Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)
Dinge nicht in dieser Weise zwischen uns weiterlaufen lassen kann. So angenehm es auch sein mag.«
Angenehm …
Das Wort klang wie ein schabendes Geräusch in ihren Ohren. War es denn möglich, dass das, was sie als himmlisch empfunden hatte, für ihn nichts weiter als eine angenehme Ablenkung war? Wie konnte sie nur so töricht sein zu glauben, dass sie ihm etwas bedeutete – dass sie sein Herz und sogar seine Seele erreicht hatte?
Kenricks tiefer, nachdenklicher Stimme wohnte etwas Endgültiges inne. »Entscheidungen müssen getroffen werden, Haven. Und ich denke, je eher, desto besser.«
»Gewiss«, entgegnete sie – oder dachte diese Antwort vielleicht auch nur. Mit einem Mal merkte sie, dass ihr das Schlucken schwerfiel, und darum glaubte sie, ihrer Stimme nicht mehr trauen zu können.
Blinzelnd schaute sie zu ihm auf, sein Urteil erwartend.
Fürchtete sich vor seinen Worten.
»Ich habe mich bedeutenderen Angelegenheiten anzunehmen, bei denen es um Leben oder Tod geht. Da kann ich mich nicht mit dem Gerede meiner Untergebenen abgeben. Ebenso wenig mit den Befindlichkeiten einer Geliebten. Verstehst du das?«
Haven nickte schwach. Am liebsten hätte sie sich ganz aus seinen Armen gelöst und wäre fortgelaufen, bis ihre Beine nachgegeben hätten. Aber sie hatte nicht den Willen, Kenrick zu verlassen, nicht einmal dann, wenn er dasaß und ihr sagte, dass er sie nicht mehr bei sich haben wollte.
»Ich habe noch geschäftlich in der Stadt zu tun, aber in ein paar Tagen werde ich nach Cornwall reiten und das Dorf aufsuchen, in dem du vor dem Überfall auf Greycliff Castle gelebt hast. Ich werde dort nach Spuren deiner Vergangenheit suchen und in Erfahrung bringen, wo du wirklich hingehörst. Ich kann so nicht weitermachen und lediglich darauf warten, dass dein Erinnerungsvermögen zurückkehrt.«
»Ich verstehe.« Sie schloss die Augen, um seine Worte zu verarbeiten, bis sie seine Finger unter ihrem Kinn spürte. Er hob ihr Gesicht sacht an und zwang sie, ihm in die Augen zu schauen.
»Ich muss die Gewissheit haben, dass du mich verstehst, Haven. Ich kann dich nicht länger als meine Geliebte … halten. Ich möchte, dass du meine Gemahlin wirst.«
Unwillkürlich hatte Haven den Atem angehalten, den sie nun hörbar ausstieß. »Deine Gemahlin?«
»Wenn es dir zusagt.«
Oh, und wie ihr das zusagte! Dennoch beschlich sie das Gefühl, dass Kenrick seltsam abgeklärt klang und eine Lösung vorschlug, die die Vernunft gebot. Er sprach nicht über seine Gefühle, verlor kein Wort über die Liebe.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Den Gepflogenheiten entsprechend sagt eine Frau entweder Ja oder Nein.«
»Gewiss«, antwortete sie und musste schon selbst darüber lachen, wie durcheinander sie war.
Sie suchte seinen Blick und unterdrückte ein weiteres befreites Lachen. »Ja, Kenrick. Liebend gern werde ich deine Gemahlin sein.«
Sein Lächeln erfüllte sie mit Wärme, allerdings nicht so sehr wie sein Kuss. Lange hielten sie sich in der friedlichen Stille dieses Gartens Eden umschlungen. Havens Herz hüpfte vor Freude, als Kenrick sie schließlich zurück zum Burgfried führte, um sich für den Ausritt bereit zu machen, der ihn für mehrere Stunden von Clairmont Castle wegführen würde.
Ariana und Braedon traten genau in dem Augenblick aus ihrer Kemenate, als Kenrick und Haven Hand in Hand den Burgfried betraten.
»Wünsche einen guten Morgen«, sagte Kenricks Schwester, und ihr leuchtender Blick ruhte voller Neugierde auf dem Paar. »Ihr zwei seid ja heute früh auf den Beinen.«
»Wir haben soeben unser Frühstück im Garten eingenommen«, erwiderte Haven und strahlte über das ganze Gesicht. »Kenrick hat mich mit einem Korb voller Speisen überrascht … und noch mit etwas anderem.«
Ariana sah ihren Bruder mit großen Augen an, aber noch ehe sie ihn etwas fragen konnte, verkündete er bereits den gemeinsamen Entschluss.
»Ich habe Haven gebeten, hier auf Clairmont Castle zu bleiben … als meine Braut.«
»Oh, Haven!« Ariana umarmte ihre zukünftige Schwägerin herzlich. »Wie wundervoll!«
Braedon streckte Kenrick die Hand entgegen und sprach schließlich auch Haven seinen Glückwunsch aus. »Das muss gebührend gefeiert werden«, sagte er.
»Das ist wahr«, pflichtete Ariana ihm bei. »Wie es aussieht, haben wir gleich zwei Dinge zu feiern: eure Neuigkeit und unsere. Braedon und ich erwarten unser gemeinsames Kind gegen Ende des Jahres.«
»Meinen Glückwunsch«, antwortete
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