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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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gewiss …«
    Â»Ihr sollt uns nicht belehren, sondern uns Antwort geben«, unterbrach
ihn der Papst. »Mit welchen Mitteln hat man Euch attackiert?«
    Â»Mit bloßen Händen, Ewige Heiligkeit.«
    Â»Trugen die Angreifer keine Waffen bei sich?«
    Â»Nein. Nur Stricke und Gürtel. Alle Männer, ob Edelleute oder
einfaches Volk, wurden vor dem Besuch der Messe durchsucht. Mein Bruder
Gregorio hat die Waffen einsammeln lassen.«
    Â»Gut. Aber was ist dann mit Eurem Bruder? War er auch unbewaffnet?
Schließlich ist er der Kommandant des Stadtregiments.«
    Â»Ich weiß nicht, was Ihr mit Eurer Frage bezweckt, Ewige Heiligkeit.«
    Â»Wir wissen, dass Euer Bruder ein Messer bei sich trug. Und jetzt
fragen wir Euch: Welchen Gebrauch hat er von seiner Waffe gemacht? Hat er
versucht, Euch zu beschützen? Oder …«, Leo zögerte einen Moment, »… war Euer
Bruder an dem Aufstand selber beteiligt?«
    Teofilo versuchte zu begreifen, worauf das Verhör hinauslief. Ahnte
Leo, dass Gregorio es damals auf ihn abgesehen hatte?
    Noch bevor er zu einem Schluss kam, sprang sein Bruder auf.
    Â»Bitte, Teofilo! Sag die Wahrheit! Sag alles, was du weißt!«
    Â»Ruhe!« Der Papst klopfte mit dem Richterstab auf den Boden. »Zurück
auf Euren Platz!«
    Gregorio setzte sich wieder auf die Bank. Er hatte solche Angst,
dass seine Zähne aufeinanderschlugen.
    Â»Bitte! Sag die Wahrheit!«
    Teofilo begriff überhaupt nichts mehr. Hatte Gregorio den Verstand
verloren? Wenn er aussagte, was sein Bruder ihm gestanden hatte, dann …
    Â»Bitte«, flüsterte Gregorio. »Bitte, sag, was du weißt. Es ist die
Wahrheit.«
    Plötzlich glaubte Teofilo, Chiaras Blick in seinem Rücken zu spüren.
War das der Moment, um ihr zu beweisen, dass er nicht mit Gregorio unter einer
Decke steckte?
    Teofilo kehrte seinem Bruder den Rücken zu und schaute Chiara an.
    Â 
    19
    Chiara erwiderte seinen Blick, in der verzweifelten Hoffnung,
dadurch die Zeit anzuhalten. Sie brauchte ja nur etwas Zeit, das war alles, nur
ein winzig kleines bisschen Zeit, bis ihr Vater endlich zurückkehrte, zusammen
mit Nicchino.
    Â»Wir haben Euch etwas gefragt, Teofilo di Tusculo«, sagte der Papst.
»Hat Euer Bruder während des Anschlags versucht, Euch zu schützen? Oder war er
an der Verschwörung beteiligt?«
    Teofilo nickte ihr zu, und für einen Moment schaute er sie an, wie
er sie früher angeschaut hatte. Dann straffte sich seine Miene, und er wandte
sich wieder zum Richtertisch, um dem Papst Antwort zu geben.
    Â»Ja, Heiliger Vater, mein Bruder war an der Verschwörung beteiligt.
Gregorio wollte den Aufstand nutzen, um mich umzubringen!«
    Lautes Stimmengewirr erhob sich im Saal. Chiara war ratlos,
verwirrt, bestürzt. Mit allem hatte sie gerechnet – nur nicht mit dieser Wende.
    Mit einem Klopfen des Richterstabes sorgte Leo für Ruhe.
    Â»Wenn Euer Bruder Euch umbringen wollte, warum hat er es dann nicht
getan? Er war der einzige Mann im Dom, der eine Waffe bei sich trug.«
    Â»Ich kann es nicht mit Gewissheit sagen«, antwortete Teofilo. »Aber … während des Aufstands trat eine Sonnenfinsternis ein. Ich glaube, sie hielt
meinen Bruder davon ab, seinen Plan auszuführen.«
    Leo wiegte den Kopf. Offenbar stellte ihn die Antwort nicht zufrieden.
    Â»Eure Aussage widerspricht der Anklage des Kanzlers, die Chiara di
Sasso als Zeugin soeben bestätigt hat. Danach hat Gregorio nicht Euch, seinem
Bruder, nach dem Leben getrachtet, sondern Eurem Vater. Kläger und Zeugin
behaupten übereinstimmend, dass Euer Bruder Conte Albericos Mörder ist.«
    Â»Davon weiß ich nichts«, erwiderte Teofilo. »Während der
Sonnenfinsternis herrschte ein fahles Licht, in dem alles ganz unwirklich
schien. Ich habe lediglich gesehen, dass mein Vater plötzlich zu Boden sank.
Wie er zu Tode kam, kann ich nicht sagen.«
    Â»Bedenkt, dass Ihr unter Eid steht.«
    Â»Ich bin mir dessen bewusst. Und ich versichere Euch, Ewige
Heiligkeit, dass ich meinen Sünden nicht noch die Sünde des Meineids hinzufügen
möchte. Aber ich kann nur auf meinen Eid nehmen, was ich selber gesehen oder
gehört habe. Für den Mord an unserem Vater wurde der Sabiner Ugolino verurteilt
und hingerichtet. Aufgrund einer Aussage des Crescentiers Domenico. Das
Einzige, was ich bezeugen kann, ist, dass mein Bruder versucht hat, mich

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