Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
Mahlzeit fort. Auf eine solche Gesellschaft hätten sie alle hier gut und gerne verzichten können. Er fragte sich, was Trebatius dazu bewogen hatte, diesen Flavus hierher zu schicken. Er selbst jedenfalls hatte vor, sich so weit wie möglich aus der ganzen Sache herausha l ten. Der Barbar würde bei den anderen im Gesi n detrakt leben und ihn wenig belästigen. Mit Genuss schob er sich ein Stückchen Thunfisch zwischen die Li p pen. Nachdem er seine Mahlzeit beendet hatte, klingelte er, um abrä u men zu lassen.
Doch der Sklave, der eintrat, trug ein Tablett mit frischen Speisen herein. Ihm folgte der Aufseher. Timaios lächelte gezwungen.
„Welche Ehre, dass du mit mir essen willst. Leg dich zu mir, leider habe ich gerade den letzten Bissen zu mir g e nommen, aber ich freue mich, wenn ich dir Gesellschaft leisten kann.“ Der Aufseher lächelte nicht, sondern sah Timaios nur kühl an.
„Du bist im Irrtum, wenn du denkst, dass die Speisen für mich sind. Unser Neuzugang wird dir ab sofort in deiner Einsamkeit G e sellschaft leisten.“
Timaios fuhr auf.
„Moment, der Mann sollte in der Küche e s sen und im Gesindetrakt schlafen! So habe ich es angewi e sen.“
„Du hast hier aber nichts anzuweisen. Im Brief stand, dass die Diener auf ihn aufpassen und dass du ihm M a nieren beibringen sollst. Du kannst es dir aussuchen, entweder er lebt hier bei dir oder du ziehst mit ihm in den Gesindetrakt. Die Aufwärter wären nicht undankbar darüber, denn dein ewiges G e bimmel geht ihnen gewaltig auf die Nerven. Sie sagen, es wäre geradezu eine Erh o lung, wenn die Herrin hier ist.“
Timaios wusste, dass er keine Möglichkeit hatte, sich aufzulehnen. Die Anweisungen in dem Schre i ben waren klar gewesen. Wenn er sich weigerte, würde er minde s tens seine Bleibe in der Villa ve r lieren, wenn er nicht sogar nach Rom zurückbeo r dert werden würde. Der Aufseher öffnete die Tür und zog den Barbaren erneut in den Raum, dann ging er hinaus und schmetterte zum Abgang die Tür in den Rahmen.
Timaios schickte sich in das Unvermeidbare und machte eine einladende Handbewegung auf das gegenüberliege n de Sofa. Die Sklaven hatten den Neuen gebadet und eine halbwegs ausreichende Tunika aus weißer Leinwand au f getrieben. Das feuchte Haar war zurückgekämmt, so dass Timaios nun das Gesicht des Mannes betrachten konnte, mit dem er die nächste Zeit zusammenleben sollte. Der Lehrer hatte Züge voll ungeschlachter Br u talität erwartet, aber was er nun sah, ließ ihn hoffen, dass es mit der Ziv i li s ierung doch nicht so lange dauern würde. Das Gesicht erschien ihm erstaunlich wach und durchgearbeitet, mit breiter Stirn, schmalen Wangen. In diesen ganzen Ra h men fügten sich sogar die seltsamen Augen ganz gut und harmonisch ein. Timaios b e merkte verwundert, das der stechende Eindruck dadurch en t stand, dass die Augen zweifarbig waren. Ein dunkler Rand umschloss die Iris, die sonst von hellem, wässr i gem Blau war. Timaios fasste den Mann noch genauer ins Auge. Er war zwar groß und massig, aber noch jung, und um seinen Mund lag ein weicher, irgendwie unbestimmter Zug. Fast kindlich u n sicher, so als ob ein Wesenszug dieses Riesen sich gewe i gert hätte, erwachsen zu werden und ein Stück des einst i gen Jünglings in sich bewahrte. Timaios stellte verwu n dert eine fast gerührte Anteilnahme bei sich fest. Er ve r suchte ein Gespräch in Gang zu bringen, indem er seinen Gast ein wenig au s fragte.
„Wo kommst du her, Flavus?“
Der Angesprochene stutzte einen Moment.
„Aus der Schule.“
Timaios konnte ein Grinsen nicht unte r drücken.
„Warum nicht gar aus der Akademie? Ich wollte eigen t lich wissen, aus welchem Land es dich nach Rom ve r schlagen hat. Aber mit der Schule hast du mich neugierig gemacht. Was für eine Schule war das denn?“
In dem Augenblick, als er den Satz zu Ende gesprochen hatte, wusste Timaios auch schon von allein Bescheid.
„Lass nur, ich habe schon verstanden, du bist Gladiator.“
„Wenn ich in den letzten drei Tagen nicht alles falsch verstanden habe, dann ist das jetzt vorbei und ich bin frei,“ wandte Flavus ein. Timaios traf diese Antwort wie ein Stich ins Herz.
„Wenn das stimmt, dann bist du uns allen hier einen gewaltigen Schritt voraus. Wie kam es denn, dass du fre i gelassen wurdest?“, fragte er neidvoll. Der Barbar schü t telte ratlos den Kopf.
„Um ehrlich zu sein, ist es mir selbst nicht klar. Sie schickten mich in den Kampf, und ich unterlag. Ich
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