Der Kinderpapst
während von auÃen Pfeilsalven über die Burgmauern in den Hof
regneten, wo unter mannshohen Kesseln riesige Feuer loderten, um für Nachschub
bei der Verteidigung zu sorgen. Inmitten des Getümmels saà Gregorio, in
schwerer Rüstung und bis an die Zähne bewaffnet, auf seinem Schlachtross, ritt
von einem Ende des Hofes zum anderen, sprengte zwischen seine Leute und brüllte
Befehle, die seine Brüder an die Männer auf den Wehrgängen und an den
SchieÃscharten weitergaben.
»Aaaaaaaaaattacke!«
Wieder donnerte es gegen das Tor. Ãber Sturmleitern eroberten erste
Angreifer die Mauerkrone, wo gleich darauf Kämpfe Mann gegen Mann entflammten.
Brennende Pfeile flogen durch die Luft und senkten sich vom Himmel herab. Panik
brach aus, die Frauen und Kinder liefen kreischend auseinander, während ein
paar Männer versuchten, die überall aufflackernden Brandherde zu löschen. Rauch
stieg Teofilo in die Nase, zusammen mit dem Gestank nach Kot, den die Söldner
des Papstes mit Wippen fassweise über die Zinnen schleuderten. Plötzlich schrak
er zusammen. Ein abgehackter Fuà hatte sich in den Gitterstäben seiner Zelle
verfangen. Schaudernd wich er zurück. Wie hatte ihn früher der Krieg erregt,
das Blut war ihm beim Kampf in die Lenden geschossen, wie beim Anblick einer
nackten Frau. Jetzt empfand er nur noch Angst. Der FuÃ, der vor ihm zwischen
den Gitterstäben klemmte, war mit Lumpen umwickelt, aus denen nackte, schmutzige
Zehen hervorragten.
»Aaaaaaaaaattacke!«
Gregorios Pferd bäumte sich wiehernd auf, keinen Steinwurf von der
Zelle entfernt, und schlug mit den Hufen in der Luft. Erst jetzt fiel Teofilo
auf, dass sein Bruder sich wie zu einer Feldschlacht gerüstet hatte. Hatte er
bereits aufgegeben und rechnete mit der Eroberung der Burg?
»Aaaaaaaaaattacke!«
Ein neuer Angriff rammte das Tor, die ersten Steine platzten aus der
gemauerten Armierung. Die Brandpfeile hatten bereits den Hühnerstall in Flammen
gesetzt, jetzt loderte auch im Zeughaus das Feuer auf, schon konnte Teofilo die
Hitze spüren. Was würde passieren, wenn der Wind drehte und die Flammen in
seine Richtung trieb? Das Stroh am Boden würde brennen wie Zunder, und er hatte
keine Möglichkeit, aus der Zelle zu fliehen.
»Aaaaaaaaaattacke!«
Plötzlich ein Knirschen und Brechen, ein Splittern und Krachen, als
würde die Welt einstürzen. Teofilo fuhr herum. Die Wehrmauer fiel in sich
zusammen, das hölzerne Tor barst, und wie ein riesiger Phallus ragte die Spitze
des Rammbocks in den Hof. Dutzende Soldaten drangen durch die Ãffnung, mit
Ãxten und Schwertern schlugen sie den Weg frei für den Papst. Und dann erschien
er, der Heerführer der angreifenden Truppen ⦠In einem goldglänzenden
Schuppenpanzer und einem Federbusch auf dem Helm, ritt Leo auf einem
geharnischten Schimmel ein, Seite an Seite mit einem Mann, der auf einem
nachtschwarzen Rappen saÃ: Petrus da Silva.
Im selben Moment erstarb der Kampf. Wie auf ein unsichtbares
Kommando streckten die Tuskulaner die Waffen, auch Pietro und Ottaviano lieÃen
ihre Schwerter und Lanzen sinken und gaben die Verteidigung auf. Die Schlacht
war entschieden, die Burg erobert. Während seine Brüder sich den Angreifern
ergaben, sprang Gregorio aus dem Sattel seines Pferdes und versuchte, sich zu
Fuà in den Schweinestall zu retten. Doch Petrus da Silva zeigte mit dem Finger
auf ihn.
»Da! Lasst ihn nicht entkommen!«
Wie ein Strauchdieb wurde Gregorio in den Hof gezerrt, zusammen mit
Pietro und Ottaviano stieà man ihn vor den Papst. Während Leo befahl, sie alle
drei in Fesseln zu legen, flohen ihre Soldaten zum Burgtor hinaus, eine Horde
Karnickel, die um ihr Leben rannte.
»Brrrrr.«
Auf einmal stand Petrus da Silva mit seinem Rappen vor der Zelle.
Teofilo wollte sich ducken, aber zu spät! Der Kanzler drängte sein Pferd an das
Gitter und beugte sich im Sattel vor. So nah war sein Gesicht, dass Teofilo den
fauligen Atem roch.
»Sieh mal an â wen haben wir denn da?«
14
Der Tag der Abrechnung war da. Auf Geheià des Papstes hatten
sich im Lateranpalast die vornehmsten Bürger Roms sowie die höchsten Vertreter
der Geistlichkeit versammelt, um dem Gericht beizuwohnen, das heute über das
Oberhaupt der Tuskulaner gehalten wurde. Mit ernster und strenger Miene saÃ
Seine Heiligkeit Papst Leo, der neunte dieses Namens, in
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