Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
verzichten. Dafür war in der Nacht zuviel passiert. Irgendwann würde er sich von ihr lösen müssen, doch zunächst schob er diese En t scheidung von sich.
Trebatius hatte den ganzen Tag Verwendung für ihn, doch kaum war er am Abend entla s sen, führten ihn seine Schritte wie von selbst vor die Tür der Villa von Cynara. Und am nächsten Abend genauso. In den folgenden W o chen und Monaten erlebte er seine U m gebung wie aus weiter Ferne. Seit er nach Rom zurückgekehrt war, hatte er sich von seiner Umwelt entfernt und abgespalten em p funden. Doch während er sich bisher wie durch eine Eisplatte von allen anderen a b gesondert gefühlt hatte, nahm er nun seinen Umgebung gedämpft und ve r wischt war, als wäre ein dünner Seenebel aufg e zogen und hätte die Welt in leichten, hellen Dunst g e hüllt. Nachdem sie ein Liebespaar geworden waren, hatten sie wie durch eine wortlose Übereinkunft sofort auf ihre nächtlichen Tre f fen ve r zichtet. Er vermied es, zu erscheinen wenn sie zu den Gelagen ging. Stattdessen wartete er auf eine Nac h richt, dass sie den Abend mit ihm würde ve r bringen können, was zwei- oder gar dreimal die Woche vorkam. Er verdrängte den Gedanken an ihre Liebhaber und nutzte hemmungslos die Z u flucht, die sie ihm bot. In ihrer Nähe fand er Vergessen und Ruhe. Sein tranceart i ger Zu s tand wurde im Laufe der nächsten Wochen sogar immer stärker, statt dass er zur No r malität zurückkehrte. Er liebte es, stunde n lang neben ihr zu liegen, den Blick ins U n bestimmte verloren ihre Hand zu spüren, die durch sein Haar steichelte.
Manches Mal aber, wenn sein Schweigen allzu dicht und allzu lang geworden war, ve r lor Cynara die Nerven und begann ihm mit Fragen zuzusetzen.
„ Was ist mit dir? Was denkst du gerade? Geht es dir gut? Liebst du mich?“
Solche Fragen versetzten ihn sofort in Panik. Nie würde er sie in seine Gedanken blicken lassen, was sollte er ihr denn auch offenbaren? Es gab nichts, das er ihr aus se i nem Leben hätte erzählen können. Er war sich sicher, dass sie ihn aus ihrem Haus weisen würde, wenn sie die ganze Geschichte seines Lebens erführe. Oder noch schlimmer, dass sie ihn verstehen und trotz allem lieben würde. Denn dann müsste er sie verachten. Er hatte ve r sucht sie abzulenken, doch wenn sie einmal angefangen hatte, war sie von großer Ausdauer und Hartnäckigkeit. Schließlich floh er. Er litt wie ein Hund, aber er schaffte es, einige Tage nichts von sich hören zu lassen, um sie zu bestrafen und dazu zu bringen, nicht weiter in ihn zu dringen. Als er wieder au f tauchte, war sie demütig und kleinlaut. Noch nie hatte er seine Macht so stark em p funden, und er genoss ihre gedrückte Stimmung. Er wu s ste, dass er grausam und ungerecht war, aber die Nahrung, die ihr Flehen für seine Seele da r stellte, war süß und verführerisch. Erst nach Stunden konnte er so tun, als ob er ihr großmütig verziehe.
Cynara wunderte sich immer mehr darüber, wie er ei n fach darüber hinweg gehen konnte, dass sie n e ben ihm noch andere Verehrer hatte. Sie selbst wäre rasend g e worden, wenn ihr ein Gerücht von möglichen Rivali n nen zugetragen worden wäre. Aber auch wenn ihr Leben für ihn kein Problem war, für sie selbst wurde es langsam zu einem. Je mehr sie sich zu ihren Gefühlen bekannte, u m so weniger konnte sie sich in ihrem bis h erigen Dasein wohlfühlen. Sie begann die Einladungen und die langen Nächte zu ha s sen und hätte am liebsten ihre Zeit nur mit ihm verbracht.
Doch noch war sie nicht soweit, alles hinter sich zu la s sen. Die Angst vor dem materiellen Abstieg hielt sie in den gewohnten Bahnen, aber ein Plan nahm Gestalt an. Sie spürte mit der Empfindlichkeit der Liebenden, wie krank und gebrochen er war, und sie redete sich ein, das alles besser würde, wenn er Rom verlassen könnte. Sie musste ihn fortbringen, dann könnte er zur Ruhe ko m men und sie selbst ebenfalls. Ihr Ruhm und das Aufs e hen, das sie für gewöhnlich erregte, bedeutete ihr nichts mehr. Sie war fest entschlossen, alles gegen eine abg e schiedene, verborgene Existenz an seiner Seite einzuta u schen. Auf einem kleinen Gut auf dem Land, fernab von allen quälenden Erinnerungen, die Rom an jeder Str a ßenecke bereithielt, würden sie endlich zueinander fi n den. Sie würde es schaffen, ihn von seinen Al p träumen zu e r lösen und seinen Panzer zu sprengen. Dann wäre endlich Schluss mit dem brütenden Schwe i gen, das sie quälte und ängstigte. Ihr
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