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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Knie. »Gelobt sei
Jesus Christus!«
    Â»In Ewigkeit amen!«, erwiderte der Eremit. »Ach, ich bin so
glücklich, dass ich diesen Augenblick noch erleben darf. Du hast getan, was der
Herr dir durch deine Mutter aufgetragen hat, und der Herr hat dein Opfer
angenommen. Jetzt darfst du getrost wieder in sein Haus heimkehren.« Er legte
seine schwere Hand auf Teofilos Scheitel und segnete ihn. »Bete, mein Sohn, und
diene dem himmlischen Vater.«
    Â»Sein Wille geschehe!«
    Â»Gehe hin in Frieden.«
    Â»Dank sei Gott dem Herrn.«
    3
    Â»Wo sind die Handwerker geblieben?«, fragte Girardo di Sasso
und ließ seinen Blick über die verwaiste Werkstatt schweifen, in der früher
noch solcher Betrieb geherrscht hatte, dass man kaum sein eigenes Wort
verstand.
    Â»Ich musste die Leute entlassen«, erwiderte Chiara. »Ich hatte keine
Arbeit mehr für sie.«
    Â»Und – was hast du jetzt vor? Wirst du das Haus schließen?«
    Chiara zuckte ohnmächtig mit den Schultern. Seit der Kaiser die
Stadt verlassen hatte, war Rom wie ausgestorben. Der Anblick der leeren Räume
machte sie unendlich traurig. War ihre Arbeit, ihre ganze Mühe vergeblich
gewesen? Die Pilger waren in ihre Heimat zurückgekehrt, kein Mensch kaufte mehr
Kruzifixe oder Heiligenbilder. Nur die Bettler, die an Chiaras Tür klopften,
vermehrten sich täglich.
    Â»Könnt Ihr mir vielleicht noch einmal aushelfen?«, fragte sie. »Nur
bis zum Herbst? Wenn die hohen Feiertage kommen, kommen vielleicht auch die
Pilger zurück.«
    Ihr Vater schüttelte den Kopf. »Alles, was ich an Geld besaß, habe
ich bereits aufgebraucht. Zur Begleichung deiner Schulden. Es reicht kaum noch
zum Leben.«
    Während er sprach, ging die Tür auf, und herein kam ein hoch
gewachsener Kardinal in einer Schwanensoutane, mit blassem, fein geschnittenem
Gesicht und pechschwarzem, sorgfältig geöltem Haar.
    Â»Petrus da Silva?«, fragte Chiara verwundert. »Was führt Euch in ein
Armenhaus?«
    Â»Eine Nachricht, die Euch freuen wird«, erwiderte der Kanzler. »Die
Synode der Bischöfe hat auf Bitten Teofilo di Tusculos, vormals Papst Benedikt,
beschlossen, Euch den englischen Peterspfennig zu übereignen, so wie es
zwischen ihm und seinem Nachfolger Giovanni Graziano vereinbart worden war.«
    Chiara roch den Atem des Kanzlers, den fauligen Mundgeruch,
vermischt mit dem Aroma von Minze, und trat einen Schritt zurück.
    Â»Wollt Ihr mich zum Narren halten?«, fragte sie.
    Â»Keineswegs.« Petrus da Silva brachte die Antwort nur mit Widerwillen
über die Lippen. »Ihr bekommt aus dem Schatz der heiligen Kirche ab sofort die
jährliche Summe von fünfhundert Pfund Silber.«
    Â»Dann gilt der Vertrag auch unter dem neuen Papst?«, fragte Chiaras
Vater. »Jährlich?«
    Â»So lautet der Beschluss der Synode.«
    Â»Aber – das ist ja … wun-der-bar!«
    Während ihr Vater über das ganze Gesicht strahlte, suchte Chiara
nach Worten. Das hatte Teofilo getan? Obwohl der Kaiser ihn abgesetzt hatte?
Noch mehr als über das Geld freute sie sich über die Absicht, die der Tat
zugrunde lag. Dann hatte er sie also nicht belogen …
    Durfte sie ihm vielleicht doch vertrauen, trotz allem, was geschehen
war?
    Â»Und was muss meine Tochter dafür tun?«, fragte ihr Vater, an Petrus
da Silva gewandt. »Wie ich Euch kenne, ist die Auszahlung gewiss an eine
Bedingung geknüpft.«
    Â»Ich bewundere Eure Menschenkenntnis«, erwiderte der Kanzler.
    Â»Dann spannt uns nicht auf die Folter.«
    Petrus da Silva verzog keine Miene. »Die Bedingung lautet, dass Eure
Tochter mit dem Geld ein Kloster für die Armenpflege gründet. Um auf diese
Weise zu gewährleisten, dass die Gelder, die fromme Katholiken in England an
den Vatikan entrichten, nicht missbraucht, sondern im Sinne der Kirche verwandt
werden.« Mit einer angedeuteten Verbeugung drehte er sich zu Chiara herum.
»Seid Ihr dazu bereit?«
    Chiara blickte erst den Kanzler, dann ihren Vater an. Die Bedingung,
die Petrus da Silva nannte, stürzte sie in tiefe Ratlosigkeit. Wenn sie die
Bedingung erfüllte, würde sie für immer hinter den Mauern eines Klosters
verschwinden. Schlug sie hingegen die Bedingung aus, zerstörte sie ihr eigenes
Werk und musste die Werkstatt ebenso schließen wie die Herberge.
    Petrus da Silva sah ihre Not. »Ihr braucht nicht jetzt zu

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