Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Doch sie fand keine Gelege n heit um Aufklärung zu bitten, denn sofort brach eine Flut von Fragen über Claudia herein.
„Wie hast du das geschafft?“
„Seit wann hast du es?“
„Was hast du den Wächtern dafür bezahlt?“
Claudia winkte ab.
„Was haben die Wächter denn damit zu tun?“, fragte sie mit überlegenem Lächeln. Claudia b e quemte sich, noch ein kleines bisschen Information rauszurücken. „Erinnert ihr euch an den letzten Kampf? Tigris hat seinen Gegner natürlich getötet, aber zuvor war es diesem Hund gelu n gen, ihn an der Brust zu verletzen. Dieses Blut schickte er mir.“
Die anderen waren vernichtet, niedergeschmettert, übe r wältigt. In die ehrfurchtsvolle Stille hinein ließ sich Neära in etwas beleidigten Ton vernehmen: „Kann mir jetzt einmal jemand sagen, was das alles zu b e deuten hat? Was ist denn so Bedeutsames an diesem Fetzen?“
„Oh Neära, deine Konfitüre ist einfach hervo r ragend, aber davon hast du nun wirklich keine A h nung. Du bist ja selbst schuld. I m mer weigerst du dich, uns einmal zu den Spielen zu begleiten.“
„Natürlich weigere ich mich!“ Neära plusterte sich auf. „Diese Kämpfe sind etwas für Männer oder für die We i ber aus dem Plebs. Keine anständige P a trizierin sollte auch nur daran denken sich so etwas anzusehen.“
Weit davon entfernt beleidigt zu sein, lachten die anderen sie aus. Ihre strenge Haltung führte immer wieder zu Diskussionen, aber die Freundinnen gaben nicht auf.
„Es ist völlig in Ordnung zuzusehen, der Magistrat hat die hinteren Ränge für die M a tronen reserviert, da sich sowieso niemand abhalten lies.“
„Trotzdem ist es nicht schicklich!“
„Du kannst dir doch gar kein Urteil erlauben, wenn du nicht wenigsten einmal mitgehst. Es ist einfach wunde r voll, erregend...“
Die Sprecherin verstummte. Neära schüttelte missbill i gend den Kopf. Man wandte sich wieder Haushaltsth e men zu, doch Neära hatte das Gefühl, dass ihre Freu n dinnen zum Aufbruch drängten um sich auf dem Hei m weg nochmals der ominösen Kapsel und ihrem Inhalt zuwenden zu können. Auch die Aussicht auf weitere Küchengeheimnisse konnte sie nicht mehr zurückhalten. Sie schüttelte sich innerlich, ‚erregend’! Manchmal fragte sie sich, ob sie sich nicht nach einem neuen Bekannte n kreis umtun sollte. Aber wenn diese Damen aus den feinsten Patrizierhäusern schon solch plebeiische Intere s sen hatten, was war dann erst von anderen zu erwarten. Sie beschloss, die ganze Geschichte zu vergessen.
Als sie eines Tages eine Einladung wah r nahm, die sie ins Haus eben jener Claudia führen sollte, wurde sie einfach überrumpelt. Die ganze Gruppe ihrer Freundinnen stand fertig angezogen im Atrium. Als Neära das Haus betreten wollte, wurde sie noch unter der Tür abgefangen und mit zum Forum geschleppt, wo an diesem Tag Spiele stat t fanden. Da sie schlecht in den Straßen um sich schlagen und sich losreißen konnte, machte sie gute Miene zum bösen Spiel und ließ sich mitschleifen. Inne r lich hatte sie ihren Plan fertig: Sie würde zwar körperlich anw e send sein, aber mit geschlossenen Augen die Sache hinter sich bringen und so ihren mora l ischen Anspruch wahren. Trotz des Spottes und der Rippenstöße ihrer Freundi n nen saß sie also in einem der obersten Ränge, mit z u sammenge k niffenen Augen, die Stola über den Kopf gezogen, während um sie herum die Menge tobte. Ihre Freundinnen hatten sich bald nach Beginn des Spe k takels nicht mehr um sie gekümmert, da das Geschehen in der Arena wesentlich interessanter war als Neäras unnac h giebige Haltung. Neära ho f fte, dass es bald eine Pause geben würde, in der sie sich unauffällig entfernen könnte, als plötzlich Stille eintrat. Gerade wollte sie a u fatmen, da ertönte ein Schrei aus allen Kehlen, und vor Schreck riss sie den Schleier von ihrem Gesicht: Da b e gann ihr neues Leben. Sie konnte nicht einordnen, was die a n deren hier so gepackt hatte, doch was sie sah, traf sie tief in ihrer Seele, die Zeit ihres Lebens so sehr nach Heldentum gedürstet hatte. Hier mitten in Rom, nicht auf einem weit entfernten Schlachtfeld, sondern direkt vor ihrer Haustür hatte sie die Erfü l lung ihrer Träume gefunden.
Sie wurde geradezu besessen von den Spielen. Nichts bedauerte sie mehr, als dass sich nur zwei oder dreimal im Jahr die Gelegenheit bot, ein solches Spektakel mitz u erleben. Sie hatte es schon ein paar Mal mit Hinrichtu n gen
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