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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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oder …«
    Â»Ich bin bereit«, sagte Chiara.
    Â»Na endlich!«, seufzte Severo. »Hebt die Hand zum Schwur und sprecht
mir nach.«
    Chiara trat vor den Richtertisch. Petrus da Silva entspannte sich.
Doch kaum hob der Sabiner die Stimme, um die Eidesformel vorzusprechen, öffnete
sich die Tür. Der Soldat, den der Papst zu Beginn der Verhandlung fortgeschickt
hatte, führte einen Mann herein, den Petrus da Silva nie und nimmer vor diesem
Gericht hatte sehen wollen: Teofilo di Tusculo.
    Â»Was soll das?«, fragte er, außer sich vor Zorn.
    Â»Ich bringe den gewünschten Zeugen«, sagte der Mann.
    Â»Bist du von Sinnen? Wer hat dir den Befehl gegeben?«
    Â» WIR !« Leo brach sein Schweigen und
erhob sich von seinem Thron. »Der Angeklagte hat seinen Bruder als Zeugen
verlangt, also werden wir Teofilo di Tusculo als Zeugen hören. So will es die
Gerechtigkeit.«
    Â»Ihr habt diesen Mann exkommuniziert, Heiligkeit«, protestierte
Petrus da Silva. »Er kann vor Gericht nicht
aussagen.«
    Â»Dann erklären wir hiermit die Exkommunikation für aufgehoben.«
    Â»Aber wozu, Heiligkeit? Die Untersuchung ist abgeschlossen, der Fall
vollständig geklärt. Wir müssen nur noch die Zeugin vereidigen, um das Urteil …«
    Â»Ob der Fall abgeschlossen ist, werden wir sehen!«, fiel der Papst
ihm ins Wort. Mit einer Handbewegung forderte er Severo auf, am Richtertisch
Platz zu machen. »Wir werden nun selber den Prozess zu Ende führen.«
    Â»Das ist unmöglich, Heiliger Vater!«, rief Petrus. »Kein kirchlicher
Richter darf Blut vergießen, und in diesem Prozess, fürchte ich, wird es kaum
ohne Blutvergießen …«
    Â»Schweigt!«, herrschte Leo ihn an. »Ich werde nicht als Papst
Gericht halten, sondern als der Cousin und Stellvertreter des Kaisers. Oder
habt Ihr daran auch etwas auszusetzen?«
    Petrus da Silva beugte sein Haupt und bekreuzigte sich.
    18
    Teofilo rieb sich die schmerzenden Handgelenke – man hatte ihm
die Fesseln erst vor wenigen Augenblicken abgenommen. Nach der Eroberung der
Tuskulanerburg hatte Leo ihn von seinen Brüdern trennen lassen und in einem
Kloster unweit von St. Peter unter Hausarrest gestellt. Dort hatte er die Tage
und Nächte in strenger Klausur verbracht. Niemand hatte ihm gesagt, was passieren
würde. Als er jedoch seinen Nachfolger auf dem Thron sah, auf dem er einst
selber gesessen hatte, wusste er, warum sie ihn hierhergeschleppt hatten.
    Plötzlich entdeckte er Chiara. Mit einer Mischung aus Hass,
Verachtung und Angst erwiderte sie seinen Blick.
    Im selben Moment fasste er einen Entschluss.
    Â»Wessen klagt Ihr mich an, Heiliger Vater?«, fragte er den Papst.
»Was immer Ihr mir vorwerft, ich bin bereit, Eure Fragen zu beantworten. Und
ich schwöre bei Gott, die Wahrheit zu sagen, nichts als die Wahrheit!«
    Ohne dass ihn jemand auffordern musste, hob er die Hand zum Eid.
Wenn man heute über ihn zu Gericht saß, wollte er dieses Gericht nutzen, um
Chiara zu beweisen, dass er nicht der Unmensch war, für den sie ihn hielt.
    Doch der Papst schüttelte den Kopf. »Ihr irrt Euch, Teofilo di
Tusculo«, sagte er. »Wir haben Euch nicht als Angeklagten gerufen, sondern als
Zeugen.«
    Â»Als Zeugen?«
    Â»Ja. Wir wollen die Vorgänge während der Fürbittmesse zum
Apostelfest im Dom von St. Peter untersuchen, bei dem Euer Vater zu Tode kam.
Ihr erinnert Euch?«
    Â»Gewiss, Heiligkeit.«
    Â»Dann sagt uns, wie kam es zu dem Aufstand?«
    Teofilo schloss die Augen. Alles war wieder da. Die plötzliche
Unruhe in dem Gotteshaus, die hasserfüllten Gesichter, die Hände, die nach ihm
griffen, die wütenden Rufe …
    Â»Warum redet Ihr nicht?«, fragte der Papst. »Ihr hattet gelobt, die
Wahrheit zu sagen.«
    Â»Was wollt Ihr wissen, Heiligkeit?«
    Â»Berichtet einfach, woran Ihr Euch erinnert.«
    Â»Ich weiß nur, dass der Aufstand mir galt.«
    Â»Wer war der Anführer?«
    Â»Ugolino, der Sohn des Sabinergrafen.«
    Â»Und woran erinnert Ihr Euch noch?«
    Â»Es ging alles sehr schnell. Plötzlich war ich von Dutzenden Männern
umringt, die sich auf mich stürzten. Sabiner und Stephanier, Oktavianer und
Crescentier. Aber warum fragt Ihr? Ich hatte nichts anderes verdient. Und
außerdem – es hat damals einen Prozess gegeben. Petrus da Silva hat die
Verhandlung geführt, er kann Euch

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