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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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braunes Haar gleiten, ehe er sich auf dem Burghof nach einem der Knappen umsah.
    Schließlich erblickte er einen der Burschen, der gerade einen Eimer voll Dung aus den Stallungen schleppte. Kenrick fing den Blick des Jungen ein und wies ihn mit einem schroffen Kopfnicken an, zu ihm zu kommen. Der Knappe ließ den Eimer sofort stehen und eilte zu seinem Herrn, um die Anweisungen entgegenzunehmen.
    »Ihr wünscht, Mylord?«
    »Sag dem Stallmeister Folgendes: Ich brauche eine Stute und Pferde für eine Eskorte, die bei Bedarf sofort bereitstehen müssen. Die Vorräte für den Ritt müssen bis nach Cornwall reichen. Sobald die Dame wieder gesund ist, werde ich dafür sorgen, dass sie an den Ort ihrer Wahl zurückkehren kann. Verstanden?«
    Der Knappe nickte so eifrig, dass ihm die zerzausten Locken ins Gesicht fielen. »Aye, Mylord. Werd’ ihm gleich ausrichten, was Ihr gesagt habt.«
    »Ich hoffe, dass dadurch einige Eurer Zweifel aus dem Weg geräumt sind«, wandte sich Kenrick wieder an Haven, sobald der Bursche sich entfernt hatte. »Ihr seid so frei wie jeder andere hier auch. Ich weiß nicht, was ich noch tun kann, um Euch davon zu überzeugen, dass ich es ernst meine.«
    Sie sah ihn still und nachdenklich an und sagte dann sehr leise: »Habt Dank.«
    »Die Gärten liegen dort hinten. Es sei denn, Ihr möchtet doch lieber die Kerker sehen?«
    Sie lächelte bei seinem rauen Scherz, und für einen Moment hellte sich ihre sonst so kühle Miene auf. Wie ein galanter Höfling bot Kenrick seinem Gast den Arm, und sie hakte sich bereitwillig bei ihm unter. Gemeinsam durchschritten sie gemächlich den Hof, und eine Art Waffenstillstand schien zwischen ihnen zu bestehen.
    Kenrick warf einen Blick auf die eifrig hin und her huschenden Pagen und Knappen, die eilfertig ihren Pflichten nachkamen, während weiter hinten im Hof die Ritter ihre Schwertübungen wieder aufnahmen. Doch auch wenn es so aussah, als achte er nur auf das geschäftige Treiben, galt seine Aufmerksamkeit in Wahrheit doch der ungewöhnlichen Schönheit an seiner Seite.
    Einerseits wirkte sie bodenständig und natürlich, dann wieder besaß sie eine geheimnisvolle, beinahe entrückte Art. Von den Leuten aus ihrem Dorf in Cornwall hatte er erfahren, dass sie aus dem einfachen Volk stammte, wie viele heilkundige Frauen. Aber Kenrick spürte immer deutlicher, dass sich diese Frau von den gewöhnlichen Dörflern unterschied.
    Feuer lag in ihrem rötlichen Haar und in ihren kühnen, smaragdfarbenen Augen. Sie war von zierlicher Statur, und doch wirkte sie kraftvoll und schritt einer Königin gleich einher – wie eine kriegerische Königin, dachte er, als er ihren geraden Rücken und die fein gezeichneten Sehnen betrachtete, die sich unter der hellen Haut ihrer Hände spannten, als sie mit einem losen Faden auf dem geborgten Kleid spielte. Ihr Blick war bisweilen leicht entrückt, ihre Miene wirkte mitunter leer und ausdruckslos, als habe Haven sich tief in ihrem eigenen Innern verirrt.
    Kenrick empfand Mitgefühl für diese Frau, begriff er doch, wie beunruhigend es sein musste, in vollkommen fremder Umgebung aufzuwachen, von Unsicherheit erfüllt zu sein, wo man war und wohin man gehörte.
    Aber es konnte nicht seine Aufgabe sein, ihr Trost in misslicher Lage zuzusprechen. Nach dieser Bürde sehnte er sich beileibe nicht.
    Gleichwohl hoffte er im Stillen, sie möge hier auf Clairmont Castle ihren Frieden finden. Denn wenn sie sich hier wohlfühlte, dann würde vielleicht auch die Erinnerung an jene Schreckensnacht in Greycliff zurückkehren.
    Gerade grübelte er über diese Möglichkeit nach, da traten sie um die Ecke des Burgfrieds und erreichten Arianas prächtige Gärten. Der unerwartete Anblick entlockte Haven einen leisen Laut des Erstaunens.
    »Wie herrlich«, wisperte sie und löste sich gleich von Kenrick, um den paradiesischen Flecken Erde zu betreten.
    Der Garten erstreckte sich an einer Seite des Burgfrieds und lockte den Betrachter mit prächtigen Farben und himmlischen Düften, denen selbst Kenrick nicht zu widerstehen vermochte. Auch er trat nun näher und sog tief die Luft ein, um den süßen Wohlgeruch all der blühenden Blumen und sprießenden Kräuter zu genießen. Er musste zugeben, dass der Garten einen angenehmen Anblick bot, obwohl er diesem Teil der Burg sonst nie viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Tatsächlich fragte er sich jetzt, wann er das letzte Mal hier gewesen war, um die harte Arbeit seiner Schwester gebührend zu würdigen.

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