Der Katzenelf (German Edition)
Weise Alte, die uralte Elfe, die sie aufgezogen hatte, wusste wohin Menschen gehen, nachdem sie tot waren. Tot – das klang nun so endgültig, so unbarmherzig und hoffnungslos.
Doch ihr Geliebter hatte es verdient, dass sein Leichnam zurück zu seinem Vater gebracht wurde, damit ihn seine Menschen in ihrer Welt und nach ihrem Glauben bestatten konnten.
Schluchzend versteckte Mondiana den Beutel sorgfältig unter den Wurzeln der mächtigen Eiche in der Sophus, ein Baumelf, der sie liebte und dem sie vertraute, zusammen mit seinem Streifenäffchen lebte. Sie stand auf, rieb ihren Mondstein und verwandelte sich in eine kleine rosafarbene Blumenelfe. Nun war sie nicht größer als eine Butterblume. Sie setzte sich auf den Rücken des Adlers und flog zu den Wilden, Verwunschenen Bergen.
Während beide über das Verborgene Königreich nach Norden segelten, sahen sie weit unter sich die Löwengarde mit ihren Gefangenen bereits in der Nähe des Palastes.
Mondiana wusste, dass nun der König und der Elfenrat über die Gefangenen richten würden, da Rubinas Stein zu seinem Aufbewahrungsort zurückgekehrt war. Ihre Schwester hatte zusammen mit der schwarzen Hexe ein Tabu gebrochen. Der Missbrauch von Rubinas Geburtsstein war ein sehr schweres Vergehen und würde ohne Rücksicht auf den Rang seines Besitzers streng bestraft. Doch Mondiana verspürte keine Genugtuung. Sie war innerlich wie zu Eis erstarrt, sie klammerte sich an das Gefieder ihres Vogelfreundes, der das Pochen ihres kleinen Herzens an seinem Rücken spürte.
Als sie den Unglücksort erreichten, sahen sie, dass die Begleiter des Königssohnes seinen Leichnam geborgen hatten und entsetzt und trauernd vor ihm knieten. Mondiana landete hinter einem Felsvorsprung und nahm ihre eigene Gestalt wieder an. Sie lief zu ihrem leblosen Geliebten und stürzte sich schluchzend auf Karun. Schweigend und ehrfürchtig zogen sich die Soldaten zurück.
Überall an seinem Körper war schon getrocknetes, fast schwarzes Blut. Sanft schloss sie seine Augen und legte auf seine Lider zwei kleine Mondsteine. Sie befahl seinen Männern Wasser aus dem nahe liegenden Gebirgsbach zu holen. Dann reinigte sie voller Trauer seinen zerschundenen Leib und rieb ihn mit duftenden Kräutern ein. Ein Schwarm kleiner Blumenelfen half ihr beim Schmücken ihres toten Geliebten.
Anschließend faltete sie ihre Hände in Augenhöhe und sagte: „Ich schwöre dir Karun, wo immer du nun auch bist, dass ich dich immer lieben werde. Mein Herz wird niemals einem anderen Mann gehören. Bis zu jenem Tag an dem ich zu Sternenstaub zerfalle. Vielleicht sehen wir uns dann wieder – an einem anderen Ort - und in einer anderen Zeit. Und wenn ich das ganze Universum nach dir absuchen muss, ich werde dich wieder finden, ich glaube nicht daran, dass du nicht mehr existierst, es darf keinen endgültigen Tod geben. Und eines Tages...“ Dann weinte sie wieder.
Kurz darauf sahen die Männer nur mehr mondscheinfarbenen Silbernebel. Die Elfe war fort, Karuns Begleiter luden den blütenbedeckten Leichnam ihres Herrn auf ein Pferd und ritten ins Reich seines Vaters, zurück zu den Menschen.
Das Licht im Mondstein blinkte kurz und leuchtete nach ein paar Sekunden plötzlich hell flammend wieder auf: Einen winzigen Moment lang sah Mondiana in diesen Strahlen die Gestalt ihres Enkels Taras dem künftigen König des Verborgenen Reiches. Doch sein Körper verschwand sofort wieder in diffusem Licht, während deutlich und klar eine schwarze Katze sie aus ihren topasfarbenen Augen anstarrte. Dann verblasste das Licht und mit ihm verlöschten alle Bilder. Mondiana lehnte sich mit nassen Wangen erschöpft zurück. Sie hatte keine Kraft mehr für ihre Erinnerungen.
Alles was nachher geschah, wurde im königlichen Elfenbuch niedergeschrieben und jeder Bewohner des Verborgenen Reiches kennt diese Geschichte.
DRITTES KAPITEL
Heute in der Welt der Menschen
DAS HAUS AM SEE
Prinz verhielt sich während der Zugfahrt ruhig und schnurrte friedlich zusammengerollt auf dem Pullover seiner neuen Freundin. Das Wollstück duftete zart nach Rosen und weißen Blüten.
Schlagartig erinnerte er sich an sein früheres Leben: An einen großen Park mit blühenden Sträuchern und Blumen in bunten, leuchtenden Farben, weißen Lilien und tiefroten Rosen, Pflanzen, die denselben Duft besaßen wie Isas Kleidung, zart und doch lang anhaltend. Es war derselbe Geruch der abends durch die wandhohen geöffneten Fenster in den Thronsaal und die
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