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Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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Händen. Das ist eine Nebenwirkung der Medikamente.« Er öffnete die Tür und trat ins Zimmer. »Diana, Ihr Besuch ist hier.«
    Resnick war sich nicht sicher gewesen, was ihn erwartete, alle seine Vorstellungen waren überlagert vom Schock über das gespenstische Gesicht seiner Exfrau, als sie ihm endlich nach Jahren psychiatrischer Behandlung in einer Nervenklinik gegenübergetreten war. Doch Diana Wills, deren Gesicht runder war, als er nach den Fotos vermutet hatte, sah ihn freundlich an, mit einem Lächeln, das etwas zaghaft war, aber durchaus aufrichtig wirkte.
    »Ich lasse Sie jetzt allein«, sagte der Pfleger.
    Im Zimmer stand ein runder Tisch mit drei Stühlen, an den Wänden hingen Bilder, es gab Blumen. Resnick zog einen der Stühle näher zu Diana heran und setzte sich.
    »Ich bin von der Polizei«, sagte er. »Mein Name ist Resnick. Inspector Charlie Resnick.«
    Diana betrachtete ihn und schenkte ihm ein weiteres nervöses Lächeln.
    »Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht.«
    Sie öffnete eine Hand und zupfte an dem Papiertaschentuch, das zusammengedrückt darinlag, bevor sie sich damit die Mundwinkel abtupfte. Sie trug ein durchgeknöpftes grünes Kleid und eine braune, gerippte Strickjacke. »Sie haben sich Sorgen gemacht? Wieso? Das verstehe ich nicht.«
    »Als Sie nicht nach Hause kamen.«
    »Nach Hause?«
    »Am Wochenende. Die Nachbarn waren etwas beunruhigt. Sie haben mit dem Streifenbeamten in Ihrer Gegend gesprochen. Wir dachten, Sie hätten vielleicht einen Unfall gehabt.«
    »Jackie.«
    »Pardon?«
    »Jacqueline.«
    »Ihre Freundin.«
    Diana drückte wieder das Papiertuch an den Mund. »Sie kennen Jacqueline?«
    »Wie gesagt, wir waren besorgt. Wir haben mit ihr Verbindung aufgenommen, weil wir glaubten, sie wüsste vielleicht, wo Sie sind.«
    »Eigentlich war ausgemacht, dass ich sie besuche.«
    »Ja.«
    »Letztes Wochenende.«
    »Ja.«
    Dianas Hände begannen zu zittern und sie versuchte sie zu verstecken. »War sie ärgerlich?«
    »Nein, überhaupt nicht. Nur besorgt.«
    »Sie sagen ihr, wo ich bin?«
    Resnick nickte.
    »Ich möchte nicht, dass sie sich sorgt.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Es reicht schon, dass sie sich schämt.«
    »Und warum schämt sie sich, Mrs Wills?«
    »Diana, bitte.«
    »Diana.«
    »Was haben Sie mich gefragt?«
    »Sie sagten, Ihre Freundin schäme sich.«
    »Ja, das ist doch klar. Jeder würde sich da schämen.«
    Resnick zwang sich, ihr ins Gesicht zu blicken und sich nicht von der wachsenden Erregung ihrer Hände ablenken zu lassen.
    »Können Sie mir sagen, warum, Diana?«
    Mit einem Ruck setzte sie sich aufrecht, die Augen weit geöffnet vor Verwunderung.
    »Na, für das, was ich getan habe, natürlich.«
    »Was Sie wem getan haben?«
    Der Name war kaum hörbar, er kam ihr nur mit Mühe über die Lippen. »Emily.«
    Resnicks Hände wurden feucht, er konnte beinahe seinen eigenen Schweiß riechen. Es ist nicht möglich, dass sie die Klinik irgendwann zwischendurch verlassen hat?
    »Was haben Sie ihr denn getan, Diana?«
    Sie drückte das zusammengeknüllte Papiertaschentuch an die Lippen. »Ich wollte es nicht. Wirklich nicht.«
    Resnick sprach leise, beinahe so leise wie sie, um sie nicht zu verschrecken.
    »Das weiß ich.«
    »Ich wusste, dass es nicht richtig war.«
    »Ja.«
    »Deswegen bin ich hierhergekommen.«
    »Ja.«
    »Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte, wohin sonst … und ich dachte, ich wusste … sehen Sie, ich bin immer öfter hingegangen, obwohl ich genau wusste, dass es nicht richtig war, aber ich konnte … ich konnte es einfach nicht lassen. Ich musste in ihrer Nähe sein, ich wollte sie bei mir haben. Niemals hätte er es mir verbieten dürfen, niemals … ich bin doch ihre Mutter.«
    Die zitternden Hände wurden still, als sie Resnicks Arm umschlossen und festhielten.
    »Ich hatte alles geplant, ich wusste genau, was ich tun wollte. Ich wusste noch nicht, wann, aber ich war entschlossen. Emily und ich im Zug. Auf der Fahrt zu Jacqueline. Sie wollte immer, dass ich zu ihr ziehe. Sie hat es immer wieder gesagt. Und sie kann doch unmöglich gewollt haben, dass ich ohne mein kleines Mädchen gehe, nein, das hätte sie nie erwartet. Oder? Das kann sie doch nicht erwartet haben. Aber sie hat dauernd gefragt, immer wieder. Es wäre besser, sagte sie. Viel schöner. Und das stimmt, es wäre schöner gewesen, meinen Sie nicht auch, Charlie? Viel schöner. Wir drei zusammen.«
    »Ja.« Resnick nickte, und Diana ließ seinen Arm los. »Ja,

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