Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
tauchte eine Hand in das kühle, klare Wasser. Mit den nassen Fingern strich er über das Bild des Fabelw e sens, das am Rand des Bassins den Boden schmückte. Er hatte noch nie Bilder gesehen, die denen hier gleich k a men, und er konnte sich nicht fassen darüber, dass sie so angebracht waren, dass sie von Füßen getreten werden konnten. Ehrfürchtig berührte er die Gewan d falten der schwebenden Göttinnen. Schließlich stand er wieder auf, um zu dem Faun zu gehen. Der brachte ihn nun endgü l tig an den Rand seiner Auffassungsgabe. Was konnte einen Menschen dazu bewegen, einen so wu n dervollen Raum mit dem Bildnis eines Mannes zu schmücken, der ganz offensichtlich stockbetrunken war? So betrunken, dass er noch nicht einmal mehr das mindeste Schamg e fühl empfand. So betrunken, dass man glaubte, den schlechten Atem aus seinem Mund strömen zu fühlen. Wenigstens schien er unter seiner Zügellosigkeit zu le i den, das schmerzlich ve r zogenen Gesicht und die Hand im Nacken spr a chen eine deutliche Sprache. Er gönnte ihm den schweren Kopf von ganzem Herzen, denn der selbstverliebte Kerl war ihm vom ersten Moment an u n sympathisch. Als er gerade noch einmal der Frage nac h gehen wollte, wieso man sich freiwillig einer solchen G e sellschaft aussetzen konnte, hörte er das Klappern von Sandalen aus dem Inneren des Hauses. Schnell trat er von dem Bildnis zurück.
Ein schlanker Mann mittleren Alters trat in das Atrium. Er hatte seine Tunika bequem und locker gegürtet, so dass sie ihm unge z wungen auf die Füße fiel.
„Ah! Unser Neuzugang!“, sagte er in au f geräumten Ton. Wie ein Künstler, der sein Werk bewundert, streckte er einen Arm aus und betrachtete seine Entdeckung. Er war höchst zufrieden, der Barbar wirkte hier in der eleganten Umgebung seines Hauses noch fremdartiger als in dem Trubel auf dem F o rum. Erst hier im geschlossenen Raum kam seine Größe voll zur Geltung, und das lange Haar gab dem scharfen Gesicht den nötigen barbarischen Rahmen.
„Gut, gut, gut!“, dachte Trebatius befriedigt. Laut sagte er:
„Du kannst bei mir Arbeit als Mitglied meiner Leibwache bekommen.“
Er sprach überdeutlich und trennte die Worte sorgfältig, um dem Barbaren das Verständnis zu erleichtern.
„Du bekommst dreißig Sesterzen im Monat und isst und schläfst hier.“
Der Barbar blickte ratlos um sich.
„In den Räumen der Dienerschaft“, ergänzte Tr e batius freundlich. Er bemühte sich, seine Ungeduld nicht allzu offensichtlich werden zu lassen, aber er brannte darauf, dieses seltene Exemplar seinem Haushalt einzuverle i ben. Er wollte gerade noch mal nachsetzen, als erneut Schritte aus dem Inneren des Hauses zu hören waren. Das G e räusch klang rasch lauter, die Sandalen schlugen so hart auf den Boden, dass es unüberhörbar war, dass de r jenige, der sich hier näherte in Kampfstimmung war.
Der Barbar sah fragend zum Hausherrn, seltsamerweise schien es so, als ob dieser den Kopf leicht zwischen die Schultern gezogen hatte. Durch die Tür zum Hausinn e ren rauschte nun eine zarte, etwas ältere Dame, schoss einen Blick in Richtung Trebatius und verharrte zwei M e ter vor dem Neuankömmling. Einige Sekunden starrte sie den Barb a ren fassungslos an. Als sie ihre Sprache wieder gefu n den hatte, öffnete sie den Mund und sprach mit halblauter Stimme, ohne ihren Blick abz u wenden. „Das glaube ich einfach nicht! Nein, ich kann es nicht glauben! Tr e batius, du denkst doch nicht allen Ernstes, dass ich e r lauben kann, dass dieser Mensch mit uns unter einem Dach wohnt. Ich als Matrone dieses Hausha l tes habe die Pflicht, auf das Wohlergehen und die Sicherheit aller B e wohner dieses Hauses zu achten, und deshalb werde ich nicht dulden, dass dieses...“, sie rang nach Worten, „...dieses Ungeheuer auch nur eine Nacht hier bleibt und so die Gelegenheit erhält, uns alle in unseren Betten zu erwürgen und uns auszurauben. Deine Spinn e reien in allen Ehren, aber diesmal gehst du zu weit. Schaff diesen Menschen aus dem Haus, oder ich schreie.“
„Drusilla, bitte beruhige dich. Er sieht doch ganz har m los aus.“ Dieses Argument hatte allerdings selbst in Tr e batius eigenen Ohren wenig Überzeugungskraft, und als ob sich die Beleuchtung plötzlich geändert hätte, nahmen die Anw e senden den Barbaren plötzlich wie durch die Augen Dr u sillas wahr, inklusive seiner selbst.
Er fühlte sich plötzlich grob und ungeschlacht und viel zu groß für das elegante Ambiente, das für
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