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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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sich den Stoff über die Schulter. Der Verband, der ihre Wunde bedeckte, wurde sichtbar, als ihr Mieder nach unten rutschte. Haven schaute auf das reine, weiße Leinen hinab und überlegte, was sich ihr darbieten würde.
    Sie musste es wissen.
    Daher hob sie eine Ecke des Verbandsstoffs an.
    Er löste sich leicht und war an keiner Stelle mehr mit der gut verheilenden Haut und dem eigentlichen Wundpflaster verklebt, das Haven am Morgen allein unmittelbar auf die Verletzung gelegt hatte. Mary hatte ihr noch beim Anlegen des Verbands helfen wollen, aber Haven hatte das Mädchen fortgeschickt, da sie es vorzog, die Wundversorgung selbst zu übernehmen, zumal sie sich jetzt wieder besser fühlte.
    In Wahrheit hatte sie nicht gewollt, dass das Dienstmädchen sähe, was sich unter dem Verband verbarg. Mary hätte es ohnehin nicht einordnen können. Haven wusste selbst nicht recht, wie sie es einschätzen sollte. Doch jetzt brauchte sie Gewissheit.
    Mit zittrigen Fingern zog sie das ungefärbte, rechteckige Stück Leinen ab.
    Es löste sich sauber von der Wunde.
    Kein Fleck war auf dem Stoff zu sehen … denn die Wunde, die noch wenige Tage zuvor so starke Schmerzen verursacht hatte, war bereits vollständig verheilt.

15
    Langsam graute der Morgen. Mit verdrießlicher Miene blickte Kenrick in das trübe Dämmerlicht. Während der Nacht hatte er nur wenig Schlaf gefunden. Das war an sich nicht ungewöhnlich, aber diesmal war die Schlaflosigkeit nicht auf seine Besessenheit im Hinblick auf den Drachenkelch zurückzuführen, sondern auf ein gänzlich anderes Rätsel.
    Es lag an dem Zauber, den eine gewisse Frau mit rötlich schimmerndem Haar auf ihn ausübte.
    Seit er sie das erste Mal gesehen hatte, war sie ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen, aber nach dem Kuss am Tag zuvor – nach der Umarmung, die ihn gleich einer Flamme versengt hatte – waren all seine Sinne allein auf Haven gerichtet. Sie zog ihn in ihren Bann, wie es keine Frau zuvor getan hatte, und dabei war es seine Absicht, Distanz zu wahren. Doch welcher Mann wäre imstande, ihrer reizvollen Erscheinung zu widerstehen?
    Nur ein Heiliger.
    Ein Heiliger, dachte er mit Wehmut, als er sich seines alten Spitznamens entsann. Niemals war ihm die Bezeichnung unpassender vorgekommen.
    Die Gefühle, die er für Haven hegte, waren alles andere als die eines Heiligen, und das Versprechen, das er ihr einen Tag zuvor gegeben hatte, mochte zwar edel geklungen haben, kam ihm jetzt aber dürftig vor, da er versucht war, geradewegs den Korridor entlangzulaufen, der vor ihrem Zimmer endete. Stattdessen legte er seine Rüstung an, eilte die Stufen hinunter und hielt mit langen, entschlossenen Schritten auf die Tür des Burgfrieds zu. Augenblicke später trat er auf den Burghof hinaus.
    Er war froh, Angelegenheiten nachzugehen, die ihn für mehrere Stunden von Clairmont Castle fernhalten würden, auch wenn diese Aufgabe alles andere als angenehm war. Als Braedon und er tags zuvor ausgeritten waren, hatten sie erfahren, dass unbekannte Reiter in einem Dorf in Devon gesehen worden waren. Die Gesetzlosen hatten eine Kirche geschändet und eine nahe gelegene Abtei ausgeraubt.
    Das war eine Zerstörungswut, die keinen Sinn ergab, sofern man nicht wusste, wonach diese Unholde suchten.
    Doch Kenrick kannte die Absichten dieser Männer nur zu genau.
    Den Beschreibungen nach zu urteilen, die Braedon und er erhalten hatten, handelte es sich bei den gedungenen Schergen um niemanden anders als die rücksichtslosen Helfershelfer von Silas de Mortaine.
    Zwanzig Ritter von Clairmont standen nun im großen Burghof bereit. Eine Vorsichtsmaßnahme, sollten die Dinge sich während des Ritts nach Devon ungünstig entwickeln. Die Pferde der Ritter waren ebenso gesattelt wie Kenricks weißes Schlachtross und der edle schwarze Hengst von Braedon. Die Getreuen erwarteten ihren Herrn mit ernsten Mienen, aber da war auch ein Leuchten in ihren Augen, ahnten sie doch, dass sie sehr wahrscheinlich in den Kampf reiten würden.
    Wenn es Gottes Wille war, dann würden sie diesen Kampf führen.
    Kenrick hoffte, die Feinde zu stellen, denn solange er nicht alle vier Teilstücke des Drachenkelchs hatte – ein Traum, der vielleicht niemals in Erfüllung gehen würde – , konnte er den Bewohnern von Clairmont Castle nur auf eine Weise Sicherheit bieten: durch das Schwert.
    Gerade saß er auf, als Braedon den Burgfried verließ. Bei ihm war Ariana, und als Kenrick die Schatten unter den Augen seiner Schwester

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