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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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benimmt, kann ich ihn damit überraschen.
    Gute Idee, dachte Owen.
    Doch John wartete nicht auf ihn.
    Die beiden Betten waren bereits gemacht. Auf dem Tablett neben dem Eiskübel standen saubere Gläser, und im Badezimmer hingen frische Handtücher.
    Owen schloss die Vorhänge, zog den Schlafanzug an und legte sich ins Bett.
    Dann sah er auf die Uhr.
    Ich stelle den Wecker auf fünf oder sechs, dachte er. Dann kann ich auf keinen Fall verschlafen und die Führung verpassen.
    Andererseits - sicher ist sicher.
    Er stellte den Wecker auf vier Uhr. Dann konnte er immer noch das Ticket umtauschen. Er stellte sich vor, wie er vor sie trat. »Hi, Owen«, sagte sie mit einem warmen, sanften Lächeln.
    »Hi, Dana.«
    »Sehe ich dich jetzt jeden Tag?«
    »Ich kann gar nicht genug vom Horrorhaus kriegen«, sagte er. Und von dir auch nicht, fügte er in Gedanken hinzu.
    »Wo warst du gestern Abend?«, fragte sie.
    Die Frage ließ ihn zusammenfahren.
    »Ich dachte, wir hatten eine Verabredung«, sagte sie, während er noch fieberhaft nachdachte.
    »Wirklich?«
    »Ich stand vor deinem Hotelzimmer, aber du warst nicht da«, sagte sie mit enttäuschter Miene.
    Oh nein. Oh nein. Das darf doch nicht wahr sein.
    »Ich wollte dich so gerne sehen.«
    »Ich wollte dich auch gerne sehen.«
    »Ich hab dich so vermisst, Owen.« Sie griff durch das Loch im Glasfenster und nahm seine Hand.
    In der anderen Hand hielt er Johns Ticket für die Mitternachtsführung.
    »Kommst du heute Abend?«, fragte sie ihn.
    »Ja.«
    »Ich auch.«
    »Toll.«
    »Kommst du ganz alleine?«
    Sein Herz schlug schneller. »Ja.«
    »Ich auch. Vielleicht können wir die Führung ja … gemeinsam machen?«
    Irgendwo fiel eine Autotür ins Schloss.
    Owen begriff, dass er nur geträumt hatte, und hätte beinahe angefangen zu heulen.
    Er wollte einfach nur wieder einschlafen und genau an dieser Stelle weiterträumen.
    Aber das klappte nie. Nur bei Albträumen.
    Owen rannte durch ein großes, altes Schulgebäude, riss Türen auf und spähte in die Klassenzimmer. Die Stunde würde jeden Augenblick anfangen. Wo ist mein Zimmer? Ich muss es finden! Oh Gott, wo ist es nur? Das schaffe ich nie rechtzeitig. Wenn ich wenigstens die Zimmernummer wüsste.
    Dann klingelte die Glocke.
    Oh nein! Ich bin zu spät.
    Er wachte auf, weil das Telefon klingelte.
    Wer kann das sein? Niemand weiß, dass ich hier bin.
    Nur John.
    Ich muss ihm bestimmt irgendwie aus der Patsche helfen.
    Er stützte sich auf einen Ellbogen und hob ab. »Hallo?«
    Er hörte nur ein leises Zischen.
    »Hallo?«
    Der Anrufer legte auf.
    Owen ließ den Hörer sinken, legte sich auf den Rücken, schloss die Augen und seufzte.
    Wahrscheinlich nur verwählt, dachte er.
    Aber alle Anrufe wurden doch von der Rezeption weitergeleitet.
    Na und? Egal.
    Er sah auf die Uhr. 15:50 Uhr.
    In zehn Minuten würde die Uhr anfangen zu piepsen. Er war todmüde. Er konnte unmöglich aufstehen und zur Ticketbude gehen.
    Wahrscheinlich sitzt Dana immer noch da drin. Ich verkaufe das verdammte Ticket einfach heute Abend. Irgendwie werde ich es schon loswerden.
    Er stellte den Wecker auf 18:30 Uhr. So würde er noch eine Stunde Zeit haben, um sich auf das große Ereignis vorzubereiten, und eine halbe, um Johns Ticket unter die Leute zu bringen.
    Owen wachte schweißgebadet und hungrig auf.
    18:10 Uhr.
    Er setzte sich auf und sah sich um. Als er Johns zerbrochene Brille auf dem Nachttisch liegen sah, regte sich sofort wieder sein schlechtes Gewissen.
    Er ist immer noch nicht da.
    Die Führung fängt in ein paar Stunden an. Mann, wo bleibst du?
    Owen stand auf, duschte, sprühte sich Deodorant unter die Achselhöhlen, rasierte und kämmte sich und putzte sich die Zähne.
    Um 18:45 Uhr war er bereit.
    Er hängte sich die Kamera über die Schulter und steckte die beiden Tickets in die linke Brusttasche seines Polohemds.
    Er würde zu Fuß gehen.
    Eigentlich hatte er Sonnenschein und eine milde Brise erwartet. Doch als er die Tür öffnete, bemerkte er, dass sich während des Nachmittags eine Nebelbank über die Stadt gelegt hatte.
    Graue Schwaden umhüllten die Autos auf dem Parkplatz. Owen konnte kaum bis ans andere Ende des Innenhofs sehen.
    Es war merklich kühler geworden.
    Owen ging ins Zimmer zurück, legte die Kamera aufs Bett und schlüpfte in eine Windjacke, auf deren Rücken mit goldenen Buchstaben CRAWFORD JUNIOR HIGHSCHOOL geschrieben stand.
    Auf einen Pullover verzichtete er. Die Führung würde ja sowieso zum Großteil im Haus

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