Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
und nur drei Blüten stehen lassen, so dass die gewunden Struktur des Zweiges besser zur Geltung kam. Cynara drehte die sel t same Blumengabe verblüfft in ihrer Hand, dann sagte sie: „Er ist wirklich seltsam. Man braucht eine Weile, bis man sieht, wie schön er ist.“
Bei diesen Worten sah sie ihm offen ins G e sicht, was dem Gesagten einen leicht schwankenden Unterton ve r lieh. Ihm wurde etwas unbehaglich. E i gentlich hatte er durch sein bescheidenes Geschenk nur seine anspruch s lose Stellung betonen wollen, doch seine Gastg e berin schien ihre eigenen Vorste l lungen vom Verlauf ihrer Freundschaft zu haben.
Sie berührte ihn leicht an der Schulter, um ihn so ins Triklinium zu lenken, das durch den Schein vieler Ö l lampen in goldenes Licht g e taucht war. Die Liegen waren mit Polstern und Decken geschmückt und so b e quem wie nur möglich hergerichtet. Auf dem niedrigen Tisc h chen in der Mitte des Zimmers wartete bereits eine si l berne Platte mit kleinen Vo r speisen, auf einem Bord standen Amphoren mit Wein und eine Karaffe mit Wa s ser. Sie hatte die Hälfte ihrer Musikanten herbeizitiert, die nun an einer Seite des Zimmers auf niedrigen Pol s tern saßen. Das Stück, das sie spielten, war leise und g e dämpft und verstärkte die intime Atmosphäre, die A g nar langsam entsetzlich nervös machte. Seine Gastg e berin mischte mit betont anmutigen Gesten den Wein mit Wasser, während D i enerinnen ihn nötigten, sich auf einer Liege niederzulassen. Cynara reichte ihm seinen Becher und legte sich neben ihn, so dass sich ihre Köpfe fast berührten. Dann trank sie ihm zu und senkte erneut i h ren Blick in seine Augen.
Agnars Gedanken rasten. Das Ganze passte übe r haupt nicht in seinen Plan. Wenn er auf das einging, was sich hier anbahnte, kam er diesem Sulla nicht näher, sondern ins Gehege. Wenn er sie aber abwies, so waren die B e mühungen mehrer Wochen mit einem Schlag zunichte. Das Schlimmste aller d ings war, dass ihm nie ein besserer Plan eingefallen war, wie er sich an den Aristokraten he r anmachen konnte. Er ärgerte sich maßlos, dass er nicht auf die Wirkung geachtet hatte, die er hier he r vorgerufen hatte, aber er wäre beim besten Willen nicht auf den G e danken gekommen, dass sie außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit noch weitere Bedürfnisse h a ben könnte. Man sollte meinen, gerade sie wäre in dieser Hinsicht ausre i chend ausgelastet, doch er musste einsehen, dass er sich geirrt hatte. Ihre Stimme drang wieder an sein Ohr.
„Was ist? Ist dir nicht gut? Ich fragte dich, ob du nicht hungrig bist.“
„Oh! Ja!“
Sie rechte ihm eines der Häppchen vom T a blett, und als er danach greifen wollte, zog sie die Hand zurück. Stat t dessen hielt sie ihm den Bissen vor den Mund. Er läche l te sie an und ergriff ihr Handgelenk, um ihr zu helfen, ihm das Stück in den Mund zu schieben.
Die Entscheidung war ihm jetzt doch nicht b e sonders schwer gefallen. Wie es weiter gehen sollte, würde er sich morgen überlegen. Der Abend ve r rann unter Blicken, kurzen Berührungen und leisem Geplauder. Sie goss ihm Wein nach und ließ ihn sehen, dass sie selbst von der Stelle trank, die auch seine Lippen berührt hatten. Er streichelte mit den Fingerspitzen über ihren Nacken. Sie schob die Ärmel seiner Tunika zurück. Die Blicke, die sich nun trafen, hatten ihre Kla r heit verloren und beider Atem ging schwer. Sie löste seinen Gürtel, und als sie sich anschickte, ihm die Tunika abzustreifen, bemerkte er aus dem Augenwinkel die interes s ierten Gesichter der Musikanten, die routiniert vor sich hin spielten. Als er sie direkt ins Auge fasste, hatten sie sofort wieder den pr o fessionell leeren Blick, der ihn aber nicht täuschen kon n te. Er löste Cynaras Hände von seinem Gewand.
„Nein, das geht nicht! Nein, wirklich nicht! Ich bin kein Römer!“ Sie starrte ihn verständni s los an.
„Wo ich her komme, war es nicht üblich, dass ein Mann und eine Frau vor anderen....“
Seine Empfindlichkeit erschien ihr ungeheuer k o misch, sie kicherte, dann entlud sich ihre Anspa n nung in einem Lachanfall. Mit einer Handbewegung schickte sie die Musiker hinaus, und nachdem sie sich beruhigt hatte, konnte sie sich wieder Agnar zuwenden, der mit roten Wangen und sichtlich verärgert auf der Liege saß. Sie musste alle ihre Künste in Schmeichelei und Beschwic h tigung ei n setzen. Irgendwann hatte sie ihn soweit, das er selbst über den Vorfall lachen konnte und sich die Tun i ka über den Kopf
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