Der Katzenelf (German Edition)
verabschiedete sich Yasumi von seinen Freunden und entfernte das Rotsilberne Gitter. Er packte die Elfe wieder in seine Arme. Sie flogen in die weite, heiße Wüste hinaus. Stundenlang sah sie nur rotglühenden Sand. Schließlich tauchten am Horizont kraterähnliche, rotviolette Berge auf, die sich, je näher sie kamen, wie eine hohe undurchdringliche Mauer erhoben. Der Drache bremste abrupt und setzte zum Tiefflug an. Er setzte Rubina vorsichtig auf dem sandigen, rötlichen Boden auf und streckte sich gemütlich neben ihr im Schatten eines schroffen Felsens hin. Plötzlich öffnete sich knarrend ein in den Berg gehauenes, riesiges Steintor. Eine Eskorte von schweigenden Drachenkriegern erschien, forderte die Reisenden auf, zu folgen und geleitete beide durch die Felswände. Das Tor schloss sich schnell. Rubina konnte keinen Ein- oder Ausgang mehr erkennen. Die Drachenmänner schoben sie und Yasumi vorwärts.
Dann entfuhr der Elfe ein überraschtes Keuchen. Vor ihnen lag ein endlos scheinendes, gigantisches Tal in seltsamen roten Farben. Bäume und Sträucher waren genauso dunkelrot wie das Gras, das hier wuchs. Sogar die Steine, die eine breite Straße pflasterten, schimmerten hell- bis braunrötlich, und der Himmel über ihnen war nicht blau sondern leuchtete, jetzt, wo es später Nachmittag war, in einem dunkelroten Violett. Die Sonne war heiß und glühend, aber nicht rotgolden, sondern strahlte in einem glimmernden, tiefen Purpur, das sich mit Rubinrot abwechselte, schimmernd, wie die Farben ihres verlorenen Geburtssteines. Eine seltsame, fremde Welt, die der Elfe in ihrer machtvollen Schönheit sehr gefiel.
Die Drachengarde blieb stehen. Ein Soldat blies in ein Horn, das mit seinem lauten dunklen Klang von den Bergen ringsherum widerschallte. Überall in den Felsen befanden sich Höhlen und Häuser die wie riesige Waben aussahen, und aus denen jetzt neugierige Drachenmenschen jeden Alters und Gestalt herauslugten. Auf die Elfe wirkten sie nicht Furcht erregend oder besonders dämonisch, denn sie sahen jenem nächtlichen Schenkenbesucher ähnlich, den Rubina am Vorabend gesehen hatte. In der Ferne auf einem Hügel konnte sie ein riesiges, aus rotem Stein erbautes Schloss erkennen, dessen Türme und Zinnen purpurn glänzten.
Eine Kutsche rollte die Straße herab und wieder erkannte Rubina das Wappen des Drachenkönigs auf dem imposanten Gefährt. Ihr Herz pochte voll freudiger Erwartung. Sie richtete sich in voller Größe auf, zupfte an ihren staubedeckten Schleiern und lächelte erwartungsvoll. Die Tür des Wagens öffnete sich, und Rubinas Lächeln gefror. Eine prunkvoll gekleidete Frau stieg aus. Ihr schuppiges Kleid leuchtete in der roten Sonne wie Blut. Sie war von größerem Wuchs als die zartgliedrige Elfe und schlank. Unter ihren Gewändern konnte man einen durchtrainierten Körper erahnen.
Ihr bleiches Gesicht, frei von jeglichen Drachenschuppen, war kunstvoll geschminkt und starr wie eine Maske. Sie warf mit einer eleganten Bewegung ihr langes schwarzes Haar, indem Hunderte von kleinen, meisterhaft geschliffenen Rubinen funkelten, zurück und trat mit kleinen federnden Schritten auf Rubina zu.
Schweigend musterte sie die Elfe. Ihre großen schräg geschnitten Augen leuchteten in einem kalten klaren Grün wie ein eisiger Fluss im Winter. Sie war sicher doppelt so alt wie Rubina, aber von einer machtvollen, zeitlosen Schönheit – eine Königin!
Rubina fröstelte, sie kam sich klein, schmutzig und armselig vor. Vorsichtshalber senkte sie demütig ihren Kopf und linste wachsam unter ihren langen schwarzen Wimpern diese prächtige Gestalt an.
„Ich bin Thyra die Drachenkönigin“, sagte diese und nickte Yasumi leicht zu, der eine tiefe Verbeugung machte, wobei ihn sein rundliches Bäuchlein sehr hinderte. Sie sprach weiter und ihre Stimme klang kalt und sehr autoritär: „Mein Sohn Yul erzählte mir von einer wunderschönen Gefangenen des Elfenkönigs - doch wo ist sie? Ich kann hier keine besondere Schönheit entdecken! Ich sehe nur eine schmutzige, kleine und intrigante Elfe, die zur Strafe für ihre Missetaten ihre Heimat und ihre Zauberkraft verloren hat und die unser aller Herr und mein lieber Freund, der große Elfenkönig Sonnas mir nun zur Erziehung anvertraut!
Eine Königstochter, die sich wie eine selbstverliebte Hure benahm und mit einer aus dem Verborgenen Reich verbannten Hexe dunkle Bündnisse schloss, eine Thronfolgerin, die keine mehr ist, da sie keinen Geburtsstein und keinen
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