Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
hörte das ruhige, kultivierte Ambiente in der Villa hoch über dem Golf ihm allein.
Mit drei Fingern hatte er einige Mangoldstängelchen g e griffen und schob sie sich zie r lich in den Mund, als einer der Sklaven hereinpolterte, um ihm ein Schreiben zu übergeben. Timaios richtete sich auf und wischte seine Hände sorgfältig an einem ge s tickten Leinenlappen ab, bevor er nach der Schrei b tafel griff, die ihm der Diener hinhielt. Während er las, versuchte er mit der Zunge eine Mangoldfaser zu lösen, die sich vor seinem letzten B a ckenzahn verklemmt hatte. Er bohrte sehr lange mit der Zunge und nahm schließlich den Finger zu Hilfe. Der Sklave, der auf einen Bericht über den Inhalt des Schre i bens wartete, fuhr ihn ungeduldig an.
„Soviel kann in dem kurzen Brief doch nicht st e hen! Bist du denn immer noch nicht fertig? Der Mann steht da draußen rum. Die Küchenmägde sind von der Arbeit for t gelaufen. Jetzt sag endlich, was mit diesem Menschen passieren soll.“
Timaios besah sich den grünen Fussel unter seinem Fi n gernagel.
„Er soll hier bleiben. Er soll hier bleiben und wir sollen auf ihn aufpassen. Das heißt, ihr sollt ihn bewachen und ich soll ihm ein wenig Schliff geben, damit er keinen U n sinn macht, wenn er erst wieder in Rom ist.“
Der Diener verdrehte die Augen zum Himmel, T i maios lutschte den Klecks von seiner Fi n gerkuppe.
„Am besten, du bringst ihn herein, damit ich ihn mir ansehen kann.“
Als der Sklave zurückkam, folgte ihm der erstau n lichste Mensch, den Timaios je gesehen hatte. Er überragte se i nen Begleiter um mehr als Haup t eslänge. Seine grobe Tunika wäre bei einem anderen Mann einigermaßen schicklich gewesen, bei seiner Größe aller d ings war sie an den Ärmeln und in der Länge viel zu knapp, ja ließ sogar die Knie unb e deckt. So war es nicht zu übersehen, wie weiß die Haut dieses mächtigen Körpers war. Als Kr ö nung der ganzen Erscheinung fiel das lange, au f fallend helle Haar ohne jedes Zeichen von Pflege über die A u gen und auf die Schultern. Nachdem der Diener den Fremden mit spitzen Fingern vor die Liege von T i maios geschoben hatte, verdrückte er sich schnell. Der Fremde streifte sich das Haar zurück. Sein Blick, der Timaios aus durchdringenden Augen traf, war forschend und rese r viert zugleich. Timaios fuhr sich über das Gesicht, schü t telte den Kopf. Nac h denklich saß er auf dem Rand der Liege, sah lange auf seine Zehenspitzen und versuchte sich klar zu werden, wie er nun verfahren sollte.
„Immer vom Einfachen zum Komplizierteren schreiten.“ sagte er zu sich selbst. Er hob den Kopf und bemerkte, dass den Fremdling ein beißender Geruch nach Stall oder etwas Ähnlichem umgab. Timaios würde ganz von vorne beginnen müssen. „Wie heißt du?“
Der Mensch starrte ihn verständnislos an.
„Wie lautet dein Name?“
Mit Besorgnis stellte Timaios fest, dass diese einfache Frage den Mann nervös zu machen schien. Der Blick der stechenden Augen wanderte Halt suchend umher, wä h rend der Stal l geruch sich etwas zu verstärken schien. Zwischen den Händen knetete der Barbar ein offensich t lich wertvolles Kleidungsstück aus feinem, blas s blauem Stoff. Wenn Timaios irgende t was vermeiden wollte, dann, dass dieser Riese nervös wurde. Wer wollte vorhe r sagen, was alles passieren könnte?
„Verstehst du denn, was ich dich gefragt habe?“
Die Augen richteten sich wieder auf ihn.
„Natürlich verstehe ich dich.“
„Also gut, mein Name lautet Timaios, ich stamme aus Griechenland und bin Dichter und Hauslehrer. Und jetzt nenn mir doch bitte deinen Namen, damit wir alle wi s sen, mit wem wir es zu tun haben.“
Wieder kam lange keine Antwort, dann schließlich: „Fl a vus!“ Timaios fiel ein Stein vom Herzen, endlich war diese una n genehme Situation beendet.
„Flavus, wie schön! Und so passend! Wenn auch nicht sonderlich originell! Aber egal! Lieber Flavus, du bist bestimmt müde von der Reise und brauchst eine Erfr i schung. Ich schlage dir vor, du nimmst erst einmal ein Bad, dann gehst du in die Küche und lässt dir etwas zu Essen geben.“
Timaios klingelte nach dem Diener.
„Sag im Waschhaus Bescheid, dass sie den Zuber anhe i zen und unseren lieben Freund Flavus baden. Gebt ihm etwas Anständiges anzuziehen. Die a n deren sollen ihm in der Küche einen Imbiss berei t stellen.“
Als die beiden verschwunden waren, wartete T i maios noch ein wenig, bis sich der Geruch verzogen hatte, dann setzte er seine
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