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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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er.
    Â»Ich weiß nicht, Euer Gnaden. Ich glaube, sie wollte Beeren
sammeln.«
    Â»Beeren sammeln? Draußen ist es längst dunkel!«
    Â»Vielleicht ist sie in der Kapelle beim Gebet?«
    Â»Gut, ich schaue gleich nach«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
    Â»Ach, da fällt mir ein«, verbesserte sich Anna, »ich glaube, die
Herrin ist doch nicht in der Kapelle. Sie ist wahrscheinlich …«
    Mitten im Satz verstummte sie.
    Â»Was ist die Herrin wahrscheinlich?«, wollte Domenico wissen.
    Anna wich seinem Blick aus. Doch ihr Gesicht sagte alles.
    Â»Oh Gott, oh Gott!«, rief sie und machte auf dem Absatz kehrt. »Ich
muss in die Küche. Der Braten!«
    Während sie mit geschürzten Röcken die Treppe hinuntereilte, starrte
Domenico auf die verschlossene Tür. War Chiara in ihrer Kammer, oder …
    Plötzlich überkam ihn eine dunkle Ahnung. Niemand, weder Gregorio
noch Contessa Ermilina oder Petrus da Silva, hatte ihm eine vernünftige Antwort
auf die Frage gegeben, warum der Papst nicht an der Beerdigung seines Vaters
teilgenommen hatte. Jetzt ahnte er den Grund.
    Bevor er einen weiteren Gedanken fassen konnte, warf er sich mit der
Schulter gegen die Tür. Schon beim ersten Versuch gab das Schloss nach und die
Tür flog auf.
    Die Kammer war leer.
    Als Domenico das zerwühlte Bett sah, wurde seine dunkle Ahnung zur
Gewissheit.
    Chiara hatte ihn verlassen …
    Für Teofilo di Tusculo …
    Weil sie ihn liebte …
    13
    Chiara kniete am Rand des Baches, in dem sie ihr Gesicht gewaschen
hatte, und sah in ihr Spiegelbild. Sie wusste, was sie sagen musste, es gab nur
diesen einen Satz. Aber sie brachte ihn nicht über die Lippen.
    Â»Was ist mit dir?«, fragte Teofilo »Bitte, mach den Mund auf! Sag
endlich, was du hast! Bist du krank?«
    Chiara glitt mit der Hand durchs Wasser und zerteilte ihr Gesicht.
    Â»Ich … ich kann nicht bei dir bleiben«, flüsterte sie.
    Â»Was sagst du da?«
    Sie sah Teofilo im Bach. Das Entsetzen in seinem Gesicht war mehr,
als sie ertragen konnte. Vor Schmerz zog sich ihr Herz zusammen, in einem
Krampf, der ihren ganzen Körper erfasste. Sie wusste, wenn sie es jetzt nicht
sagte, würde sie es nie schaffen, und dann …
    Â»Ich … bekomme ein Kind«, sagte sie.
    Â»Ein Kind?«
    Â»Ja. Von Domenico. Von meinem Mann.«
    Chiara hoffte, dass Teofilo irgendetwas sagen würde, irgendein Wort,
das ihr half. Aber stattdessen wandte er sich von ihr ab. Während er schweigend
auf und ab ging, starrte sie in den Bach. Plötzlich kam ihr alles so unwirklich
vor, ihr Gesicht im Wasser, diese junge, hilflose Frau, die sie da sah, ein
kleines, verzweifeltes Mädchen, das ein Kind bekam, während all diese
fürchterlichen Dinge durch ihren Kopf gingen. Es war ein so herrlicher, wunderschöner
Tag. Die Sonne schien durch das Laub der Bäume, die Vögel zwitscherten in den
Kronen, und das glitzernde Wasser, das ihre Hand umspielte, war so sauber und
klar, dass sie jeden einzelnen Stein auf dem Grund sehen konnte. Doch die
Trauer, die von ihr Besitz ergriffen hatte, war stärker. Noch nie im Leben war
ihr so elend zumute gewesen wie in diesem Augenblick. Denn noch nie in ihrem
Leben hatte sie sich dem Glück so nahe gefühlt. Nur um begreifen zu müssen,
dass das Glück ihr für immer unerreichbar bleiben würde.
    Irgendwann blieb Teofilo stehen.
    Â»Ich will nicht mehr ohne dich leben«, sagte er. »Und du willst das
auch nicht.«
    Â»Wie kannst du das behaupten?«, erwiderte sie leise.
    Â»Ganz einfach – weil du mich gesucht hast. Sonst wärst du doch nicht
hier!«
    Â»Aber als ich dich gesucht habe, wollte ich doch nur wissen, dass du
lebst. Ich hatte solche Angst! Außerdem … ich wusste da doch noch gar nicht,
dass ich … dass ich …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
    Â»â€¦Â dass du ein Kind bekommst? Meinst du das?« Er reichte ihr beide
Hände, um ihr aufzuhelfen. »Ich werde für uns sorgen, auch für dein Kind. Als
wäre es mein eigenes. Wenn wir verheiratet wären, hätten wir ja auch schon
Kinder.«
    Eine Locke war ihm in die Stirn gefallen, und aus seinen Augen
sprach so viel Liebe, dass Chiara fast verrückt wurde. Alles in ihr schrie
danach, ihn in den Arm zu nehmen, ihn zu küssen, mit ihm zusammen zu sein, für
immer und ewig.
    Sie schloss die Augen und schüttelte den

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