Der Katzenelf (German Edition)
der beginnenden Abenddämmerung zog leichter Frost über das Tal.
Benno brachte seine üblichen langstieligen und teuren Rosen mit, diesmal in blassrosa, außerdem eine Flasche edlen Rotweins. Er entschuldigte sich bei Isa, dass er erst so spät kam und sie rechnete damit, dass er zum Abendessen blieb, was ihr nicht passte, da sie die Abende lieber mit Prinz auf ihrem Schoß und Walid zu ihren Füssen alleine am Kaminfeuer verbrachte. Genüsslich ein Glas Wein trinkend und bald darauf ins Bett sinkend, darauf hoffend dass sie nachts wieder abenteuerliche Träume erlebte.
Während sie ein frühes Abendessen vorschlug und die Vorbereitungen dazu in der Küche traf, setzte er sich mit einem Glas Wein auf die Küchenbank und sah ihr zu. Kein kritisches Wort fiel, kein Zurechtweisen, dass die Küche nicht sehr aufgeräumt war, keine zynischen Bemerkungen über die Art wie sie Zwiebeln schnitt. Isa war leicht verwirrt. Was hatte er vor?
Sie kannte seine etwas schleimig-freundliche Art wie er mit Geschäftsleuten umging, von denen er etwas brauchte. Geschickt und zügiger als sonst, kochte sie ein herrliches Reisgericht im Wok mit Fleisch und Gemüse und er ließ sich sogar herab, das Kaminfeuer anzuzünden. Wie ein friedliches altes Ehepaar saßen sie davor, aßen und tranken seinen mitgebrachten Rotwein. Danach räumte sie das Geschirr in die Küche und fütterte ihre Tiere. Prinz, der sich bis zur Ausgabe seines Fressens unsichtbar gemacht hatte, erschien nun und legte sich wohlig schnurrend und putzend zu Walid vor das offene Feuer.
Isa, die gerade eine Kerze am Tisch anzündete, bemerkte aus den Augenwinkeln, dass Benno ihren Kater intensiv beobachtete. Jetzt stand er auf und schlenderte zum Kamin und ehe noch Prinz sich versah, hatte er den Kater, der plötzlich spuckte, fauchte und krallte, grob am Nackenfell gepackt. Er hielt das sich wehrende Tier mit hartem Griff ins Licht und tastete nach dem Tigerauge und betrachtete es von allen Seiten. Prinz wurde plötzlich stocksteif. Es dauerte nur Sekunden. Isa wollte eben protestieren, da setzte er die jetzt wild mit ihrem Schwanz schlagende Katze plötzlich wieder ab.
„Ich ahnte es“, sagte er bedächtig und zündete eine seiner Zigarren an. „Was verlangst du für die Kette Isa? Ich zahle dir einen guten Preis! Deine Katze sollte das Ding nicht weiter um den Hals tragen, dazu ist es viel zu wertvoll!“
Isa stellte ihr Weinglas ab und starrte ihn wütend an: „Was erlaubst du dir Benno! Das ist mein Kater und die Kette gehört ihm. Ich habe sie ihm geschenkt. Er hat sie selbst am Dachboden gefunden, ich habe nur dafür gesorgt, dass er sie nie verlieren kann. Denke ja nicht daran, dich am Halsband meiner Katze zu vergreifen! Aber hallo, ich glaube es nicht! Was hast du nur für eigenartige Einfälle! Mit zunehmendem Alter scheinst du wirklich nur mehr an Geschäft und Geld zu denken, das ist doch absolut widerlich, Benno!“ rief sie aufgebracht.
Zu ihrem Erstaunen blieb er weiterhin ruhig und gelassen. Nun wurde sie wirklich misstrauisch, denn er zog unbeeindruckt von ihrer Wut nur weiter an seiner Zigarre und sagte dann ganz ruhig: „Unlängst war ich in einem in einem Kloster. Es liegt im Norden Schottlands in einem weit entlegenen Tal, am Fuße eines Hügels, der angeblich eine frühere Kultstätte war. Weit und breit leben dort außer ein paar Mönchen keine weiteren Menschen. Das Tal ist fast unbewohnt und ohne jegliche Infrastruktur. Ich brauchte zwei Tage bis ich das verfallene Kloster fand. Die Mönche leben dort wie Einsiedler, sie meiden den Kontakt mit Fremden. Ein Freund gab mir diesen Tipp und es hat sich gelohnt!“ Nun lachte er. Ein höhnisches leises Lachen, fast wie ein Meckern, ein Lachen, das Isa kannte. So lachte er immer, wenn er seiner Meinung nach einen besonders für ihn erfolgreichen Handel abgeschlossen hatte. Ein Geschäft, das ihm viel Geld und Anerkennung in seinen Kreisen einbrachte, während er bei diesem Deal seinen Geschäftspartner gewaltig über den Tisch zog.
„Ich habe den Mönchen einige wertvolle Antiquitäten für wenig Geld abgekauft, sie waren glücklich etwas Bares in die Finger zu bekommen. Sie haben keine Ahnung von ihren Schätzen, die sie wie tägliche Gebrauchsgegenstände behandeln! Bald werde ich sie wieder einige Tage besuchen. Zum Dank für meine Großzügigkeit zeigten sie mir ihr Heiligtum. Ihre Bibliothek und ein paar Bücher, die über die Zeit vor der Christianisierung in dieser Gegend berichten.
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