter den Bergen versank, das Blau des Sommerhimmels verblasste und die Dämmerung sanft ihre violetten Schimmer ausbreitete.
Und während der Zug in der Welt der Menschen weiter und weiter nach Norden durch einen grauen Oktobertag rollte, einer ungewissen Zukunft und seinem neuen Leben als Katze entgegen, krallte sich die Erinnerung an sein früheres Dasein wie ein hartnäckiges Spinnentier in sein Hirn. Er dachte an seine Großmutter Mondiana und das Verborgene Reich, an seine Freunde Krahil und Walid. Walid? - Walid war doch zusammen mit Kuzo auf dem Krönungsteppich als die Dunkle Elfe den Rubin zum zweiten Mal missbrauchte und ihr Fluch ihn in diesen Tierkörper presste. Sie mussten zusammen mit ihm in dem eigenartigen Käfig gewesen sein, als er in diese fremde Welt geschleudert wurde.
Doch wo waren die beiden?
Fielen sie so wie er in einen der schmutzigen Kanäle dieser Stadt, die er und die Menschenfrau an seiner Seite jetzt fluchtartig verlassen hatten? Lebten sie noch hier irgendwo? Oder waren sie bereits droben in dem undurchdringlichen Grau des Himmels, zerfallen zu Erde oder Staub und warteten als Stern auf ihre Rückkehr ins Verborgene Reich? Seine Gedanken und Erinnerungen wurden jäh unterbrochen, als sich die Türe des Zugabteils mit einem heftigen Ruck öffnete und Isa schnell ihren Mantel über ihn warf. Er duckte sich darunter und verhielt sich ruhig, er spürte Gefahr. Seit er in diesem Tierkörper steckte, empfand er sie Sekunden früher als vorher in der Welt der Elfen. Seine Instinkte waren eine seltsame Mischung. Halb Tier - halb so wie er sich in seinem früheren Leben gespürt hatte.
Ihm mundete das eigenartige Essen, das ihm Isa aus einer Dose während der Fahrt reichte, er schlang es sogar gierig hinunter es schmeckte nach Fisch und Fleisch und undefinierbaren Zutaten. Nach lebender Beute verlangte nur manchmal ein unerklärlicher Trieb in seinem Katzeninneren und erschrocken musste es sich eingestehen, dass sich dann auch leise Mordlust und die Gier nach Jagd in seiner Seele regten. Er war als Katzenjunges in diesem stinkenden braungrünen Kanal gelandet und hatte nicht wie die meisten seiner jetzigen Artgenossen eine Mutter, die ihm zeigte, wie man Beute schlägt. Den Ratten, die seinen Weg durch die unterirdischen Kanäle kreuzten waren sehr groß gewachsen, ihnen ging er lieber aus dem Weg. Es war einfach Glück, dass Isa ihn fand, fast hätte er sich schon selbst aufgegeben. Doch nun beschützte und pflegte sie ihn. Sicher half ihm diese Frau weiter, ja, irgendwie musste es ja weitergehen. Er war Damals im Verborgenen Reich der Elfenprinz und künftige Herrscher, er hatte schließlich Verpflichtungen gegenüber seinem früheren Leben!
Eine harsche, männliche Stimme riss ihn unsanft aus seinen Gedanken und er duckte sich weiter unter Isas Trenchcoat. „Die Fahrkarte bitte“, schnarrte die Stimme nun etwas freundlicher und Isa reichte sie dem Mann und lächelte ihn an. Er tippte kurz an seine Mütze und grüßte sie freundlich, bevor er ging und die Türe des Abteils wieder zuschob. Prinz atmete befreit auf. Er hatte keine Lust weitere männliche Menschen zu treffen. Die letzte Nacht mit dem grölenden, schimpfenden Benno an der Schlafzimmertüre würde er sicher lange nicht vergessen! Jedes Mal, wenn dessen Faust unsanft an die Türe von Isas Zimmer schlug, suchte er instinktiv nach einem Fluchtweg. Das allerdings war als Katze viel einfacher. Unter dem Sofa, hinter dem Schreibtisch, unter dem Bett, im Kasten. Für einen Stubentiger gab es viele Verstecke.
Nachdem der Schaffner das Abteil verlassen hatte, wagte sich Prinz aus seinem Versteck hervor und kletterte auf Isas Schoss. Er liebte ihren weichen, molligen Körper, dessen Wärme und zarter Rosenduft ihm Geborgenheit und Schutz versprachen. Gemeinsam starrten sie auf die vorbeiziehende Landschaft, erst auf eine braungrüne Ebene, dann tauchten sanfte Hügel auf, unterbrochen von Baumreihen und endlich Berge. Wasserfälle stürzten aus Felsen ins Tal hinunter und aus riesigen Wäldern leuchteten dunkelgrüne Tannen und Fichten, gelbe Lärchen und vereinzelte Laubbäume in goldrotbraunem Herbstkleid. Der graue dicke Nebel wich nun einem sattblauen Himmel mit wenigen weißen zarten Wolkenschleiern und er sah, dass der Zug jetzt durch ein Tal mit rechts und links gelegenen, noch steileren Bergen donnerte. Isa kraulte ihn zärtlich und flüsterte. „Wir
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