Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
Pädagogen, der sich geradezu gezwungen sah, korrigierend auf seinen Schüt z ling einzuwirken. Seufzend legte er seine Schri f trollen auf einen Hocker im Atrium und ging in die Küche, um sich zu A g nar zu setzen.
„Mein Junge, hast du denn in all den Jahren in der Zivil i sation nicht gelernt, dass man als freier Mann zu Tisch liegt und nicht über der Schüssel sein Essen in sich hi n einschaufelt? Was isst du denn hier überhaupt? Das riecht ja ekelhaft. Wie Hundefu t ter.“
Agnar war soweit wieder in Ordnung, dass er reden konnte, ohne mit den Zähnen zu kla p pern.
„Es schmeckt aber ganz gut. Hier in der Küche ging es schneller, als wenn ich erst die Diener gerufen hätte.“ „Schneller!“
Timaios war empört.
„Essen ist ein Akt der Kultur! Schnell essen ist für Barb a ren... – oh verzeih!“
Agnar lächelte, er raffte die Decken um sich und stand auf, um sich aus einer Amphore einen Becher mit Wein voll zuschenken. St e hend trank seinem Lehrer zu.
„Noch eine Sitte der Barbaren,“ sagte Agnar. „Aber es ist einfach eine Schande, den guten Wein mit Wasser zu panschen.“
Timaios schüttelte resigniert den Kopf und wec h selte das Thema.
„Bist du krank? Du siehst schlecht aus: Augenringe, ho h le Wangen...“
Agnar war plötzlich in Redelaune. Sein erfolgreicher Ve r such versetzten ihn in gehobene Stimmung, und der ha l be Becher Wein war ihm sofort in den Kopf ge s tiegen. Er musste einfach mit jemandem reden.
„Nein, ich bin nicht krank. Ich habe mich nur etwas ü beranstrengt, als ich mit meinen Gedanken meinen Mi t spieler erreichen wollte.“
Timaios hatte plötzlich das Gefühl, einem Fremden g e genüber zu sitzen.
„Was redest du da? Jemanden in Gedanken e r reichen? Und wer ist dein Mitspieler?“
„Ach Timaios! Es gibt Dinge, die sich der Er k lärung durch deine Philosophie entziehen und trotzdem mö g lich sind. Der Mann, dessen Gedanken ich teile, e r lebt das gerade am eigenen Leib. Auch wenn er es noch nicht weiß, wird er mir noch sehr nützlich werden. Du kennst ihn sicher, es ist Sulla!“
„Was hast du mit diesem Sulla zu schaffen? Das ist doch ein Angehöriger des römischen Hochadels. Ich kenne diese Leute, sie sind gefährlich, sie sind daran gewöhnt, sich zu nehmen, was sie wollen. Letztlich denken sie nur an ihren eigenen Vorteil.“
„Genau diese Eigenschaften werden ihn dazu bri n gen, mir in die Hand zu arbeiten. Indem er glaubt, seine eig e nen Interessen zu vertreten, dient er m e inen Plänen. Ich muss ihn nur noch etwas mehr aus seinen gewohnten Bahnen herausholen, dann gibt es keine Grenze mehr.“
„Ich weiß nicht, ob wir über denselben Mann spr e chen, aber der Sulla, den ich meine lief ohnehin nie in irgen d welchen gewöhnlichen Bahnen. Und was meinst du mit ‚seine Gedanken teilen?’ Ich will davon nichts mehr h ö ren. Was du hier andeutest, stinkt nach Hexerei. Wenn jemand davon erfährt, ist dein Leben kein Ass mehr wert, also hör auf damit.“
Timaios war aufgestanden, bei seinen letzten Worten hatte er sich umgedreht und die Küche ve r lassen. Agnar trank den Becher leer. Er füllte die Schüssel noch einmal mit dem lappigen Fleisch und ging in den kleinen Garten hinter dem Haus.
Die beiden großen, schwarzen Vögel hatten ihn in der Dämmerung erkannt. Flatternd ve r ließen sie ihren Platz auf der Grenzmauer, um sich auf seinen Schultern ni e derzulassen. Agnar stellte die Schüssel auf den Boden, die beiden Raben hopsten hinterher und balgten sich um die Kutteln. Als sie fertig waren, hob Agnar einen der beiden auf seinen Arm und streichelte ihm über das metallisch glänzende Gefieder des Kopfes. Die schwarzen Augen des Vogels musterten ihn interessiert.
Lucius war es gelungen, eine Stellung der Au f ständischen nach der anderen auszuh e ben. Seine Truppen folgten ihm wie ein zweiter Körper. Rom war in den Gedanken seiner Legionäre in die zweite Reihe gerückt. Sie kämp f ten nicht mehr für diesen Staat, den sie immer weniger verstanden, sondern sie kämpften um Lucius’ Anerke n nung und sein Lob. Tatsächlich kursierten auch sel t same Gerüchte über ihn. Ein besonderer Zauber hafte ihm an, eine Art göttlicher Schutz, der sich auch seinen Leuten mitteile, wenn sie bereit wären, ihn bis zum letzten Mann zu verteidigen. Sein Ansehen in allen dreizehn Legionen, die ihm unterstellt waren, war zum Ende des Feldzuges und nachdem sie dank Lucius Vorahnung einem Hinte r halt entkommen waren so
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