Der Kinderpapst
akzeptiert. Es ist Zeit für
einen Wechsel!«
»Und an welche Familie denkt Ihr dabei?«, fragte Alberico.
»Vielleicht an Eure eigene?«
»Warum nicht? Die Sabiner haben Jahre lang Zurückhaltung bewiesen.«
»Das war auch der einzige Gefallen, den die Sabiner der Stadt tun
konnten.«
Als er Severos Gesicht sah, hätte Alberico sich am liebsten die
Zunge abgebissen. Er hatte sich geschworen, vorsichtig zu Werke zu gehen â und
dann eine solche Unbeherrschtheit ⦠Wütend stand Severo auf und verlieà mit
seinem Sohn den Saal. In der Tür drehte er sich noch einmal um.
»Ich werde dem Kaiser berichten, was hier vorgeht! Wenn Konrad
erfährt, dass Ihr Euren Sohn durch Bestechung ins Amt gebracht habt, wird er
ihn zum Teufel jagen!«
Während die Schritte der beiden verhallten, spürte Alberico, wie die
Gicht in seinen linken Fuà einfuhr. Obwohl der plötzliche Schmerz ihm fast die
Sinne raubte, unterdrückte er einen Fluch und rang sich ein Lächeln ab, um sich
an die Crescentier zu wenden. Nach seinem Fehler hing jetzt alles von ihnen ab.
Wenn die Crescentier sich jetzt auch noch seinem Plan widersetzten, war die
Sache verloren.
»Im Fall der Wahl meines Sohnes sollt Ihr das Bistum Viterbo
bekommen, eine der einträglichsten Pfründe von Latium, wie Ihr wisst.«
»Das wird nicht reichen«, erwiderte Alessandro, der Wortführer der
Familie. »SchlieÃlich geht es um unser Seelenheil. Wer ein kirchliches Amt
durch Geld erwirbt, begeht eine schwere Sünde. Auch Simon Magus glaubte einst,
für Geld die Gabe Gottes erlangen zu können, bevor ihn die ewige Verdammnis
ereilte.«
Dabei grinste er so unverschämt, dass Alberico ihm am liebsten ins
Gesicht geschlagen hätte. Natürlich wusste Alessandro ganz genau, dass die
Entscheidung seiner Familie nun den Ausschlag gab.
»Was kann ich tun, um die Sorge um Euer Seelenheil zu zerstreuen?«
»Zusätzlich zum Bistum Viterbo verlange ich für meine Familie das
Amt des Stadtpräfekten von Rom sowie das Rektorat der Sabina. Und eintausend
Pfund in Silber.«
»Eintausend Pfund?«
Alberico holte tief Luft. Wenn er die Forderung erfüllte, war seine
Familie ruiniert â der Betrag überschritt die Möglichkeiten der Tuskulaner bei
Weitem. Doch sollte er darum auf die Cathedra verzichten? Nur wenn es ihm
gelang, die weltliche und geistliche Macht aufs Neue zu bündeln, war die
Vorherrschaft der Tuskulaner für eine weitere Generation gesichert. Es war eine
Wahl zwischen Sumpffieber und Schüttelfrost. Entweder verlor seine Familie ihre
Macht â oder aber ihr Vermögen.
»Ich möchte einen Vorschlag machen!« Bonifacio di Canossa, der
einflussreiche Markgraf von Tuscien, ein gedrungener Mann mit kurzem Hals und
pockennarbigem Gesicht, der eigens zur Papstwahl nach Rom gereist war, meldete
sich zu Wort.
Girardo nickte. »Bitte sprecht.«
Bonifacio blickte erst auf Alberico, dann auf Alessandro. »Hier geht
es nicht nur um Geld, sondern noch mehr um die Stadt Rom und das Wohl ganz
Italiens«, sagte er. »Wir sollten deshalb die Wahl des Papstes nutzen, um die
alte Feindschaft zwischen den Tuskulanern und den Crescentiern aufzuheben und
stattdessen ein neues Bündnis zu knüpfen, zur Einigung der Römer und Italiener
gegen die Ãbermacht des fremden Kaisers.«
»Ein löblicher Vorschlag«, sagte Girardo. »Aber wie soll ein solches
Bündnis herbeigeführt werden?«
Bonifacio wartete, bis ihm die Aufmerksamkeit aller Anwesenden galt.
»Am besten durch eine Verschmelzung der beiden Familien«, erklärte er, »am
besten durch eine EheschlieÃung.« Mit einem Rucken seines geschorenen Kopfes
wandte er sich an Alessandro. »Soweit ich weiÃ, ist Euer Sohn Domenico im
heiratsfähigen Alter.« Dann drehte er sich mit demselben Rucken zu Albericos
Seite. »Und Eure Gemahlin hat Euch doch sicher eine Tochter geboren, nicht wahr?«
11
Waren die Verhandlungen gescheitert?
Seit über einer Stunde wartete Gregorio mit seiner Mutter im Burghof
auf das Ergebnis der Beratung. Ermilina hatte es vor Aufregung um das Schicksal
ihres jüngsten Sohnes nicht zu Hause ausgehalten und Gregorio befohlen, sie zur
Burg Girardo di Sassos zu begleiten, damit sie vor Ort war, wenn die
Versammlung sich auflöste und nicht die Qual der Ungewissheit ertragen musste,
bis ihr Mann nach Hause kam. Während
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