Der Katzenelf (German Edition)
durchsichtigen Blau des Himmels.
FÜNFTES KAPITEL
Heute in der Welt der Menschen
VOLLMOND
An manchen Tagen vergoldete die Sonne die düsteren Novembertage und verwandelte die Landschaft beim Haus am See in grau rosaorangefarbenes Pastell. Doch Anfang Dezember kroch der Winter plötzlich nachts über den Buckligen Berg und fegte Schnee und Kälte ins Tal. Er rüttelte an den hölzernen Fensterläden und stieß stürmisch das für Prinz ständig geöffnete Schlafzimmerfenster auf und blies nasskalte, weiße Flocken in Isas Bett.
Isa rief den Dorftischler an und ließ eine Katzenklappe einbauen, da der Kater jeden Abend und bei jedem Wetter zu seinem nächtlichen Rundgang aufbrach und erst in den frühen Morgenstunden wie ein heimlicher Liebhaber durchs Fenster auf ihr Bett plumpste. Eingerollt wie eine schwarze Pelzkugel und fest an ihren Körper geschmiegt, schlief er dann friedlich schnurrend ein. Selig eingemummelt in Isas warmen Rosenduft hing er seinen Katzenträumen nach, bis ihn der Tag wieder weckte.
Isa wunderte sich, dass er trotz Kälte und Schnee seine Nachstunden im Freien verbrachte und sie schlief häufig unruhig, bis sie endlich das Klappern der kleinen Türe hörte und sein feuchtes, kaltes Fell spürte. Oft träumte sie von Füchsen, Wölfen und Tierfallen und allen möglichen Gefahren, die auf ihren kleinen Liebling lauerten, aber sie wagte nicht, Prinz einzusperren. Er war keine übliche Hauskatze, das hatte sie schon längst gemerkt. Etwas Angespanntes und Wildes lauerte in seinen goldgrünen Augen und strömte aus jeder Pore seines muskulösen Körpers, so als käme er direkt aus einem weit entfernten, fremden Land in dem seine Artgenossen noch auf natürliche Art leben durften.
Isa fand, dass er wirklich das genaue Abbild eines schwarzen Mini-Panthers war. Gefährlich und geheimnisvoll wie ein Jaguar, den man im Zoo aus sicherer Entfernung, geschützt durch dickes Sicherheitsglas fasziniert beobachtet, während einem wohlig kalte Schauer über die Haut fuhren.
Sie merkte, dass ihr dieses Tier immer wichtiger wurde, ja ihr bereits mehr bedeutete als ihre früheren Freunde aus der Stadt. Bald war Prinz für sie sogar bedeutsamer als ihre Freundin Anna es jemals gewesen war. Sie streichelte und redete mit ihm, während er sie aus seinen Augen ansah, die wie Laternchen aus dem blauschwarzem Fell herausglühten. Sie erzählte ihm von ihren Sorgen und Träumen, so als wäre er ein menschlicher Freund der mit ihr das einsame Leben und ihre Welt in dem kleinen Haus am See teilte.
Der Kater verbrachte seine Tage mit Isa, während er in den Nächten ins Dunkel hinaus verschwand und sie unruhig schlief, bis sie erleichtert sein Tapsen auf dem Boden, sein beruhigendes Schnurren an ihrer Seite vernahm und zufrieden den Duft seines Felles einatmete, das nach Milch, Honig, feuchtem Moos und einem Hauch Lavendel roch.
Prinz wartete darauf, dass der fremde, kalte, kleine, weiße Mond sich endlich rundete. Sehnsüchtig erinnerte er sich an den Roten Mond in seiner ehemaligen Heimat, der warm und tröstend am blauschwarz samtenen Himmel stand und dessen sanft glühende Strahlen alle Wesen und Pflanzen im Verborgenen Reich einhüllten und ihnen Gesundheit, Liebe und Glück brachten.
Schon einen Tag vor Vollmond klarte es auf. Der Wind verzog sich wieder hinter den Buckligen Berg und tagsüber erschien eine blassgelbe Sonne am Himmel und die schweren grauen Wolken zerrannen.
Unruhig lauerte er auf die Nacht und schlich, als Isa endlich einschlief, durch seine Klappe ins Freie. Er lief zur Eiche, kletterte ihren Stamm hoch um dem kalten Schnee am Hartgefrorenen Boden zu entgehen, kroch auf einen Ast und wartete. Stundenlang saß er dort und starrte durch die kahlen Zweige auf das weiße Licht des Mondes. Plötzlich hörte und spürte er, wie ein Zittern und Seufzen durch die Lebensadern des Baumes zog. Sein Fell sträubte sich als er jäh Sophus Stimme vernahm die ihm aus dem Inneren des Baumes leise aber gut verständlich zuraunte: „Taras, Prinz des Verborgenen Reiches, unsere Heimat ist verschwunden und viele der Unseren wurden in diese fremde Welt verschlagen! - Finde sie und ihre Geburtssteine! Mondiana, unsere Königin ist bei Sonnas und Thyra im Seeopal-Palast und damit vorläufig in Sicherheit!
Sie wird ihren Mondstein benützen und in den Vollmondnächten deine Menschenfrau in ihren Träumen besuchen und ihr von unserer Welt erzählen und dann wird Isa eines Tages deine Aufgabe verstehen
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