Der Keller

Obwohl du ja nicht unbedingt wie eine fiese Schlägertype wirkst.«
    »Na hoffentlich.«
    »Nur ein bisschen.«
    »Das Leben im Luxus hat deinem fiesen Humor jedenfalls nicht geschadet.«
    »Nö. Gott sei Dank.«
    »Ja. Das wäre wirklich ein schlimmer Verlust gewesen. Außerdem - wenn du mit auf die Kreuzfahrt gekommen wärst, was hätten sie dann mit dem Horrorhaus gemacht?«
    »Dann hätte sich Clyde um alles kümmern müssen.«
    »Clyde?«
    »Clyde Bennett. Er ist uns gestern über den Weg gelaufen. Ein echter Charmeur. Er ist bestimmt stinksauer, wenn er erfährt, dass ich diesen Sommer das Kommando habe.«
    »Ist er so schlimm?«
    »War er zumindest. Früher.«
    Sie fuhren um eine Kurve, und vor ihnen erschien eine zweispurige geteerte Straße. Tuck hielt an.
    »Ab jetzt heißt es aufpassen«, sagte sie. »Manche Leute hier fahren wie die Irren.« Sie sah in beide Richtungen, bevor sie wieder aufs Gas trat. »Horrorhaus«, rief sie, »wir kommen!«

Kapitel vier
    Pattys Version der Geschichte

    »Da bin ich wieder«, sagte Patty.
    Owen war über die Unterbrechung sehr erleichtert, lehnte sich in seinem Sitz zurück und legte den Kopf zur Seite, um Patty besser sehen zu können.
    »Genießen Sie alle die Landschaft?«, fragte sie. »Ziemlich aufregend, nicht wahr?«
    Du auch, dachte Owen.
    Patty hielt sich mit einer Hand an einer Stange fest, mit der anderen hielt sie das Mikrofon umklammert.
    »Dieser Abschnitt des Küstenhighways kann manchmal ein bisschen beängstigend sein«, sagte Patty. »Andererseits sind Sie ja auf Nervenkitzel aus, sonst wären Sie ja jetzt nicht auf dem Weg zum Horrorhaus, hab ich Recht?«
    »Genau«, antworteten einige der Passagiere. Andere kicherten.
    »Um Sie zu beruhigen: Wir haben in den letzten drei Wochen keinen einzigen Bus verloren. Die Fahrt davor jedoch soll ziemlich aufregend gewesen sein, jedenfalls ein paar Sekunden lang. Ich vermisse meine Kollegin. Wir kamen ziemlich gut miteinander aus.«
    »Was für ein Blödsinn«, murmelte Monica.
    »Es war ein schrecklicher Unfall, aber ich bin mir sicher, dass wir es schaffen werden. Oder nicht, Al?« Der Fahrer hob einen Daumen. »Sein grauer Star macht ihm heute ein bisschen zu schaffen.« Patty legte eine kurze Pause ein. »Wer von Ihnen war schon einmal im Horrorhaus?«
    Owen sah sich um. Ungefähr zehn Passagiere hoben die Hand.
    »Also, ich würde sagen, etwa jeder Fünfte. Sehr gut. Das ist nichts Ungewöhnliches. Viele Leute kommen immer wieder. Irgend-etwas am Horrorhaus zieht die Leute magisch an. Besonders die Spinner - nichts für ungut.«
    Gelächter ertönte.
    »Das Haus hat eine lange und schillernde Geschichte. Und eine sehr blutige dazu. Davon will ich Ihnen aber jetzt nicht allzu viel verraten. Stattdessen werde ich Ihnen etwas über die Dinge berichten, die während der Führung nicht erwähnt werden.
    Das Horrorhaus ist seit 1932 eine bekannte und beliebte Touristenfalle, äh -attraktion. Für diejenigen unter Ihnen, die nicht besonders gut in Mathe sind - das ist schon eine ganze Weile her. Es war die Zeit der Weltwirtschaftskrise. Herbert Hoover war Präsident der Vereinigten Staaten, Edward VII. saß auf dem Thron von Großbritannien, und in Deutschland wäre ein politischer Aufsteiger, ein gewisser Adolf Hitler, um ein Haar Präsident geworden, wurde jedoch von einem Kerl namens Hindenburg in die Schranken verwiesen.«
    »Aber nicht für lange«, warf jemand ein.
    »Genau«, sagte Patty. »1932 besetzte Japan Shanghai. Al Capone wurde in Atlanta ins Kittchen geworfen. Das Baby der Lindberghs wurde entführt und umgebracht. Gary Cooper spielte die Hauptrolle in In einem anderen Land , und Shirley Temple trat zum ersten Mal überhaupt in einem Film auf. Und zu guter Letzt war 1932 auch das Geburtsjahr von Senator Edward Kennedy und Elizabeth Taylor.«
    »Da haben wir’s«, flüsterte Owen. »Liz.«
    »Das wichtigste Ereignis dieses Jahres war natürlich die Eröffnung des Horrorhauses. Das Haus war etwa dreißig Jahre zuvor als Privatdomizil erbaut worden. Erst Maggie Kutch gelang es, daraus eine von Amerikas bizarrsten und berüchtigtsten Attraktionen zu machen.
    Das Horrorhaus wurde im Jahr 1902 von Elizabeth Thorn, der Witwe von Lyle Thorn, erbaut. Lyle, der Anführer der Thorn-Ban-de, war ein gefürchteter Bandit, der gegen Ende des neunzehnten
    Jahrhunderts den Westen unsicher machte. Es gab praktisch nichts, wovor er zurückschreckte. Er raubte Banken, Postkutschen und Züge aus, stahl Rinder und