Der Kinderpapst
zu. Doch der Mann duckte sich zur
Seite, packte ihn am Handgelenk und riss ihm den Arm herum. Gregorio durchfuhr
ein solcher Schmerz, dass er die Faust öffnete und sein Messer zu Boden fiel.
»Macht Eure Betrügereien alleine«, sagte der Arbeiter und stieÃ
Gregorio von sich.
Ohne ein weiteres Wort warf er seine Schürze in die Ecke und verlieÃ
die Werkstatt.
Greogio rieb sich das schmerzende Handgelenk. Warum zum Teufel hatte
er nicht Teofilo statt seinen Vater umgebracht?
4
Domenico platzte vor Stolz fast die Brust, während sein Fuchswallach
übermütig schnaubend auf der Stelle tänzelte. Am liebsten hätte er jedem
Bauern, der seinen Weg kreuzte, von den GroÃtaten seiner Frau erzählt! Chiaras
Idee hatte sich zu einem so glänzenden Geschäft entwickelt, dass er auf seinem
Grund zwei Dutzend Bäume hatte schlagen lassen, um das nötige Material zu beschaffen.
Noch im Wald hatten seine Männer die Stämme in Blöcke zersägt und auf ein
Fuhrwerk verladen, das nun, gezogen von einem Vierergespann, in Richtung Stadt
rumpelte, damit dort das Holz unter Chiaras Aufsicht verarbeitet werden konnte.
Während Domenico seinen Wallach nur mit Mühe daran hindern konnte,
anzugaloppieren, sah er in der Ferne den Zaubersee glitzern. Nie hatte er die
Wassergeister beschworen, und doch schien die Erfüllung seiner Träume zum
Greifen nahe. Hatte seine Geduld den Ausschlag gegeben? Oder hatte am Ende doch
der Liebesapfel seine Wirkung getan? Chiara war wie verwandelt. Wenn er früher
das Bett mit ihr teilte, hatte sie vor Schmerz das Gesicht verzogen oder wie
tot in seinen Armen gelegen. Jetzt schien sie manchmal selber Freude zu empfinden,
wenn er sie nach der abendlichen Partie Trictrac auf ihre Kammer begleitete.
Würde sie, nach langer Zeit des Wartens, nun wirklich und wahrhaftig seine
Frau, die ihn liebte und das Leben mit ihm teilte, wie sie es einst einander
versprochen hatten? Vielleicht fehlte ja nur noch ein Kind, um ihr Glück
vollkommen zu machen â Chiara war zweimal in Hoffnung gewesen, aber zweimal
hatte sie ihre Leibesfrucht verloren.
»Schaut, Herr, dort drüben!« Der Wagenlenker hielt das Fuhrwerk an
und deutete mit dem Kopf ins Tal.
Domenico richtete sich in den Steigbügeln auf und hielt sich die
Hand über die Augen, um gegen die Sonne besser zu sehen.
»Um Himmels willen!«
In einer Senke, wo sich die StraÃe in zwei Richtungen gabelte,
brannte ein Bauernhof. Alle drei Gebäude, sowohl das Wohnhaus als auch die
Scheune und der Stall, standen in Flammen! Im selben Moment roch Domenico den
Rauch, und er gab seinem Pferd die Sporen.
Als er in die Nähe des Hofes gelangte, erblickte er Reiter: Soldaten
der päpstlichen Armee, die eine Kuh und ein paar Schafe vor sich hertrieben.
Bei seinem Anblick suchten sie das Weite. Domenico gab seinem Wallach die
Sporen, um sie zu verfolgen. Aber dann sah er, dass die Türen und Fenster des
Hauses mit Brettern vernagelt waren. Er parierte sein Pferd mit einem so
heftigen Ruck an der Kandare, dass der Wallach sich auf der Hinterhand aufbäumte.
Die Soldaten hatten nicht nur die Bauersleute geplündert, sondern ihre Opfer
auch noch in dem brennenden Haus eingesperrt!
Domenico sprang aus dem Sattel und eilte über den Hof.
»Hilfe! Hilfe!«
Von drinnen hörte er die verzweifelten Schreie der Eingeschlossenen.
HeiÃer, beiÃender Rauch brannte in seinen Augen. Was sollte er tun? Wenn er mit
seinem Schwert die Tür aufbrach, mussten seine Kleider Feuer fangen und er
würde verbrennen.
In panischer Angst wieherte sein Pferd.
»Hilfe! Hört uns denn keiner?«
Domenico schaute sich um. Sollte er tatenlos Zeuge sein, wie die
Menschen in dem Haus krepierten? Während der Wallach mit aufgestelltem Schweif
und lose schlagenden Bügeln davongaloppierte, schrien die Eingeschlossen weiter
um Hilfe und schlugen mit den Fäusten gegen die Bretter.
»Ist da jemand? Hilfe!«
Ohne länger zu zögern, zog Domenico sein Schwert aus der Scheide und
sprengte mit der Klinge die Bretter von der Tür. Zwei lebende Fackeln, ein Mann
und eine Frau, stürzten durch die Ãffnung ins Freie. Ihre Kleider brannten
lichterloh.
Domenico riss sich den Umhang von den Schultern, um die Flammen zu
ersticken.
»Ist noch jemand im Haus?«
»Unser Jüngster«, sagte die Frau.
»Er ist eingeklemmt«, fügte ihr Mann hinzu. »Alle anderen
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