Der Keller
seine Schuhe hinab, dann wanderte sein Blick wieder zu ihr. »Das Angebot fürs Abendessen gilt nach wie vor. Bringt ihn einfach mit.«
»Genau«, sagte sie. »Ihn und seine Frau.«
»Die ewige Pessimistin«, sagte Nora.
»Na ja, dann viel Glück.«
»Das werden wir auch brauchen.«
Abe und Jack blieben in der Rezeption, um sich anzumelden, während Nora Tyler nach draußen folgte. »Willst du Dan immer noch finden?«, fragte sie.
»Wie meinst du das?«
»Sieht ganz danach aus, als hätte unser Freund Abe ein Auge auf dich geworfen.«
Tyler ging die Veranda hinunter und stieg in den Wagen. Nora folgte ihr. »Er ist ein echtes Prachtstück«, sagte sie.
»Ich kenne ihn doch kaum.«
»Aber du musst zugeben, dass er dein kleines Herz schneller schlagen lässt.«
»Du träumst wohl«, sagte Tyler und ließ den Motor an. »Du musst nicht unbedingt mitkommen«, sagte sie, als sie aus dem Parkplatz fuhr. »Wenn du lieber hierbleiben und dich schick machen willst, dann …«
»Stinke ich etwa oder was?« Nora schnupperte an ihren Achselhöhlen.
»Ich will auf keinen Fall, dass du die Happy Hour verpasst.«
»Keine Angst«, sagte sie. »Hey, sieh mal. Die Reichen und Schönen.«
Tyler fuhr an einem grauen Mercedes vorbei und hielt vor dem Bungalow dahinter an. »Das meine ich ernst. Du musst nicht mitkommen.«
»Heißt das, ich bin nicht erwünscht?«
»Aber nein. Ich dachte nur, du hättest keine Lust, mehr nicht. Also so, wie du gerade versucht hast, mir die ganze Sache auszureden …« »Ich habe dich nur daraufhingewiesen, dass es kein Gesetz gibt, das dich dazu verpflichtet, nach Dan zu suchen. Offensichtlich hast du Angst davor, und genauso offensichtlich machst du Abe schöne Augen.«
»Ich mache überhaupt niemandem ›schöne Augen‹.«
»Ach nein? Gib’s zu.«
»Komm, packen wir erst mal aus.«
Ein paar Minuten später hatte Tyler ihren Koffer auf eines der Betten geworfen, sich frischgemacht, Lippenstift aufgetragen und ihr Haar gebürstet. »Fertig«, rief sie durch die Tür, die ihre Zimmer verband.
»Bin gleich so weit«, antwortete Nora.
Sie verließ den Bungalow. Abes Mustang parkte vor dem Häuschen genau gegenüber.
Tyler beobachtete wie ihre Freundin aus der Tür gestürmt kam und die Treppe hinunterhüpfte. Ihre Brüste wippten unter ihrem T-Shirt hin und her. Für einen kleinen Augenblick fühlte sich Tyler von ihr bedroht und sehr müde.
Sie roch einen leichten Hauch Parfüm, als Nora neben ihr ins Auto stieg. »Alles fit im Schritt?«
»Meinem Schritt geht’s gut«, sagte Tyler.
»Und sonst?«
»Ich bin nur ein bisschen nervös.«
»Feigling.«
Sie ließen die bewaldeten Hügel hinter sich und fuhren auf die Tankstelle zu.
»Halt an«, sagte Nora. »Ich will Clyde noch mal ordentlich die Meinung geigen.«
»Er heißt Bix.« Tyler bemerkte den Tankwart, wie er vor dem Reifen eines Honda kniete und den Luftdruck überprüfte. Sie trat aufs Gas.
»Vielleicht ist er ja mit dem Arschloch verwandt, das wir auf der
Straße getroffen haben. Du solltest mal den Striemen sehen, den mir der Penner mit der Antenne verpasst hat.«
»Hat bestimmt wehgetan.«
»Na, in Zukunft wird er es sich zweimal überlegen, bevor er noch mal so was abzieht.« Ein paar Minuten vergingen. »Fahr langsamer«, sagte Nora. »Da vorne ist der Monsterschuppen.«
Tyler warf einen Blick auf das alte Haus vor ihnen. Seine Fenster wurden von der Nachmittagssonne beschienen und wirkten wie mit Gold überzogen.
»Zweifellos, das ist er.«
Sie fuhr langsamer und sah zur rechten Seite. Hinter einem Ramschladen befand sich ein bewaldetes Grundstück, durch das sich eine Schotterstraße zog. Sie betätigte den Blinker.
»Das ist die Beach Lane«, sagte Nora.
Tyler bog in die enge, unebene Straße ein.
»Dein Dan scheint es wirklich rustikal zu mögen.«
»Sieht so aus.« Zur Rechten, wo irgendwo sein Haus stehen musste, war nur dichter, schattiger Wald. Im Vergleich dazu wirkte das wellige, mit Gestrüpp bewachsene Feld zu ihrer Linken fast kahl. Hinter dem Feld stand ein einzelnes zweistöckiges Backsteinhaus samt einer separaten Garage.
»Komisch«, sagte Nora.
»Was?«
»Na ja, wie viele Backsteinhäuser gibt’s denn in Kalifornien?«
»Vielleicht hat es jemand aus dem Osten geb…«
»Das gibt’s doch gar nicht. Schau mal. Keine Fenster.«
Tyler warf einen genaueren Blick auf das Gemäuer. Nora hatte Recht: In der Backsteinwand befand sich nicht die kleinste Öffnung.
»Die schätzen eben
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